„Apotheken könnten im System mehr machen“

Apotheker Krone: Sie sind erst seit 2015 für die FPÖ in der Politik und jetzt schon im Nationalrat. Jetzt sind Sie auch in die Koalitionsverhandlungen eingebunden. Wie kam es dazu?

Gerhard Kaniak: Ich bin ganz generell ein politischer Mensch. Die Motivation, bei der Wahl anzutreten, war, dass ich mit der politischen Entwicklung in Österreich unzufrieden bin, nicht zuletzt auch im Hinblick auf die Gesundheitspolitik. Als man mir angeboten hat, auf der Liste zu kandidieren, dachte ich, dass man nicht immer nur jammern sollte, sondern auch versuchen muss, sich einzubringen.

Apotheker Krone: Wie sehen Ihre Pläne aus?

Kaniak: Im Gesundheitsbereich gibt viele Entwicklungen, mit denen ich unzufrieden bin. Die Politik beleuchtet etwa meist nur das Kostenthema, ohne die Strukturen zu betrachten. Hier will ich meine Expertise aus dem niedergelassenen Bereich einbringen. Natürlich geht es auch um Standespolitik, ich will aber nicht nur für Apotheker ein Ansprechpartner sein, sondern für den gesamten niedergelassenen Bereich. Wichtig ist mir die Aufwertung der Gesundheitsberufe und auch eine Neugestaltung der Aufgaben.

Apotheker Krone: Wie soll das aussehen?

Kaniak: Die Menschen wollen eine wohnortnahe Versorgung. Tatsächlich passiert aber das Gegenteil: Gerade die Versorgung im ländlichen Bereich wurde ausgedünnt. Wir benötigen eine Leistungsverlagerung aus dem stationären Bereich in die niedergelassenen Ordinationen und von dort auch zu anderen Berufen wie der Pflege oder eben den Apotheken. Dabei sollen aber keine Parallelstrukturen geschaffen werden. Wir müssen einen größeren Teil der Leistungen in den extramuralen Bereich verlagern, wo sie effizient und nahe am Patienten erbracht werden. Dafür braucht es aber auch Steuerungsinstrumente.

Apotheker Krone: Heißt das Selbstbehalte? Unter der schwarz-blauen Regierung von Wolfgang Schüssel hat sich die FPÖ damit die Finger verbrannt …

Kaniak: Sie wissen besser als ich, dass Ambulanzgebühren und Selbstbehalte nicht beliebt sind. Vielmehr sollten wir über Anreizsysteme nachdenken, wie das etwa die SVA der gewerblichen Wirtschaft erfolgreich vorzeigt. Dafür braucht es allerdings auch die passenden Strukturen, einen Ausbau der Primärversorgung sowie die Etablierung von Lotsen durch unser Gesundheitssystem. Wie das aussehen soll, ist noch Gegenstand von Verhandlungen. Das kann die Aufwertung von Allgemeinmedizinern, aber auch Apothekern und der Einsatz von Telemedizin sein. Ich persönlich präferiere aber den persönlichen Kontakt. Parallel braucht es auch mehr Eigenverantwortung bei den Menschen. Das geht aber nur, wenn es auch die richtigen Angebote gibt. Wir müssen also auf vielen Ebenen ansetzen. In jedem Fall brauchen wir ein wohnortnahes Angebot und längere Öffnungszeiten.

Apotheker Krone: Was können und sollten die Apotheken hier einbringen?

Kaniak: Die Apotheken bieten viele Dienstleistungen im Gesundheitsbereich, die derzeit vom System nicht honoriert werden. Durch das degressive Spannensystem und Verschiebungen in den Strukturen halten derzeit die Erträge nicht mit den Entwicklungen im Gesundheitswesen und den Kosten, die wir haben, mit. Die Politik wollte eine Kostendämpfung bei den Arzneimittelausgaben. Man sollte das aber gesamthaft sehen und nicht nur den niedergelassenen Bereich. Das Beispiel „Sovaldi“ hat gezeigt, dass es durch neue Therapien zu einer Kostenverlagerung vom klinischen in den Arzneimitelbereich kommt, wobei sich unser Gesundheitssystem insgesamt aber massiv Kosten spart. Das wird aber im System nicht abgebildet.

Apotheker Krone: Wo sehen Sie Reformansätze?

Kaniak: Großes Potenzial sehe ich bei der Therapietreue der Patienten. Handlungsbedarf gibt es im Hinblick auf Polypharmazie. Das sind Bereiche, in die sich die Apotheken gut einbringen können. Ein Werkzeug dafür wäre das Medikationsmanagement. Generell kann die Apotheke viele zusätzliche Gesundheitsdienstleistungen erbringen, die langfristig helfen Geld zu sparen.

Apotheker Krone: Aber der Apothekerverband will vom Medikationsmanagement abrücken …

Kaniak: Das ist für mich nachvollziehbar, spricht aber nicht gegen das Medikationsmanagement als solches. Wenn das eine Apotheke anbietet, kostet das ja auch etwas. Folgt hier keine Kostenübernahme durch die Versicherungen, dann können es die Apotheken auch nicht flächendeckend anbieten. Wenn also die Umsetzung nicht kommt, dann lohnt es auch nicht, hier Energie hineinzustecken.

Apotheker Krone: Abschließend noch eine Frage zur FPÖ – ihr Parteikollege, der ehemalige Tiroler Kammerpräsident Martin Hochstöger, wurde wegen des Ausstellens von NS-Devotionalien in der Apotheke aus der Partei ausgeschlossen. Wie beurteilen Sie die Angelegenheit?

Kaniak: Ich habe davon aus den Medien erfahren und mir gedacht, dass er da wirklich einen Blödsinn gemacht hat, der Konsequenzen haben muss. Die hat er auch sehr klar und schnell gezogen und alle Funktionen zurückgelegt. Auch die Verantwortlichen in der Partei haben richtig reagiert und ihn ausgeschlossen. Damit ist für mich die Sache auf diesen Ebenen auch erledigt.

Apotheker Krone: Sollten auch die Standesvertretung der Apotheken beziehungsweise der Verband Konsequenzen im Hinblick auf die Mitgliedschaft ziehen?

Kaniak: Er hat auch hier alle Funktionen zurückgelegt. Die Sache mit der Mitgliedschaft kann ich nicht beurteilen, weil ich nicht weiß, ob das geht. Das hängt von den Statuten ab.

 

 

Die Apotheker Krone zu Gast bei:

Mag. pharm. Gerhard Kaniak ist Inhaber einer Apotheke in Laakirchen und seit der Nationalratswahl Abgeordneter für die FPÖ. In der Kommunalpolitik ist er erst seit 2015 aktiv: Kaniak ist FPÖ-Gemeindevorstand in Schörfling (OÖ), wo er mit seiner Frau und zwei Töchtern lebt.