Das breite Beratungsfeld Diabetes

Apotheker Manfred Krüger aus Krefeld, Deutschland, stellte anhand eines in Deutschland laufenden Projektes das Konzept eines modernen Medikationsmanagements für Diabetes-Patienten durch die Apotheken vor.1 „Der deutsche ‚Aktionsplan zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit‘ hat das Ziel unter Einbeziehung von Arzt und Apotheker sowohl die Medikation an sich als auch die Compliance und das Selbstmanagement des Patienten zu verbessern“, erklärte Krüger. Durch die Analyse des Therapiekonzeptes wurden u. a. Dosierungen überprüft, Interaktionen bzw. Nebenwirkungen sowie Anwendungsfehler erkannt. Auch zusätzliche Arzneimitteleinnahmen im Rahmen der Selbstmedikation wurden berücksichtigt. Falls erforderlich wurde gemeinsam mit dem behandelnden Arzt eine optimierte Arzneimitteltherapie erarbeitet. Wesentliche Kriterien waren neben dem individuellen Wohlbefinden die HbA1c-Wert sowie die Anzahl der Hypoglykämien. Durch die genaue Dokumentation konnten die Verbesserungen klar gezeigt und in weiterer Folge auch eine Kostenübernahme der apothekerlichen Beratungstätigkeit von den Krankenkassen erreicht werden. Derzeit bestehen Verträge mit einzelnen regionalen Krankenkassen, wobei die Option auf eine bundesweite Ausdehnung möglich ist.

Mikronährstoffe für Diabetiker

Auch Nichtdiabetiker leiden aufgrund schlechter Essgewohnheiten oder qualitativ oft nicht sehr hochwertiger Nahrungsmittel an einem Mangel wichtiger Vitamine und Mineralstoffe. Bei Diabetikern verschärft sich die Situation zusätzlich durch einen einerseits erhöhten Vitaminbedarf (vermehrte Bildung freier Radikale, oxidativer Stress, etc.) und andererseits eine vermehrte Ausscheidung an wasserlöslichen Vitaminen über den Harn. Mag. pharm. Michael Schramm (Elisabeth-Apotheke, Graz) und Dipl.-Diätologin Edburg Edlinger brachten einen interessanten Überblick über Mikronährstoffe für Diabetiker:

Vitamin D3 spielt eine wichtige Rolle im Rahmen des Glukosestoffwechsels. Ein Vitamin-D-Mangel steigert u. a. die Insulinresistenz und reduziert die Insulinsekretion aus den β-Zellen. Von einer Vitamin-D-Substitution von bis zu 4000 I.E./die profitieren sowohl Typ-I- als auch Typ-II-Diabetiker.
Das ebenfalls fettlösliche Vitamin E ist als wichtiges Antioxidans für Diabetiker unverzichtbar. Insbesondere Spätfolgen wie Mikro- und Makroangiopathien können durch Vitamin E (max. 600 mg/die) reduziert werden.
Die meisten Diabetiker leiden auch unter einem Mangel an Vitamin C. Wundheilungsstörungen und erhöhte Blutfettwerte sind zumindest teilweise darauf zurückzuführen. Durch regelmäßige Vitamin-C-Gaben (je nach Verträglichkeit bis zu 3 g/die) kann der Insulinbedarf individuell gesenkt werden.
Die Vitamine des B-Komplexes sind essenziell für das gesamte Stoffwechselgeschehen. Für die Prophylaxe von Neuropathien sind v. a. B1, B6 und B12 bedeutend, zusammen mit Folsäure sind sie mitverantwortlich für den Abbau von Homocystein. Durch Vitamin B6 wird außerdem die Glukosetoleranz verbessert. Ein Mangel an Vitamin B12 wird häufig unter Metformin-Medikation beobachtet.
Viele Diabetiker erhalten zusätzlich eine Therapie mit Statinen und weisen somit häufig einen Mangel an Coenzym Q10 auf. Dieses ist jedoch gerade für Diabetiker von großer Bedeutung und sollte daher ebenfalls substituiert werden (90–300 mg/die).
Neben Vitaminen spielen auch zahlreiche Mineralstoffe eine wichtige Rolle bei Diabetes mellitus. So ist beispielsweise Magnesium mitverantwortlich für die Ausschüttung von Insulin aus den β-Zellen und dient als Co-Faktor des Glukostransportes. Ein Mangel an Magnesium ist meist durch vermehrte renale Ausscheidung (Glykosurie) bedingt. Empfohlen werden täglich etwa 300 mg, je nach Verträglichkeit sind auch höhere Dosen möglich.
Zink ist als Bestandteil des Zink-Insulin-Komplexes ebenfalls von Bedeutung. Unter Zinkmangel kommt es u. a. zu einer verminderten Speicherung und Ausschüttung von Insulin, die Insulinsensitivität des Gewebes nimmt ab. Durch die Verschlechterung der Insulineinstellung steigt das Risiko für Spätfolgen. Sinnvoll ist eine Dosierung von 15 bis 30 mg/die.
Chrom ist aktiver Bestandteil des Glukose-Toleranz-Faktors, reduziert die Insulinresistenz und steigert die Insulin-Rezeptor-Bindung. Empfohlen werden bis zu 1 mg, wobei die gleichzeitige Gabe von Vitamin C die Chrom-Aufnahme verbessert.

