Coronatests könnten Apotheken doch noch Tür zum Impfen öffnen

Die Bevölkerung nimmt die kostenlosen COVID-19-Antigentests in den Apotheken stark in Anspruch. Und auch die Apotheken nutzen die Möglichkeit. Zu Redaktionsschluss dieser Ausgabe boten bereits 940 der rund 1.395 Apotheken Tests an. Allein in den ersten zwei Wochen haben sich rund 280.000 Menschen in den Apotheken testen lassen. Das brachte den teilnehmenden Apotheken immerhin ein Honorar von insgesamt sieben Millionen Euro. „Mit den kostenlosen Antigen-Schnelltests geben die Apothekerinnen und Apotheker sehr vielen Menschen wieder mehr Lebensqualität und Freiheit, und sie zeigen, dass sie für die Menschen und ihre Bedürfnisse da sind“, sagt Mag. pharm. Dr. Ulrike Mursch-Edlmayr, Präsidentin der Österreichischen Apothekerkammer. Die rasche und flächendeckende Umsetzung der gratis Antigentests in Apotheken öffne die Türe für mehr, sagt Mag. pharm. Christian Wurstbauer, Vizepräsident der Apothekerkammer, im Interview mit der Apotheker Krone. Die Politik habe gesehen, dass sie sich auf die Apotheker verlassen kann. Und deshalb gab es auch gleich einen Nachschlag: Apotheken verteilen gratis Antigentests für zu Hause.

 

 

Politik sieht was Apotheken leisten

Für Wurstbauer, der das Angebot mit dem Gesundheitsministerium mitausverhandelt hat, ist das ein Beweis, was die flächendeckende Struktur der Apotheken liefern kann. Er empfinde eine „unfassbare Hochachtung vor all den Betrieben, die am ersten Tag mit dabei waren, und allen, die gefolgt sind“, sagt er: „Am Anfang war bei den Kolleginnen und Kollegen etwas Sorge, was da alles dazugehört und beachtet werden muss – angefangen von den räumlichen Voraussetzungen, dem Umgang mit einem möglichen Ansturm bis zu den Tests“. Die Kammer habe viel vorbereitet – auch mit Schulungsvideos –, und dann hätten auch „die Kolleginnen und Kollegen Schritt für Schritt begonnen, (sich) damit zu beschäftigen.“

Rasche Umsetzung

Selbst wenn erste Apotheken schon zum Jahreswechsel kostenpflichtige Tests im Angebot hatten, die Ausrollung der Gratistests musste dann sehr schnell gehen. Am Abend des 4. Februar habe man das Projekt mit dem Gesundheitsministerium fixiert, am 5. Februar wurde es der Öffentlichkeit vorgestellt, und ab dem 8. Februar sind die ersten 400 Apotheken gestartet. Wurstbauer: „Die Vorbereitungen davor waren recht lange und langsam. Dann musste es schnell gehen. Es belastet alle, dass sich die Dinge in dieser Pandemie sehr rasch ändern. Das hat auch mit der Beschaffung zu tun. Wir haben über Nacht alle Vorbereitungen für die Apotheken zusammengestellt. Wir haben einen fairen Preis ausverhandelt, und die Apotheker haben prompt geliefert.“ Das sei für die Politik nun auch ein gutes Beispiel, wie in Zukunft Gesundheitsdienstleistungen in Apotheken funktionieren können. Die Politik habe gesehen, dass sie sich auf die Apotheker verlassen kann. Die Verhandler haben wieder gesehen, dass sie sich auf Apotheken stützen können und wir auf Ruf der Republik auch rasch liefern können.

 

 

