Die ersten Schritte setzen

Erinnern Sie sich noch an die Anfangszeiten des Mobilfunk-Booms? Nahezu jeder Anbieter hatte damals nur eines im Sinn: Neue Kund:innen gewinnen! Sogenannte Bestandskund:innen, also Kund:innen, die bereits einen Vertrag mit dem Mobilfunk-Unternehmen hatten, wurden links liegen gelassen.
Um die musste man nicht mehr werben, die waren ja schon da. Wichtiger war die Akquisition von neuen Kund:innen. Diese wurden mit allerlei Aktionen, Rabatten und sonstigen Gimmicks umworben, um zum jeweiligen werbetreibenden Anbieter zu wechseln.

Eigentlich ein ziemlicher Unsinn, wie zahlreiche Marketingexpert:innen bestätigen. Doch im Kampf um Marktanteile hatte die Vernunft keinen Platz. Wachstum um jeden Preis war die Devise. Dass man mit dem beinharten Kampf um neue Kund:innen bereits bestehende Kund:innen geradezu dazu gezwungen hat, sich nach Ablauf der üblichen Bindungsfrist an einen neuen Anbieter zu wenden, ist vielen Anbietern erst nach einiger Zeit aufgefallen. Als der Markt nahezu gesättigt war – sprich, so ziemlich jede:r Österreicher:in zumindest ein, wenn nicht sogar zwei Handys sein oder ihr Eigen nannte bzw. über entsprechende Verträge verfügte –, besannen sich die Mobilfunk-Anbieter eines Besseren. Plötzlich waren die bestehenden Kund:innen jene Gruppe, um deren Gunst mit Rabattprogrammen, Gewinnspielen und, und, und geworben wurde. Vielen wurde plötzlich klar, was im Marketing schon lange als geflügeltes Wort gilt: „Neukund:innen kosten Geld, bestehende Kund:innen bringen welches.“

Kundenbindung

Eine Aussage, die längst auch durch empirische Studien untermauert ist. Laut manchen Studien muss man fünfmal so viel Geld ­investieren, um eine:n neue:n Kund:in zu gewinnen, als es kosten würde, eine:n bestehende:n Kund:in zu halten. Noch höher ist allerdings der Aufwand, eine:n verlorene:n Kund:in zurückzugewinnen.

Geschickt eingesetzte Kundenbindungs­programme können aber nicht nur von den Konzernen dieser Welt genutzt werden,sie können auch für kleinere, regional agierende Unternehmen von hohem Nutzen sein. Das gilt auch für Apotheken, wenngleich ihre diesbezüglichen Möglichkeiten im ­Zusammenhang mit den gesetzlichen ­Vorschriften bzw. den entsprechenden ­Werberichtlinien der Apothekerkammer etwas eingeschränkt sind.

Gründe für ein eigenes Kundenbindungsprogramm gibt es einige, im Folgenden finden Sie drei der wohl wichtigsten:

  • Steigerung des Umsatzes: Zufriedene und loyale Kund:innen neigen dazu, mehr zu kaufen und häufiger zurückzukehren. Das gilt eher nicht für Arzneimittel, aber doch für zahlreiche Zusatzprodukte wie Nahrungsergänzungsmittel oder Kosmetika usw.
  • Kostenersparnis: Es ist – wie erwähnt – kostengünstiger, bestehende Kund:innen zu halten als neue zu gewinnen.
  • Mundpropaganda: Zufriedene Kund:innen neigen dazu, ein Unternehmen bzw. dessen Produkte und Dienstleistungen an Freund:innen, Bekannte und Familie weiterzuempfehlen, was letztlich zu neuen Kund:innen führt.

