Antikoagulation: Vorsicht, Wechselwirkungen!

Das Angebot an Gerinnungshemmern hat sich in den letzten Jahren enorm erweitert. Zum Einsatz kommen Vitamin-K-Antagonisten, DOAK und Thrombozytenaggregationshemmer. Zahlreiche Patienten profitieren von der Möglichkeit einer prinzipiell sehr unkomplizierten Therapie. Dennoch erfordern die einzelnen Präparate eine genaue Beratung bezüglich richtiger Einnahme und möglicher Wechselwirkungen.

Problematische Selbstmedikation

Patienten, die blutverdünnende Arzneimittel einnehmen, müssen sehr genau über die Besonderheiten ihrer Medikation informiert werden.

Die Notfallkarte beziehungsweise der Patientenausweis sollte immer zur Hand sein. Werden Blutungen bemerkt, so sollte der Arzt aufgesucht werden. Selbst Nasenbluten kann bereits ein Alarmzeichen für eine erhöhte Blutungsneigung sein.

Die Aufgabe des Apothekers besteht sowohl darin, verordnete Medikamente auf ein etwaiges Wechselwirkungspotenzial zu überprüfen, als auch die Patienten hinsichtlich einer zusätzlichen Selbstmedikation entsprechend zu beraten. Problematische Arzneistoffgruppen sind in diesem Zusammenhang vor allem NSAR, Kortikoide und bestimmte Antidepressiva (SSRI, SNRI).

Als Alternative zu NSAR aus dem OTC-Bereich kann kurzfristig Paracetamol zum Einsatz kommen, wobei eine Maximaldosis von 1.500 mg pro Tag nicht überschritten werden darf.

Wechselwirkung bedenken

Häufig unterschätzt wird das Wechselwirkungspotenzial von pflanz­lichen Arzneimitteln beziehungsweise Nahrungs­ergän­zungsmitteln. Bei ­bestehen­der Blutverdünnung ist insbesondere von der gleichzeitigen Einnahme von Präparaten mit Johanniskraut, Knoblauch, Omega-3-Fettsäuren, Ginseng, Pelargonium sidoides und Ginkgo (über 240 mg) abzuraten.

Extrakte aus Teufelskralle und Weidenrinde enthalten Salicylate und können das Blutungsrisiko ebenfalls erhöhen. Auch bestimmte Nahrungsmittel wie etwa Gojibeeren und Grapefruit können problematisch sein.

Vitamin-K-Antagonisten

In Österreich sind die beiden Cumarine Phenprocoumon (Marcoumar®) und Acenocoumarol (Sintrom®) im Handel. Die Therapie erfordert eine regelmäßige Kontrolle des INR-Wertes, welche zu Therapiebeginn aufgrund der schmalen therapeutischen Breite in sehr kurzen Abständen erfolgen muss. Zusätzlich zu den bereits genannten Wechselwirkungen ist bei Einnahme von Cumarinen auch Vitamin K1 problematisch. Grünes Gemüse ist reich an Vitamin K1, kann aber in konstanten Mengen dennoch konsumiert werden. Ein erhöhtes Blutungsrisiko besteht unter anderem außerdem bei gleichzeitiger Einnahme von Amiodaron, Bezafibrat, Cotrimoxazol, Allopurinol sowie einigen Antibiotika.

DOAK

Der große Vorteil der Wirkstoffe Dabigatran, Rivaroxaban, Apixaban und Edoxaban liegt sicherlich in der fehlenden Gerinnungskontrolle. Die Dosierungen können bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion aufgrund der nötigen Dosisanpassung von der allgemeinen Empfehlung abweichen. Zu beachten ist, dass Rivaroxaban im Gegensatz zu den anderen DOAK mit einer Mahlzeit eingenommen werden muss. Machen Sie Ihre Kunden darauf aufmerksam, dass Dabigatran erst unmittelbar vor der Einnahme aus dem Blister genommen werden darf, da es anderenfalls zu einer Beeinträchtigung der Galenik kommt (hygroskopisch!), wodurch wiederum ein erhöhtes Blutungsrisiko besteht. Auch darf die Kapsel nicht geöffnet werden.

Thrombozytenaggregationshemmer

Neben ASS zählen auch Clopidogrel, Prasugrel und Ticagrelor zu dieser Arzneistoffgruppe. Clopidogrel ist ein Prodrug, welches hauptsächlich durch CYP2C19 aktiviert wird. Die gleichzeitige Einnahme von CYP2C19-Inhibitoren kann daher zu einem erheblichen Wirkungsverlust führen. Prasugrel und Ticagrelor hingegen werden durch Inhibitoren beziehungsweise Induktoren des CYP3A4-Systems beeinflusst. Zu beachten ist weiters, dass Simvastatin nur in einer Dosis von maximal 40 mg mit Ticagrelor kombiniert werden darf.