Better-Aging: Abbau­prozesse natürlich bremsen

Apotheker Krone: Ab welchem Alter verliert der Körper die Fähigkeit, sich zu regenerieren

Madeo: Bereits etwa ab dem Alter von 19 Jahren lässt die Regenerationsfähigkeit nach. Man spürt das zum Beispiel an der Zeitdauer, die benötigt wird, um sich von einer schlaflosen Nacht zu regenerieren. Schon mit 30 Jahren steckt man ein rauschendes Fest schlechter weg als mit 20.

Wie lässt sich der Prozess der nachlassenden Regenerationsfähigkeit beeinflussen?

Der Schlüssel, um die Zellalterung zu verlangsamen, liegt in der Fähigkeit der Zellen, ihre alten Zellbestandteile aufzuarbeiten und wiederzuverwerten und damit jung und gesund zu bleiben – ein Vorgang der als Autophagie bezeichnet wird. Das Fasten gilt als effizienteste Methode, diese Autophagie im Körper zu initiieren. Eine weitere Strategie ist regelmäßiger Sport.

Über welche Mechanismen begünstigen Fasten und Sport die Autophagie?

Fasten wirkt diesbezüglich über das Bremsen der Insulinausschüttung. Sport bewirkt eine Aktivierung des Energiesensors AMP-Kinase. Durch die körperliche Aktivität sinkt der ATP-Spiegel, und der AMP-Spiegel steigt an. Dieser aktiviert die AMP-Kinase, welche dann die Autophagie-Maschinerie in Gang setzt.

Kommt die Autophagie im kleinen Maßstab auch beim Dinner-Cancelling in Gang?

Wahrscheinlich startet die Autophagie – je nach Individuum – nach etwa 14 bis 18 Stunden der Nahrungskarenz.

Welche Faktoren spielen für den Alterungsprozess noch eine Rolle? Die Autophagie ist vermutlich nur ein Teil davon?

Ja, ein anderer wichtiger Faktor ist die Stressresistenz – auch wenn diese zum Teil mit der Autophagie zusammenhängt. Auch die Muskelmasse und Kraft sowie soziale Faktoren wie Wohlstand spielen eine wichtige Rolle. Schließlich gibt es psychische Faktoren, die aber schwer quantifizierbar sind. So ist in verschiedenen Studien herausgekommen, dass soziale Bindungen und eine positive Lebenseinstellung protektiv wirken. Am zuverlässigsten hilft beim gesunden Altern eine Qualität, die nicht gerade modern ist: das Pflichtbewusstsein.

Was bedeutet das konkret für den Alltag?

Das Pflichtbewusstsein hatte in den letzten Dekaden wirklich eine schwere Zeit, ja, es rückte seinen Träger sogar in den Verdacht, ein Apparatschik ohne Gefühle zu sein. Nun gibt es eine Reihe von Studien, die zeigen, dass Pflichtbewusstsein viel eher die Langlebigkeit eines Menschen voraussagt als beispielsweise die gute Laune.
Dazu passend sind pflichtbewusste Menschen in der Regel gesünder. Pflichtbewusstsein subsumiert eine Reihe von Eigenschaften, unter denen die Selbstdisziplin wahrscheinlich Hauptursache für die hier beschriebenen Effekte ist. Demgemäß halten sich Pflichtbewusste eher an diätetische und physisch ertüchtigende Regimes und mäßigen ihren Drogenkonsum, nehmen also weniger Nikotin und Alkohol zu sich.
Man mag einwenden, dass ein sehr pflichtbewusstes Leben kein Leben ist: zwar reich an Jahren, aber arm an Ereignissen. Die Lösung wäre ein meist pflichtbewusstes Leben, gewidmet der Selbstdisziplin, um dann gelegentlich seinen Sinnen ein Fest zu geben, indem man die Zügel schießen lässt. Der Kontrast wird den Reiz des Genusses erhöhen.

Welche Möglichkeiten bietet die Ernährung für ein Better-Aging?

Studien an eineiigen Zwillingen haben ergeben, dass das Altern zum Zeitpunkt der Geburt nur zu etwa einem Viertel genetisch determiniert ist. Es muss also eine Reihe externer Faktoren geben, die das Altern beeinflussen. Sehr wahrscheinlich spielen Ernährung und Bewegung Hauptrollen.
In langjährigen Studien haben wir auch herausgefunden, dass der Effekt der Autophagie durch die Substanz Spermidin ausgelöst werden kann. Wir konnten nachweisen, dass Spermidin beim Menschen einen Anti-Aging-Effekt auslöst. Wer ausreichend davon zu sich nimmt, verlängert damit möglicherweise seine gesunde Lebensspanne.

Welche Studiendaten gibt es hierzu?

Eine Studie der Medizinischen Universität Innsbruck zeigte, dass Menschen, die über einen Zeitraum von 20 Jahren viel Spermidin zu sich nahmen, sich über eine bessere Herzgesundheit und eine um fünf Jahre längere Lebenserwartung freuen konnten. Damit wurden präklinische Tests bestätigt, in denen man eine schützende Wirkung auf das Herz-Kreislauf-System ermittelt hat.

Wie wurde der Spermidingehalt der Nahrung über diesen langen Zeitraum ermittelt?

Die Ermittlung erfolgte durch von uns erstellte Nahrungsdatenbanken. Die Quantität und Qualität der Nahrung wurde in Bruneck über 20 Jahre detailliert ermittelt. Das macht diese Kohorte einzigartig. Wir konnten dann über die unterschiedlichen Anteile des Spermidins in der Nahrung rückrechnen, wie viel Spermidin aufgenommen wurde.

In welchen Lebensmitteln ist Spermidin enthalten?

Relativ viel von dieser Substanz findet man in Weizenkeimen, frischem grünen Pfeffer, Birnen, Pilzen, gut gereiftem Käse, Soja, Erbsen und Brokkoli.

 

Auf seiner Facebook-Seite „Madeo/Ernährung und Gesundheit“ gibt Frank Madeo wissenschaftlich fundierte Tipps zum gesunden Leben.