Apotheken wollen impfen

Geht es nach Funktionären der Apothekerkammer sollen Apotheken deshalb doch in die COVID-19-Impfstrategie eingebunden werden. Apotheken könnten „binnen weniger Wochen“ mit dem Impfen beginnen – eine flächendeckende Infrastruktur sei bereits vorhanden, meinte Mursch-Edlmayr in einem KURIER-Interview. Es gehe um technisch und medizinisch unproblematische Impfungen von Erwachsenen, sagte Kornelia Seiwald, Präsidentin der Salzburger Apothekerkammer, in einem ORF-Interview. Durch die Einbindung der Apotheker in nationale Impfprogramme könne ein gutes, dezentrales und unbürokratisches Angebot für Bevölkerung und Gäste geschaffen werden, betont sie. Allerdings gibt es dafür von den Ärzten und aus dem Ministerium ein Nein. Das Problem seien fehlende Impfstoffe und die Logistik und nicht zu wenige Impfmöglichkeiten, kontert MR Dr. Johannes Steinhart, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Kurienobmann der niedergelassenen Ärzte. „Impfen ist eine ärztliche Tätigkeit – und soll es auch bleiben!“, betont er und verweist auf die Aussagen des Gesundheitsministers im Herbst. Da sei noch betont worden, dass aus Gründen der Qualitätssicherung und des Patientenschutzes nicht geplant sei, den Kreis der Berufsgruppen im Gesundheitsbereich, die zur Durchführung von Impfungen berechtigt sind, auszuweiten. Das Ministerium bestätigt, dass nicht an eine Ausweitung gedacht sei.

Mehr Berufe dürfen testen

Vielmehr wächst sogar die Konkurrenz in Sachen Antigentests. Denn die Bundesregierung hat den Kreis der Personen, die Antigentests durchführen dürfen, erweitert. Ende Februar wurde im Nationalrat dazu ein umfangreiches Gesetzespaket beschlossen. Eine Abänderung des Epidemiegesetzes ermöglicht, dass auch ­Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegepersonen erstmals ohne ärztliche Anordnung testen und Bescheinigungen dafür ausstellen dürfen. Auch Hebammen oder Kardiotechniker dürfen ohne ärztliche Anordnung Abstriche aus Nase und Rachen machen. Bei Pflegeassistenten, Masseuren oder Angehörigen von Sozialbetreuungsberufen ist die Durchführung von COVID-19-Antigentests nur auf Anordnung, unter Aufsicht und nach einer entsprechenden Einschulung erlaubt. Auch für Sanitäter wird es nun möglich sein, im Rahmen von Screenings in Zusammenarbeit etwa mit Betriebsärzten oder in Pflegeheimen gemeinsam mit dem gehobenen Dienst an Testungen teilnehmen zu können.

Kritik an gratis Selbsttests

Kritik kommt auch an den Antigentests zur Eigenanwendung, die von den Apotheken abgegeben werden. Die Initiative sieht dabei vor, dass jeder Versicherte, der vor dem 1. Januar 2006 geboren ist, pro Monat jeweils eine Packung zu fünf Stück erhält. Für die Abwicklung erhalten die Apotheken ein pauschales Honorar in der Höhe von jeweils zehn Euro. Das Problem hier: Bürger, die sich von ELGA gesamt oder vom Service E-Medikation abgemeldet haben, sowie nicht krankenversicherte Personen sind von der Aktion ausgeschlossen – denn die Dokumentation der Abgabe der Tests erfolgt über das ELGA-System. Rund 300.000 der „8,8 Millionen eCard-Besitzer“ gehen damit leer aus, weil sie aus der Elektronischen Gesundheitsakte ausgestiegen sind. Ärztekammerpräsident Univ.-Prof. Dr. Thomas Szekeres spricht von einer „Zwei-Klassen-Gesellschaft und der Missachtung von Patientenrechten“ und vermisst „schmerzlich“ einen „Aufschrei der Patientenanwälte“. Diese konterten umgehend. „Wir haben uns keineswegs zurückgehalten, sondern bereits einen offenen Brief mit heftiger Kritik an Gesundheitsminister Anschober gerichtet“, meinte der niederöster­reichische Patientenanwalt Dr. Gerald Bachinger in seiner Funktion als Sprecher aller Patientenanwälte und der ELGA-Ombudsstellen in den Bundesländern. Peter Lehner, der derzeitige Vorsitzende der Konferenz der Sozialversicherungsträger, ließ dies nicht gelten. „Digitalisierte Systeme sind unsere Partner im Kampf gegen die Pandemie. Wir müssen die neuen Technologien nutzen.“ Jene, die ein Opt-out aus ELGA und der E-Medikation gewählt und sich damit selbst von dem Angebot ausgeschlossen hätten, die Selbsttests in der Apotheke abzuholen, könnten sich jederzeit wieder anmelden, meinte Lehner.