Menschen wollen ernst genommen werden

Welche Dos and Don’ts gibt es in der Kommunikation mit Kund:innen? Worauf sollte man besonders achten?
Eines vorweg: Egal in welcher Branche oder in welchem Unternehmen man tätig ist, die Grundsätze einer guten Kommunikation oder eines guten Verkaufsgespräches sind im Wesentlichen immer die gleichen. Menschen wollen vor allem ernst genommen werden. Sie wollen nicht wie eine Nummer behandelt werden, die man rasch abfertigt, um sich dem/der nächsten Kund:in zuzuwenden. Menschen wollen, dass man sie versteht. Vor allem wenn es – wie in einer Apotheke – um das Thema Gesundheit geht, die ja für uns alle etwas ganz grundlegend Wichtiges ist.
Dazu kommt, dass wir alle ein gutes Service oder eine gute Beratung als etwas Selbstverständliches voraussetzen. Ist dem nicht der Fall, prägt sich das weit stärker ein, als wenn wir tatsächlich ein gutes Service erhalten. Was nun den Verkauf betrifft, muss man wissen, dass Entscheidungen ganz selten auf einer rationalen Ebene getroffen werden, deshalb ist die emotionale Ebene auch so wichtig – vor allem im Gesundheitsbereich.

Wenn wir an den Alltag in einer Apotheke denken, welche Möglichkeiten gibt es da aus Ihrer Sicht, um Kund:innen zufriedenzustellen?
In Vorbereitung auf unser Gespräch habe ich mir ein paar internationale Studien zum Thema „Kundenzufriedenheit in Apotheken“ angesehen. Dabei ist u. a. herausgekommen, dass in puncto Zufriedenheit die Wartezeit ein wichtiger Faktor ist. Ebenso wichtig ist aber auch die Einstellung des/der Apotheken-Mitarbeiter:in mir als Kund:in gegenüber. Soll heißen: Wie geht er/sie in das Gespräch mit mir als Kund:in? Da reden wir dann über Themen wie Körpersprache, Mimik, Gestik und – besonders wichtig – Blickkontakt. Als Kund:in finde ich intuitiv ganz schnell heraus, ob mein Gegenüber auf mich fokussiert ist oder ob er/sie mich rasch wieder loswerden will, weil hinter mir schon andere warten. Solche – oft ganz einfachen – Dinge machen den Unterschied zwischen gutem und schlechtem Service aus.

Inwiefern spielt die Wartezeit eine Rolle?
Nehmen wir als Beispiel jemanden, der/die nur schnell etwas aus der Apotheke braucht, weil sein/ihr Kind krank ist oder einen Husten hat, oder der/die für sich selbst etwas braucht. Wohl die meisten Menschen, die eine Apotheke betreten, haben nicht die Absicht, dort mehr Zeit als unbedingt nötig zu verbringen. Selbst wenn es um das wichtige Thema Gesundheit geht.
Wenn man doch warten muss, sind die Reaktionen ganz unterschiedlich. Da gibt es die einen, die sich sagen: „Das ist halt so“, während andere schon nach einer Minute ungeduldig werden und damit beginnen, mit sich selbst zu sprechen. Da können dann Worte fallen wie: „Das ist ein Wahnsinn, wie lange dauert das noch, wie lange braucht denn der/die noch“, usw.

Das nehmen Mitarbeiter:innen natürlich wahr, und das übt dann auch Druck aus, wenn er/sie sich gerade mit einem/einer anderen Kund:in beschäftigt. Dieser Druck wiederum wirkt sich in weiterer Folge auf die Kommunikation aus, sprich Aktion – Reaktion. Der Druck kann dann zu Stress führen, von dem ich glaube, dass ihn Mitarbeiter:innen in einer Apotheke wahrscheinlich jeden Tag verspüren. Mit dieser offensichtlichen Diskrepanz zwischen der Wichtigkeit des Gesundheitsthemas für den Einzelnen und der Ungeduld mancher muss man umzugehen lernen. Das gelingt leichter, wenn man sich dieser Diskrepanz bewusst ist. In einer solchen Situation sollten Apothekenmitarbeiter:innen am besten versuchen, das Gespräch – höflich und freundlich – in eine gewisse Bahn zu lenken, um ein Abschweifen in eine Plauderei zu verhindern.

