„Diabesity“ – Adipositas und Diabetes Typ 2

Der Begriff „Diabesity“ trägt dem Umstand Rechnung, dass Adipositas dem Diabetes mellitus Typ 2 (DM2) häufig vorangeht und auf Basis einer entsprechenden Genetik der wohl wichtigste Risikofaktor für Diabetes ist. Allgemein fällt zunehmend eine Manifestation bei jüngeren Patient:innen auf. Die für DM2 typischen Funktionsstörungen, also eine Insulinresistenz mit fortschreitendem Verlust der Betazellfunktion, sind aber schon lange vor der klinischen Manifestation des DM2 vorhanden und erhöhen besonders gemeinsam mit dem metabolischen Syndrom das Risiko für makrovaskuläre Folgen (Herzinfarkt, Schlaganfall, pAVK). Laut Eurostat-Daten von 2019 sind innerhalb der EU-27 16,5 % der Erwachsenen adipös (BMI > 30 kg/m2) sowie 36,2 % übergewichtig (BMI 25–30 kg/m2). Jedoch sagt der BMI allein noch wenig über die Verteilung der Körperfettmasse aus, so kann auch eine Person mit BMI im Normalbereich eine ungünstige Körperfettverteilung aufweisen. Für Personen mit erhöhter abdomineller Fettansammlung (sog. „Apfeltyp“) ist das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen besonders hoch. Als Grenzwerte für den Bauchumfang gelten i. A. 102 cm bei Männern und 88 cm bei Frauen (kaukasische Bevölkerung). Am besten werden solche erhobenen Parameter noch mit Methoden zur Erfassung des Körperfettanteils (z. B. DEXA) kombiniert.

Lebensstilmanagement und Therapie

Die Basistherapie des DM2 besteht in einer Lebensstiländerung, d. h. Gewichtsmanagement, körperlicher Aktivität, Rauchstopp und vermindertem Alkoholkonsum. Eine energiereduzierte Diät kann fett-, aber auch kohlehydratreduziert sein und sollte im günstigsten Fall einem mediterranen Ernährungsmuster entsprechen. Am besten geeignet zur Körperfettreduktion ist aerobes Training. Insbesondere bei Muskelschwund ist auf unterstützendes Krafttraining zum Muskelaufbau zu achten. Die positiven Effekte von Lebensstilintervention (Bewegung und Diät) auf die Manifestation bzw. den Verlauf von DM2 konnten in vielen Studien gezeigt werden. Wichtig ist dabei eine Gewichtsreduktion von mind. 5 %. Für ausgewählte Patient:innen könnte zum Erreichen dieses Ziels nach ärztlicher Rücksprache auch eine Unterstützung mit Antiadiposita sinnvoll sein (nicht evidenzbasiert): Erhältlich ist der Lipase-Hemmer Orlistat, die zentral wirksame Fixkombination Naltrexon und Bupropion sowie der GLP-1-Rezeptor-Agonist Liraglutid (Dosierung Adipositas: bis 3 mg/d). Mit Semaglutid läuft derzeit die SELECT-Studie („Semaglutide Effects on Heart Disease and Stroke in Patients With Overweight or Obesity“), die auch kardiovaskuläre Endpunkte untersucht, sie soll im Laufe d. J. abgeschlossen sein. Die bariatrische Chirurgie ist gegebenenfalls bei Patient:innen mit einem BMI > 40 kg/m2 bzw. bei Patient:innen mit DM2 > 35 kg/m2 indiziert, sie kann eine Reduktion des Ausgangsgewichtes bis zu 40 % erreichen. Im Hinblick auf Adipositas ist eine Überprüfung auf gewichtssteigernde Begleittherapien sinnvoll: In Frage kommen etwa viele Psychopharmaka, Steroidhormone und β-Blocker. Hinsichtlich der Antidiabetika sollten gewichtsneutrale bzw. gewichtsreduzierende Substanzen bevorzugt zum Einsatz kommen. Als gewichtsneutral gelten Metformin, DPP-4-Hemmer (Glip­tine) und α-Glukosidase-Hemmer. Als gewichtsreduzierend gelten SGLT2-Hemmer (Gliflozine) und GLP-1-Rezeptor-Agonisten (Glutide).