Atemwegsbeschwerden: „Pflanzliche Mittel haben große therapeutische Breite“

Bei welchen Atemwegs­erkrankungen setzen Sie phytotherapeutische Maßnahmen ein?

Dr. Peter Haubenberger: Die meisten Atemwegserkrankungen – über 90 Prozent – sind virale Erkrankungen. Hier geht es in der Therapie eigentlich überwiegend um die Linderung der Symptome, wie Halsschmerzen, Heiserkeit und Schnupfen. Dafür sind phytotherapeutische Maßnahmen optimal geeignet. Erst bei bakteriellen Erkrankungen, die in der Regel schwerer verlaufen, kommen Antibiotika ins Spiel. Aber auch dann verwenden wir Phytopharmaka, die einen zusätzlichen Nutzen zur herkömmlichen Therapie bringen.

Wo liegen diesbezüglich die Grenzen der Phytotherapie?

Grundsätzlich wenden wir Phytotherapie bei eher leichteren Erkrankungen an, bei schwereren Erkrankungen adjuvant, das heißt zusätzlich zu einer medikamentösen Therapie mit synthetischen Arzneimitteln. Man muss wissen, dass die phytotherapeutischen Präparate zwar eine mildere Wirkung haben, dafür nebenwirkungsarm sind. Ein großer Vorteil der Phytotherapeutika ist überdies, dass sie eine große therapeutische Breite haben. Sie wirken schon in geringen Dosen und sind umgekehrt selbst bei hohen Dosierungen nicht toxisch.

Welche Pflanzen kommen bei welcher Indikation zum Einsatz?

Es gibt aromatisch wirkende Pflanzen, die äußerlich angewendet werden können, wie etwa Campher oder Eukalyptus, deren aus den Blättern gewonnenes Öl für banale Infekte und Bronchitis verwendet werden kann. In diese Gruppe gehören auch Fenchel, Kamille, Kiefernnadeln, Pfefferminze, Quendel und Salbei.
Eine weitere große Gruppe sind die Schleimstoffdrogen, die reizlindernd, entzündungshemmend und schleimhautschützend wirken, wie Eibisch, Isländisch Moos, Malve und Spitzwegerich.
Die Saponindrogen, also Pflanzen mit einer seifenähnlichen Wirkung, wirken schleimlösend und -mobilisierend, aber auch leicht entzündungshemmend und sogar das Bakterienwachstum hemmend. Sie werden sehr oft bei Bronchitis in Form von Hustensäften eingesetzt. Wichtige Vertreter sind Efeublätter, Primelwurzel, Schlüsselblumenblüten, die Senega- und die Süßholzwurzel.

Darüber hinaus gibt es noch mehrere andere Arzneipflanzen, die zum Einsatz kommen, wie etwa Holunderblüten, Lindenblüten und die Weidenrinde bei grippalen Infekten. Mittlerweile sehr breit eingesetzt wird die Umckaloabowurzel, eine traditionelle Arzneipflanze aus Südafrika, die bei banalen Infekten über Nebenhöhlenentzündungen bis hin zu Bronchitis oder aber einfach zur Verbeugung, also in gewisser Weise immunstärkend, eingesetzt werden kann.

Welche Effekte ergeben sich bei der Kombination von Pflanzen?

Sehr oft werden mehrere Pflanzen gemischt, meist auf traditionelle alte Rezepturen zurückgehend. Dabei können sich verschiedene Wirkmechanismen entfalten. So gibt es etwa im österreichischen Arzneibuch eine Fülle an verschiedenen Teemischungen, die reizlindernd, aromatisch und entzündungshemmend wirken, gerade auch gegen Husten.

Wie erleben Sie selbst das Vertrauen Ihrer Patienten in die Verwendung pflanzlicher Mittel bei Atemwegsbeschwerden?

Das Vertrauen in die Kräuterheilkunde nimmt zu. Die Patientinnen und Patienten schätzen es sehr, wenn wir nicht nur synthetische Medikamente aufschreiben, sondern auch pflanzliche Medikamente verschreiben und empfehlen – schließlich liegt der Ursprung der Medizin in der Phytotherapie, erst im 19. Jahrhundert sind synthetische Reinsubstanzen aus Pflanzen gewonnen worden.