Auch zur „nadelfreien“ Impfung motivieren

Fast jedes Jahr kommt es in den Herbst- und Wintermonaten zu einer Influenzaepidemie. 5–15 % der Bevölkerung infizieren sich, viele davon erkranken. Die Krankheit birgt vor allem für Säuglinge, Kleinkinder und ältere Menschen ab 65 Risiken. Influenzaassoziierte Hospitalisierungen betreffen zu 60 % diese Bevölkerungsgruppen, Todesfälle sogar zu 90 %.1 Daten aus Deutschland zur saisonalen Influenza und zur Pandemie im Jahr 2009 zeigen außerdem, dass Schwangere bei einer Influ­enzainfektion ein erhöhtes Risiko für schwere Krankheitsverläufe haben.2 In Österreich wird die Influenza­mortalität auf etwa 15 Fälle pro 100.000 Einwohner geschätzt. Das sind insgesamt etwa 1.000 Todesfälle pro Jahr.1

Im Österreichischen Impfplan 2015 (Stand Juli 2015) wird die Impfung besonders für folgende Gruppen empfohlen:1

  • Personen mit erhöhter Gefährdung infolge einer chronischen Erkrankung (Lunge, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Nierenerkrankungen, Diabetes mellitus, Immundefekte, neurologische Krankheiten)
  • Schwangere und Frauen, die während der Influenzasaison schwanger werden wollen
  • Kinder ab dem vollendeten 6. Lebensmonat.
  • Personen ab dem vollendeten 50. Lebensjahr und insbesondere ab dem vollendeten 65. Lebensjahr.
  • Kinder/Jugendliche ab dem 7. Lebensmonat bis zu 18 Jahre unter Langzeit-Aspirin-Therapie (Verhütung eines Reye-Syndroms). In diesem Fall ist eine Lebend­impfung laut Impfplan altersunabhängig kontraindiziert.
  • stark übergewichtige Personen mit einem Body-Mass-Index über 40
  • Betreuungspersonen in Spitälern, Altersheimen, aber auch im Haushalt
  • Personen mit Haushaltskontakten zu Risikogruppen wie kleinen oder kranken Kindern, älteren Personen oder eine der zuvor genannten Gruppen
  • Personen aus Gesundheitsberufen
  • Personen mit häufigem Publikumskontakt

Die Impfung muss aufgrund der Mutationsfreudigkeit des Virus jährlich erneuert werden. Ein guter Impfzeitpunkt ist in den Monaten Oktober und November.2 Die Impfung kann jedoch auch während der Influenzasaison noch erfolgen, wenn die betroffene Person noch nicht angesteckt wurde und selbst auch keine Krankheitszeichen aufweist.1 Seit 2014 ist auch ein nasaler Lebendimpfstoff verfügbar. Dieser kann an Kinder ab dem Alter von 24 Monaten bis zum vollendeten 18. Lebensjahr verabreicht werden. Hemmnisse bei der Impfung von Kindern – Stichwort: unangenehme Injektionen in den Oberarm – könnten damit beseitigt werden.

Leider hat die Influenzaimpfung in der Bevölkerung kein gutes Image. Die Durchimpfungsrate sollte in Österreich jedenfalls weiter erhöht werden. Der Grund für das schlechte Image beruht auf mehreren Faktoren: Es besteht immer noch eine fehlende Einsicht in die Schwere der Erkrankung. Die Wirkung der Impfung wird als gering eingeschätzt, das Erkrankungsrisiko wird unterschätzt – müßig zu sagen, dass es sich hierbei um grobe Fehleinschätzungen handelt. Ein Grundproblem ist die fehlende Unterscheidung zwischen einer echten Virusgrippe und einem grippalen Infekt. In Impfstudien werden als Endpunkte neben der virologisch gesicherten Influenza auch influenzaähnliche Erkrankungen, Pneumonien, respiratorische Erkrankungen und Komplikationen herangezogen. Die Folge: Der ermittelte Effekt wird verdünnt. Dem Laien erscheint das als Hinweis auf eine mangelnde Wirksamkeit. Unberücksichtigt bleibt, dass zahlreiche respiratorische Pathogene mit dem Influenzavirus kozirkulieren. Vor diesen kann die Impfung naturgemäß nicht schützen.3

Besonders die Wirkung der Impfung bei älteren Menschen wird oft angezweifelt. Dem stehen die Ergebnisse eines Reviews aus 2013 gegenüber, aus dem ein reduziertes Infektionsrisiko sowie eine geringere Mortalität durch die Impfung hervorgingen.4 Eine aktuelle Publikation zeigt, dass die Impfung bei Älteren Leben rettet. Für die Studie wurden Krankenakten in einem Zeitraum von zehn Jahren analysiert. Je effektiver der jeweilige Impfstoff, desto weniger Hospitalisationen gab es. Auch die Mortalität war geringer. Die Autoren stellen folgende Rechnung an: Geht man von einer um 50 % erhöhten Trefferquote des saisonalen Impfstoffes aus (Match Rate), könnten stationäre Aufenthalte um 4,2 % und Todesfälle um 2 % reduziert werden.5 Eine Impfung während der Schwangerschaft schützt nicht nur vor möglichen Komplikationen, sondern zeigt auch nach der Geburt des Kindes eine positive Wirkung. In einer Studie, in der Schwangere im ersten Trimenon geimpft wurden, waren 63 % der Kinder bis zum Alter von sechs Monaten vor Influenza geschützt. Antikörper, die pränatal über die Plazenta aufgenommen werden, befinden sich auch nach der Geburt weiter für einige Wochen im Blut. Auch dem Stillen dürfte eine wichtige Schutzwirkung zukommen, wenn sich die Mutter impfen ließ.6

Literatur:

1 Bundesministerium für Gesundheit: Impfplan Österreich 2015, Stand 20. 7. 2015

2 Robert-Koch-Institut, Stand 7. 9. 2012

3 Univ.-Prof. Dr. Michael Kundi: Pro: Wirkt die Influenzaimpfung überhaupt? Abstractbook zum Österreichischen Impftag 2015

4 Beyer WE, Vaccine 2013, DOI: 10.1016/j.vaccine.2013.09.063

5 Pop-Vicas et al., Journal oft he American Geriatrics Society 2015, DOI: 10.1111/jgs.13617

6 Zamann K et al., N Engl J Med 2008, DOI: 10.1056/NEJMoa0708630