Mag. pharm. Schramm erwähnte in seinem Vortrag weiters die Bedeutung der beiden Aminosäuren Arginin und Taurin sowie der Omega-3-Fettsäuren. Arginin steigert die Insulinfreisetzung, verbesserte die Glukosetoleranz und hat aufgrund seiner gefäßerweiternden Wirkung positive Effekte auf den Blutdruck. Die Dosierung beträgt bis zu 2-mal 2 g/die, bei Wundheilungsstörungen werden therapeutisch bis zu 25 g/die gegeben.
Aus dem Bereich der Arzneipflanzen wurden die Zimtrinde und Salacia reticulata genannt. Zimt enthält u. a. konjugierte Bioflavonoid-Polyphenole als wirksame Bestandteile und hat eine ausgeprägte insulinmimetische Wirkung. Bedeutung hat Zimt laut Mag. pharm. Schramm insbesondere bei Insulinresistenzen. Interessant scheint die Kombination von Zimt mit Berberin.

Kaffee, Ballaststoffe und Fruktose

Dipl.-Diätologin Edlinger ging der Frage nach, ob Kaffeekonsum das Diabetesrisiko senken könnte. Laut einer Lancet-Studie2 sollen 4–7 Tassen Kaffee pro Tag das Erkrankungsrisiko um bis zu 50 % senken, wobei der Mechanismus bis heute unklar scheint. Da in dieser Dosierung jedoch bereits die negativen Begleiterscheinungen überwiegen, scheint Kaffee kein geeignetes Mittel zur Diabetesprophylaxe zu sein.
Regelmäßig am Speiseplan stehen sollten hingegen Ballaststoffe. Insbesondere lösliche Ballaststoffe verzögern die Glukoseresorption und sorgen somit für einen langsameren Blutzuckeranstieg. Adipöse Patienten profitieren außerdem von einem rascheren Sättigungsgefühl.
Zuletzt wurden die Eigenschaften des Fruchtzuckers näher erörtert. Fruktose ist in vielen Fertigprodukten als (verstecktes) Süßungsmittel enthalten. Entgegen früheren Meinungen muss Fruktose jedoch auch als Kohlenhydrat berechnet werden, wobei 12 g Fruktose 1 BE (Broteinheit) entsprechen. Nach BE berechnet werden muss daher neben anderen Kohlenhydratquellen auch Obst sowie Obst- und Gemüsesäfte, Diabetikersüßstoffe laut Etikett und – als einzige Gemüsesorte – Zuckermais.

 

Literatur:

1 Krüger M et al., Diabetes Stoffw Herz 2001; 20:219–226

2 van Dam RM, F J, EJ Lancet 2002 Nov 9; 360(9344):1477–8