Medikationsmanagement: Die Sicht der Ärzte

Apotheker Krone: Was versteht die Ärzteschaft unter dem Begriff Medikationsmanagement bzw. welche Aufgaben umfasst es?

Prof. Szekeres: „Der Begriff Medikationsmanagement ist in der Ärzteschaft nicht sehr gebräuchlich. Grundsätzlich umfasst er eine der grundlegenden Tätigkeiten der Ärzteschaft, die man ebenso als Diagnose, Therapievorschlag und Verordnung bezeichnen könnte. Je mehr Medikamente ein Patient einnehmen muss, umso komplexer wird diese Tätigkeit. Die Besprechung, Strukturierung und Optimierung von Medikationen sind komplexe medizinische Tätigkeiten, die von Ärztinnen und Ärzten ausgeführt werden sollten.“

Wie soll Collaborative Care aus Ihrer Sicht aussehen?

„Die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Professionen im Gesundheitssektor ist ein sehr wichtiger Faktor für eine optimale Versorgung der Patienten. Dabei ist es von großer Bedeutung, dass einzelne Akteure gut zusammen­arbeiten. Im Bereich der Medikation verlassen sich die Patienten darauf, dass die Therapiehoheit beim Arzt liegt. Es ist daher problematisch, wenn der Patient ohne Rücksprache mit dem behandelnden Arzt ein anderes Medikament oder eine andere Dosierung in der Apotheke erhält.“

Wie beurteilen Sie die Entwicklungen von Collaborative Care um Österreich herum, z. B. in Deutschland oder Großbritannien, wo die Patientenservices von Ärzten und Apothekern hinsichtlich Medikationsmanagement zusehends verschmelzen?

Es ist fraglich, ob diese Entwicklung positive Auswirkungen für Patientinnen und Patienten haben wird. Eine gute Zusammenarbeit zwischen Apothekern, Ärzten und anderen Gesundheitsprofessionen ist sehr wichtig, dennoch halte ich es für wichtig, dass es nach wie vor eine klare Trennung der Aufgaben von Apothekern und Ärzten gibt. So können beispielsweise Entscheidungen über die Dosierung von Medikamenten und eine Anpassung an die Nieren- und Leberfunktion nur von Ärztinnen und Ärzten getroffen werden.

Welchen Nutzen bringt Medikationsmanagement für den Berufsstand, den Patienten und die Kostenträger?

„Es ist mehr als fraglich, ob sich durch umfassendes Medikationsmanagement in den Apotheken Spitalsaufenthalte und Gesundheitskosten reduzieren lassen. Grundsätzlich gilt natürlich: Je besser ein Patient versteht, wie einzelne Medikamente wirken und warum es wichtig ist, diese einzunehmen, umso höher ist auch die Therapietreue und somit der Therapieerfolg. Es ist daher sehr wichtig, dass die Patienten ihren Hausarzt als Vertrauensarzt über alle Medikamente und auch OTC-Produkte, die eingenommen werden, informieren. Spitäler verordnen sehr oft andere Medikamente als niedergelassene Ärzte, daher gibt es hier einen Bedarf an besserer Koordination zwischen Apotheken, Spitälern und dem niedergelassenen Bereich.“

Welche Patienten profitieren am meisten, und warum genau in diesen Indikationen?

„Chronisch kranke und multimorbide Patienten brauchen besonders viele Medikamente. Bei diesen Patienten wechselt die Medikation außerdem auch häufig. Sie können daher auch am meisten von einer ausführlichen Besprechung und Optimierung der Medikamentenabgabe profitieren.“

Nach welchen Kriterien soll Medikationsmanagement stattfinden, und wie soll es in der Praxis am besten ablaufen?

„Besprechung, Strukturierung und Optimierung von Medikationen sollen von Ärzten durchgeführt werden, denn die Verantwortung der Verschreibung von Medikamenten sowie deren Dosierung liegt in jeder Beziehung immer nur bei den Ärzten.“

Sollen diese Leistungen künftig von den Kassen honoriert werden?

„Selbstverständlich sollte diese Leistung von den Krankenkassen honoriert werden. Ein ausführliches Gespräch mit dem Patienten und eine gut durchdachte Planung der Medikation nimmt viel Zeit in Anspruch. Durch die zunehmende Verwendung von Generika, die von den Krankenkassen auch immer mehr gefordert wird, wird die Medikation für die Patienten immer unübersichtlicher, und es braucht für die Besprechung und Strukturierung der Medikation mehr Zeit. Aus diesem Grund ist auch eine entsprechende Abgeltung erforderlich. In anderen Bundesländern, wie zum Beispiel in Salzburg beziehungsweise bundesweit auch bei der SVA, gibt es bereits eine Honorierung für ein Heilmittelberatungsgespräch.“