Apothekenspannen sinken weiter

Die wirtschaftliche Situation der Apotheken ist generell nicht gerade rosig. Und der Ausblick ist völlig ungewiss. Das war der Tenor bei der Präsentation der Wirtschaftsergebnisse des Sektors bei der 53. Wissenschaftlichen Fortbildungstagung der Österreichischen Apothekerkammer in Schladming. So stieg der Gesamtumsatz der Apotheken um 2,4 % auf 4,415 Milliarden Euro, der Umsatz mit den Krankenversicherungen um 3,3 % auf 2,969 Milliarden Euro. Der Privatumsatz stieg hingegen nur um 0,6 % auf 1,446 Milliarden Euro und macht damit 32,7 % des Gesamtumsatzes aus.

 

 

Teure Medikamente als Problem

Das Hauptproblem liegt aber im Detail und bei den Erträgen: Die Umsatzsteigerungen betrafen zum größten Teil Arzneimittel im sogenannten „Hochpreissegment“, wo im degressiven Spannensystem die Apothekerspanne bei nur 3,8 % liegt. Innerhalb von vier Jahren hat sich der Anteil der teuren Medikamente am Umsatz der Apotheken von knapp 40 % auf mehr als 45 % erhöht. Für den gesamten Krankenkassenumsatz nahm die Apothekerspanne zwischen 2009 und 2019 damit von 18,56 % auf 14,2 % deutlich ab. „Schon der Anteil der Personalkosten in den Apotheken liegt aber bei 14 %“, sagte Mag. pharm. Dr. Gerhard Kobinger, Präsidiumsmitglied der Österreichischen Apothekerkammer und steirischer Kammerpräsident.

 

 

„Leistungen aufzeigen“

Der Ertrag der Medianapotheke sei zuletzt auf 1,8 % gesunken, rechnete Kobinger vor. „Hier muss auch Verständnis bei den Krankenkassen da sein, dass wir nicht Leistungen für Nichts erbringen können.“ Es brauche für die Leistungen der Apotheken eine faire Finanzierung und Bedeckung. „Es gibt eine Versorgungspyramide, die derzeit mit dem Hausarzt beginnt. In Wahrheit gibt es aber darunter noch eine Ebene – nämlich die Apotheke. Wir haben eine Orientierung gebende und problemlösende Anlaufposition.“ Oft sei der Politik gar nicht bekannt, welche Leistungen die Apotheken für das Gesundheitswesen erbringen. „Es wird unsere Aufgabe sein, darauf hinzuweisen. Wir werden mit dem Dachverband der Krankenkassen sprechen müssen, weil wir mehr Geld für die Aufrechterhaltung unserer Betriebe benötigen. Wir müssen derzeit aus dem Privatumsatz den Kassenumsatz quersubventionieren. Wir brauchen für unsere Leistungen eine adäquate Bezahlung.“

 

 

Lieferfähigkeit als Zukunftsfrage

„Man braucht im Gesundheitssystem eine solide Basis und ein tragfähiges Fundament mit starken Säulen“, sagte die Präsidentin der Apothekerkammer, Ulrike Mursch-Edlmayr. Preisminimierung für Wirkstoffe und Arzneimittel – lokal in Österreich auch durch die Krankenkassen gefordert – sowie das Streben nach Gewinnmaximierung bei den Herstellern hätten die Situation zuletzt verschärft. Offen ist derzeit, wie sich die Coronakrise auswirken wird. Vor allem die Frage der mittel- und langfristigen Lieferfähigkeit der Industrie ist ein Thema. „Der pharmazeutische Großhandel beliefert uns derzeit ständig. Das heißt auch, dass die Pharmaindustrie permanent liefert. Man kann nur an die Menschen appellieren, sich keine Übermengen an Medikamenten verschreiben zu lassen“, sagt Mursch-Edlmayr. Mitte März hatte zudem Margarete Schramböck, die für standortrelevante Forschung zuständige Ministerin, Spitzenvertreter der Pharmabranche zu einem Round Table geladen. „Das Coronavirus war ein Weckruf, den Bereich der Medikamentenherstellung in Europa und Österreich zu forcieren“, sagte Schramböck in der Folge. „Die aktuelle Coronakrise hat das Thema Lieferengpässe und die Abhängigkeit Europas von China und Indien deutlich zu Tage treten lassen. Neben dem Parallelhandel ist es vor allem die fehlende Produktion in Europa, die zu Versorgungsproblemen führen. Ziel muss es sein, die Versorgung der Bevölkerung in Krisensituationen sicherzustellen, die bestehende Pharmaproduktion in Österreich zu halten und – mittel- bis langfristig – die Wirkstoffproduktion nach Europa zurückzuholen“, erklärte Philipp von Lattorff, Generaldirektor Boehringer Ingelheim RCV und Pharmig-Präsident.