Wenn dann der/die ungeduldige Kund:in an der Reihe ist, ist dem/der Mitarbeiter:in von Anfang an klar, dass dieses Gespräch nicht ganz einfach beginnen wird. Da gilt es, Ruhe zu bewahren. Das ist sicher ein Balanceakt, der im Alltag durchaus anstrengend sein kann. Wichtig ist es, sich vor Augen zu halten, dass es am Ende aber immer unsere Entscheidung ist, wie wir anderen Menschen gegenübertreten. Das ist sicher nicht immer ganz einfach, speziell, wenn Emotionen im Spiel sind. Am Ende zahlt es sich aber immer aus.

Wie wichtig ist es, eine Beziehung zum/zur Kund:in aufzubauen?
Der Beziehungsaufbau ist ein wichtiger ­Bestandteil in jedem Gespräch. Aber bei Apotheken kommt ein weiterer ganz wesentlicher Faktor dazu, der über die Kommunikationsebene hinausgeht. Das ist das Vertrauen. Die Gesundheit ist, wie bereits erwähnt, etwas ganz Essenzielles für uns, es geht ja um mich, meinen Körper, mein Wohlbefinden. Da stellt sich dann rasch die Frage: Wie viel Vertrauen habe ich in die Information, die ich bekomme? Was dieses Vertrauen betrifft, gibt es – laut den Studien – ganz offensichtlich Unterschiede zwischen Patient:innen, die chronisch krank sind, also Menschen, die sich in regelmäßigen Abständen ein verschreibungspflichtiges Medikament holen, und solchen, die einmal schnell etwas gegen einen grippalen Infekt oder eine Erkältung brauchen.

Laut einer der Studien spielen Bildung und sozialer Hintergrund keine oder eine nur untergeordnete Rolle, das Alter hingegen schon. Bei jüngeren und gesunden Kund:innen hat das Vertrauen oft nicht den gleichen Stellenwert wie bei älteren Menschen, bei denen die Gesundheit mehr in den Mittelpunkt rückt.Chronisch Kranke werden die Informationen, die ihnen der/die Apotheker:in gibt, oft mit jenen abgleichen, die sie von ihrem/ihrer Ärzt:in erhalten haben. Bei ihnen wird es schwieriger sein, das notwendige Vertrauen herzustellen, als bei einem Menschen, der grundsätzlich gesund ist und jetzt gerade für ein paar Tage etwas braucht.Um dieses Vertrauen herzustellen, muss man den Menschen zuhören, man muss sie und ihren Zustand ernst nehmen. Das wird zwar in den vielen Fällen nicht explizit ausgesprochen, ist aber das, was die Leute antreibt.

Das heißt, das Zuhören ist ein ganz wichtiger Faktor?
Ja, das Zuhören ist ein wesentlicher Faktor. Dazu passt ganz gut der Satz des US-amerikanischen Autors Stephen R. Covey, der meinte: „Die meisten Menschen hören zu, um zu antworten, sie hören nicht zu, um zu verstehen.“Das Interessante dabei ist, dass wir zwar immer erwarten, dass wir verstanden werden – selbst aber nicht immer dazu bereit sind, das auch zu geben. Wer sich dieses Umstandes bewusst ist, wird in einem Gespräch ganz anders agieren und stärker auf sein Gegenüber bzw. dessen Bedürfnisse eingehen.

 

In der nächsten Ausgabe finden Sie den zweiten Teil des Interviews.

Darin geht es um Tipps zum Gespräch mit Kund:innen, darum, wie wichtig die Kenntnis der Produkte ist, und um den Umgang mit schwierigen Patient:innen. „Die meisten Menschen hören zu, um zu antworten, sie hören nicht zu, um zu verstehen.“