„Aktion scharf“ gegen gefälschte Medikamente

Die jährliche Aktionswoche gegen gefälschte und geschmuggelte Medikamente, die heuer im Oktober lief, hat in Österreich einige illegale Präparate zutage gefördert. Der größte Aufgriff erfolgte beim Zollamt Flughafen Wien, wo 423 kg Dopingmittel im Wert von rund 23.000 Euro sichergestellt wurden, wie das Bundeskriminalamt mitteilte. Die Pakete waren fälschlicherweise als Elektroschalter deklariert, so das BK. Internationale Rechtshilfeersuchen wurden demnach eingeleitet, und die kriminelle Organisation wurde bei der Staatsanwaltschaft Korneuburg angezeigt. Die Ermittler hofften, hier noch mehr herauszufinden.

Arzneimittelfälschungen sind mittlerweile zu einem boomenden Geschäftszweig geworden, wo bereits mehr umgesetzt wird als beim Drogenhandel. Laut Weltgesundheitsorganisation WHO sind es weltweit pro Jahr rund 91 Milliarden Euro.

Die österreichischen Behörden konzen­trierten sich heuer auf die weiterführenden Ermittlungen zu den Aufgriffen, während in den vergangenen Jahren der Schwerpunkt der Kontrollen immer auf österreichischen Postverteilungszentren beziehungsweise privaten Paketzustelldiensten lag. Wenn ein Paket beispielsweise wegen des Inhaltes beanstandet wurde, befragten die Ermittler den Empfänger zu den Bestell- und Zahlungsmodalitäten. In der Folge wurden einschlägige Websites und ausländische Bankverbindungen direkt über Interpol an das betreffende Land übermittelt. Die Ermittler leiteten insgesamt 27 Ermittlungsverfahren ein und kontrollierten mehr als 800 Pakete.

Österreichweit zog der Zoll darüber hinaus 6.680 Stück und 1.815 Packungen Tabletten aus dem Verkehr. Der Großteil dieser Arzneiwaren stammte aus Indien. „Traurige Spitzenreiter dabei sind nach wie vor Potenzmittel sowie fruchtbarkeitsfördernde Produkte. Wie bereits im Vorjahr gab es aber auch zahlreiche Sicherstellungen von Medikamenten zur Schmerztherapie, die auf illegale Weise erlangt und missbräuchlich als Drogen konsumiert werden. Diese synthetischen Opioide können bereits in kleinsten zugeführten Mengen tödlich sein“, warnte das BK.

Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) begrüßte die vernetzte Arbeit der Behörden: „Dieses globale Phänomen erfordert einen Schulterschluss nationaler und internationaler Partner. Die Operation ,Pangea‘ gibt uns dafür die notwendige Arbeitsgrundlage.“ Weltweit waren an der Operation 90 Länder mit 193 Organisationen beteiligt und von Interpol koordiniert. Es wurden 859 Verhaftungen in 116 Ländern durchgeführt und Pakete im Wert von 12,18 Millionen Euro sichergestellt. Zudem wurden 3.671 Websites geschlossen, auf denen illegale Arzneimittel angeboten wurden.

Trotz der Anstrengungen der Behörden nehmen die Fälschungen allerdings weiter zu. Wie berichtet wurden bis Ende August heuer bereits rund 50 % mehr illegale oder gefälschte Medikamente vom österreichischen Zoll beschlagnahmt als im gesamten Jahr 2017. Insgesamt wurden in diesem Jahr 1.457 ge­schmuggelte Arzneiprodukte mit einem Gesamtgewicht von 10.078 kg von den Behörden aufgegriffen, allesamt über das Internet bestellt und per Post verschickt. Etwa 95 % der von den Behörden aufgegriffenen Medikamente aus dem Internet sind Fälschungen und Substandard.

Um Patienten vor Fälschungen zu schützen, wird, wie berichtet, bis Februar 2019 ein Sicherheitssystem etabliert, das – von der Industrie finanziert – den Vertriebsweg rezeptpflichtiger Arzneimittel besser nachvollziehbar und die Produkte dadurch sicherer vor Fälschungen macht. „Bei jedem verschreibungspflichtigen Arzneimittel, das ab 9. Februar 2019 über eine Apotheke, über einen Arzt mit Hausapotheke oder in einer Krankenanstalt an den Patienten abgegeben wird, kann so gewährleistet werden, dass es sich um ein Original und nicht um eine Fälschung handelt. Das sind enorme und äußerst vernünftige Investitionen in die Patientensicherheit, die die pharmazeutischen Unternehmen tätigen“, erklärt Mag. Alexander Herzog, Generalsekretär der Pharmig, die Aktivitäten rund um die Umsetzung der EU-Fälschungsrichtlinie.

Alle Beteiligten der legalen Lieferkette, vom Hersteller über den Großhändler bis zur Apotheke, müssen mit Februar 2019 an ein flächendeckendes Datenspeicherungs- und -abrufsystem angeschlossen sein, heißt es aus der Austrian Medicines Verification Organisation (AMVO). Mit der ­EU-Richtlinie werde alles dafür getan, die legale Lieferkette gegen Arzneimittelfälschungen abzusichern. Beispielsweise erhält jede Verpackung eines rezeptpflich­tigen Arzneimittels eine eigene Seriennummer, die es in der gesamten EU identifizierbar macht. Der Großhändler seinerseits muss in definierten Fällen, etwa beim Kauf von einem anderen Großhändler oder bei Retourwaren, die Seriennummer der Arzneimittelpackung überprüfen. Eine zentrale Rolle übernehmen dabei die Apotheken: Jede mit Sicherheitsmerkmalen versehene Packung eines Arzneimittels muss vor Abgabe an den Patienten gescannt werden. Damit wird das Arzneimittel „verifiziert“ – sprich, es wird dessen Echtheit überprüft.

Seit Juni dieses Jahres läuft das System in ausgewählten Apotheken im Testbetrieb. Seit Kurzem läuft die Ausrollung. Wichtig dabei sei, dass die von der AMVO an alle Apotheken ausgesandten Verträge rasch unterschrieben zurückgeschickt werden. Dabei handelt es sich um Musterverträge mit dem Inhalt der allgemeinen Geschäftsbedingungen. Sie wurden von allen Verbänden, darunter auch der Apothekerkammer, gemeinsam entwickelt und fixiert. In der AMVO sind alle Verbände und auch die Apothekerkammer Mitglied.