Da sich das Immunsystem altersbedingt verändert, wird gerade für diese Altersgruppe das Thema „Impfungen“ besonders relevant. Ab 50 Jahren erhöht sich die Infektanfälligkeit und die infektionsbedingte Morbidität und Mortalität nehmen zu. Mit entsprechenden Impfungen kann dieser Entwicklung entgegengewirkt und ein Schutz vor schweren, lebensbedrohlichen Infektionen gewährleistet werden. Aktuelle epidemiologische Entwicklungen, neue wissenschaftliche Daten und speziell für diesen Altersbereich zugelassene Impfstoffe machen diese Altersgruppe zusätzlich als Zielgruppe besonders interessant und haben auch zu entsprechenden Anpassungen der aktuellen Impfempfehlungen im Österreichischen Impfplan 2013 geführt.
„Im Durchschnitt erkrankt nahezu jeden Tag eine Person in Österreich an einer schweren invasiven Pneumokokken-Infektion. Pneumokokken verursachen bei Säuglingen und Kleinkindern schwere invasive Erkrankungen, wie Sepsis und Meningitis, aber auch Lungenentzündung und häufig Mittelohrentzündung. Von den österreichischen Kindern, die zwischen 2001 und 2008 eine Pneumokokkenmeningitis entwickelt haben, sind neun Prozent gestorben und 28 % hatten nach sechs Monaten bleibende neurologische Spätschäden“, so Prim. Univ.-Prof. Dr. Karl Zwiauer, Leiter der Kinder- & Jugendabteilung am Landesklinikum St. Pölten, und Initiator des NÖ Impftages. „Bei älteren Menschen verursachen Pneumokokkeninfektionen schwer wiegende Atemwegserkrankungen. Die Besiedlung des Nasen-Rachen-Raumes von Senioren erfolgt vor allem durch direkten Kontakt mit Kindern und durch Kontakt mit Personen mit Kindern. Sie werden dadurch gefährdet, eine Pneumokokkenerkrankung zu entwickeln und erliegen ihnen leider auch häufig.“
Der Verlauf von schweren Pneumokokken-Infektionen kann dramatisch und innerhalb weniger Stunden lebensbedrohlich sein. Trotzdem wird die Gefahr einer Pneumokokken-Infektion häufig unterschätzt. Neben Säuglingen und Kleinkindern haben vor allem Erwachsene ab 50 Jahren ein erhöhtes Erkrankungsrisiko. „Die Impfung gegen schwere Pneumokokkenerkrankungen mit einem Konjugatimpfstoff für Säuglinge und Kleinkinder ist seit dem vergangenen Jahr im österreichischen Impfkonzept als Gratisimpfung enthalten. Seit Kurzem gibt es auch für Erwachsene einen modernen Konjugatimpfstoff (PNC13). Für alle Personen ab dem 51. Lebensjahr wird diese Impfung gegen schwere, so genannte invasive Pneumokokkenerkrankungen empfohlen, die einen Schutz für etwa dreieinhalb Jahre bietet“, so Zwiauer weiter.
Doz. Dr. Pamela Rendi-Wagner, Leiterin der Sektion III, Öffentliche Gesundheit und Medizinische Angelegenheiten im Bundesministerium für Gesundheit, ergänzt: „Krankheiten, die nur von Mensch zu Mensch übertragen werden, wie beispielsweise Masern, können bei einer anhaltend hohen Durchimpfungsrate eliminiert werden. Die derzeitige epidemiologische Situation in Österreich erfordert vor allem Anstrengungen zur Reduktion des Erkrankungsrisikos an Keuchhusten, Masern und Mumps.“
Die Gründe für die niedrige Durchimpfungsrate liegen für den Präsidenten der Apothekerkammer NÖ, Mag. pharm. Heinz Haberfeld, in der Verunsicherung der Bevölkerung, den Informationslücken und den Vorurteilen gegenüber Schutzimpfungen: „Wir Apotheker sehen es daher als unsere Aufgabe, das Impfbewusstsein der Bevölkerung zu stärken. Aus diesem Grund rufen wir auch gemeinsam mit dem Bundesministerium für Gesundheit, der Industrie und den Sozialversicherungen Jahr für Jahr zahlreiche Impfaktionen ins Leben – wie z. B. die Pneumokokken-Impfaktion für Senioren oder die Influenza-Impfaktion. Die fundierte und seriöse Information und Beratung an der Tara tragen ebenso zur Schaffung des Impfbewusstseins unserer Patienten bei.“ Beratung in der Apotheke nimmt speziell für Senioren einen wesentlichen Stellenwert ein. Sie nehmen laufend Beratungsleistungen in der Apotheke in Anspruch, sodass sie für viele Senioren eine wichtige „soziale“ Anlaufstelle geworden ist. „Viele Senioren müssen mehrere Medikamente gleichzeitig einnehmen – eine Beratung über die richtige Einnahme und Wechselwirkungen ist daher im Alter von großer Bedeutung“, so Haberfeld aus seiner Erfahrung.
Auch beim Gesundheitspersonal sind die Durchimpfungsraten verbesserungswürdig. Doch geht das Problem bei dieser Zielgruppe über persönliche Interessen hinaus, da hier vor allem auch der Schutz der betreuten Patienten zu bedenken ist. „Grundsätzlich gelten für das Gesundheitspersonal die gleichen Basis-Impfempfehlungen wie für alle anderen Erwachsenen“, meint Dr. Irmgard Lechner, Sanitätsdirektorin des Landes Niederösterreich. „Diese umfassen zunächst den routinemäßigen Schutz vor Diphtherie, Tetanus, Pertussis, Polio, Masern, Mumps, Röteln und Varizellen. Zusätzlich gibt es aber gerade für diese Zielgruppe eine Erweiterung der Empfehlungen, nämlich der Schutz vor Hepatitis A und B sowie die jährliche Influenzaimpfung. Ein zusätzlicher Schutz vor Meningokokken wird außerdem an Versorgungseinrichtungen für Pädiatrie und Infektionskrankheiten und für das Laborpersonal empfohlen.“
Ist der Impfstatus bekannt, und ergibt die Evaluierung, dass durch eine Impfung ein Schutz der Beschäftigten erreicht werden kann und die Impfrisiken minimal sind, sind die Arbeitgeber verpflichtet, diese Impfungen anzubieten und die Kosten dafür zu tragen.
„Hinsichtlich Influenza, welche durch die fast jedes Jahr auch in Österreich auftretende Epidemie bis zu 1.000 Todesfälle verursacht, ist es ebenfalls notwendig, die Durchimpfungsrate deutlich zu erhöhen“, meint Rendi-Wagner und betont den Schutz vor dieser schweren Erkrankung durch die Impfung.
Wesentliche Neuerungen und Änderungen im Impfplan 2013