Mundpropaganda – das wichtigste „Werbemittel“

Trotz der „schönen neuen digitalen Welt“ sollte man den Faktor Mundpropaganda keinesfalls unterschätzen. Ja, selbst in der digitalen Welt spielt diese Werbeform eine immer größere Rolle. Wie sonst ließe sich die ständig wachsende Zahl an sogenannten „Influencern“ erklären, die auf TikTok, Instagram, Facebook und Co ihre „Follower“ mit mehr oder weniger guten Tipps und angeblich unschlagbaren Produkten überschwemmen und dafür von Unternehmen Geld kassieren. Viele hauptberufliche Influencer vermarkten ihre Follower heute bereits gezielt über spezialisierte Agenturen als klar abgegrenzte und bezifferbare Zielgruppen. Die virale bezahlte „Mundpropaganda“ von Influencern mag verlockend sein, sie wird in der realen Welt – in der sich die meisten Apotheken nun einmal bewegen – eher nicht zu den wichtigsten Werbemitteln zählen. Wie wichtig Mundpropaganda im Marketing tatsächlich ist, zeigen Untersuchungen des Werbe­marktforschungsunternehmens Nielsen. Demnach sind in allen Altersgruppen weltweit ­„Empfehlungen von Leuten, die ich kenne“ am höchsten angesehen: Bei einer Umfrage vor einigen Jahren hörten in Lateinamerika 88 % der Befragten auf Bekannte, in Nord­amerika waren es 82 %. Im etwas skeptischeren Europa waren es immer noch 78 %.

Kontaktadressen der Kund:innen sammeln

So weit, so gut – doch zurück zum eigentlichen Thema der Kundenbindung. Wer sich mit dem Thema „Kundenbindung für eine Apotheke“ beschäftigt, gelangt ziemlich rasch an den Punkt, an dem er/sie sich fragen muss: Wie komme ich überhaupt an die Namen und Adressen bzw. auch E-Mail-Adressen meiner Kund:innen oder von Interessierten?

Dafür gibt es gleich mehrere Möglichkeiten. Starten wir zuerst mit jenen, die sich direkt in der Apotheke durchführen lassen:

  • Aufstellen einer Box, in die Kund:innen ihre Visitenkarten einwerfen können. Am besten kombiniert man das mit kleinen Give-aways (z. B. Produktproben von Kosmetikartikeln), welche die Kund:innen im Austausch für ihre Visitenkarten mitnehmen können. Im direkten Kundenkontakt sollte man die Kund:innen zusätzlich motivieren, ihre Visitenkarten zu hinterlassen, da sie dann in regelmäßigen Abständen per E-Mail über Gesundheitstipps, Aktionen der Apotheke und – wenn geplant – Gewinnspiele informiert werden.
  • Durchführung von kleinen Gewinnspielen: Man muss nicht unbedingt Psychologie studiert haben, um zu wissen, dass ­Menschen ein Glücksgefühl empfinden, wenn sie etwas gewinnen. Dabei ist es ziemlich egal, wie groß der Gewinn tatsächlich ist. Selbst über kleine Gewinne freuen sich Menschen. Wenn der Aufwand zur Teilnahme nicht allzu groß ist, sind Menschen gerne bereit, ihren Namen und ihre E-Mail-Adresse herzugeben. Dafür reicht eine simple vorgedruckte Karte, auf der die wichtigsten Daten eingetragen werden sollen.
  • Eine andere – deutlich aufwändigere – Methode besteht in der Durchführung von Umfragen und der Bereitstellung von Feedback-Formularen, bei der die Kund:innen ihre Kontaktdaten hinterlassen können, um z. B. das Ergebnis der Umfrage zu erfahren. Besonders bei Umfragen ist allerdings darauf zu achten, dass die Kontaktdaten nicht unmittelbar am Fragebogen eingetragen werden müssen, sondern getrennt davon hinterlassen werden können.
  • Angebot von Mitgliedschafts- oder Treueprogrammen, im Rahmen derer Kund:innen besondere Vorteile erhalten. Dazu könnte man auch Kundenkarten aushändigen, deren Druck kein Vermögen kostet. Manche Online-Druckereien berechnen für den Druck von 1.000 Kundenkarten gerade einmal 200 bis 300 Euro. Aus Umweltschutzgründen muss man ja nicht unbedingt Plastikkarten drucken, man kann auch welche aus Karton verwenden. Sind sie abgenutzt, werden sie einfach ausgetauscht. Vorteil dabei: Sollten sich die Kontaktdaten des/der Kund:in geändert haben, können diese mit dem Aushändigen einer neuen Karte gleich geändert werden.
  • Last, but not least sollten Sie auch im Internet auf Ihrer Website eine Möglichkeit schaffen, dass Kund:innen ihre Kontaktdaten hinterlassen können.

Das sind die ersten Schritte zur erfolgreichen Etablierung eines Kundenbindungsprogrammes. Wie es weitergeht und welche Maßnahmen im Rahmen eines Kundenbindungsprogrammes Erfolg versprechen, lesen Sie im 2. Teil.