„Neue Aufgaben für Apotheker“

Apotheker Krone: In den vergangenen Wochen ist viel diskutiert worden über die Rolle der Apotheker im Gesundheitswesen und den Kostendruck im System. Die selbstständigen Apotheker und der VAAÖ haben jeweils eine neue Spitze gewählt. Wo sehen Sie die Herausforderungen?

Raimund Podroschko: Wichtig ist im ersten Schritt sicherlich die Zusammenarbeit im Apothekerhaus zwischen Angestellten und Selbstständigen. Hier gibt es noch immer Lücken. Wir sollten alle an einem Strang und in die gleiche Richtung ziehen.

Was heißt das genau?

Wir sollten unsere Schwerpunkte, gerade im Hinblick auf politische Reformgespräche, besser abstimmen und planen. Die Angestellten könnten da noch viel mehr als bisher ihre Kontakte im Gesundheitswesen einbringen. Man kann uns ja nicht vorwerfen, gewinnmaximierend zu denken. Wir haben auch gute Kontakte etwa zur Gewerkschaft und tun uns da in manchen Bereichen im Gesundheitswesen vielleicht auch leichter.

Die wirtschaftliche Situation der Apotheken hat zuletzt auch dazu geführt, dass es eine steigende Zahl an job­suchenden Pharmazeuten gibt. Wie könnte man hier gegensteuern?

Man muss sich die Zahlen und die Ursachen hier genau ansehen: Wir haben eine leicht steigende Beschäftigung in den Apotheken, aber gleichzeitig auch mehr Arbeitslose. Das liegt zum einen daran, dass die Universitäten mehr Studienabgänger produzieren. Wir haben zum anderen nicht einmal genug Aspirantenstellen, obwohl jetzt ermöglicht wurde, dass teilweise auch zwei Aspiranten parallel genommen werden können. Haben wir dann tatsächlich fertige Apotheker, ist die Frage, wo die Stellen dafür sind. Hier müssen wir uns mit den Universitäten besser abstimmen und das koordinieren. Es braucht aber auch mehr Stellen.

Wie soll das gehen? Die Krankenkassen wollen eher bei den Spannen kürzen?

Der Verband der angestellten Apotheker hat in diesem wichtigen Punkt ein Konzept entwickelt, das wir „Apotheker 2030“ nennen. Ziel ist hier die Stärkung der Rolle des Apothekers im Gesundheitswesen. Dazu möchten wir neue Dienstleistungen anbieten, für die Apothekerinnen und Apotheker ausgebildet werden und für die die Krankenversicherung auch bereit ist, mehr zu bezahlen, weil wir damit das System billiger machen.

Das klingt nach Ausbau des Medikationsmanagements, das die Krankenkassen aber ablehnen …

Wir sehen das so, dass viele Länder ähnliche Probleme haben mit der ärztlichen Versorgung und dem Nachwuchsmangel in der Allgemeinmedizin. Viele Staaten reagieren darauf, indem Leistungen zu Apotheken ausgelagert werden. Warum soll das nicht auch in Österreich der Fall sein?

Also Impfungen in Apotheken?

Es gibt viele Ideen. Bei den Impfungen ist das in anderen Ländern so, dass überall dort, wo das umgesetzt wird, parallel der OTC-Markt geöffnet wird. Das ist eine Entwicklung, die ich nicht haben möchte, weil es kein guter Deal ist. Es geht uns darum, dass die Apotheker nach dem Studium dahingehend weiter ausgebildet werden, dass sie mehr Aufgaben in der Primärversorgung übernehmen können. Etwa indem wir Medikationsmanagement in Pflege- und Altenheimen machen, aber auch indem wir Kran­kenkassen beraten und Aufgaben in den geplanten Primärversorgungszentren übernehmen; aber so, dass unsere Leute aus den Apotheken für diese Aufgaben entsandt werden und die Apotheke dafür bezahlt wird. Man könnte auch einen Amtstag einführen, wo Menschen kommen und sich bei der Medikation beraten lassen können. Das würde idealerweise die Rolle der Apotheken auch in der öffentlichen Wahrnehmung stärken und auch zu mehr Beschäftigung in den Apotheken führen. Die Apotheker könnten hier auch eine Triage übernehmen und so helfen, lange Wartezeiten zu reduzieren.

Sie sprachen von zusätzlichen Ausbildungen. Wie soll das gehen?

Wir möchten ein dreistufiges Ausbildungssystem an das Studium dranhängen. Den Sockel sollte idealerweise ein vertieftes Medikationsmanagement bieten. Das sollten so viele Leute wie möglich machen. Dann braucht es Spezialisierungen und berufsbegleitend etwa eine Ausbildung für einen Experten für klinische Pharmazie und dann eine Spezialisierung etwa für Herz und Kreislauf oder Geriatrie. Zusätzlich sollte man Ausbildungen erhalten in den Bereichen Pharmaökonomie, Public Health, Pricing und Reimbursement und etwas Schnittstellenmanagement.

Gibt es hier bereits Konsens mit den selbstständigen Apothekern?

Dort wurde jetzt gerade eine neue Führung gewählt, die ihr Amt offiziell mit Jahresbeginn antritt. Es gibt schon erste Kontakte, aber intensiv werden wir uns dann im kommenden Jahr zusammensetzen.

Wie sehr spielt da eine Rolle, dass im kommenden Jahr Kammerwahlen anstehen? Wo liegt hier die Präferenz des VAAÖ?

Wichtig ist mir eine gute Vertrauensbasis. Man muss nicht einer Meinung sein, aber man sollte sich ehrlich und auf Augenhöhe begegnen. Wir sollten gemeinsam den Fokus auf die wichtigen Dinge legen wie eine Sicherung der finanziellen Basis der Apotheken. Ich denke, es braucht einfach einen Sockel. Wenn die Frage aber nach den Wahlen selbst gestellt ist, so kann ich sagen, dass wir das Ziel haben, dass der Präsident von der Seite der angestellten Apotheker kommt. Es kann ja einfach nicht sein, dass man sagt, dass der Kammerpräsident zwingend ein Selbstständiger sein muss. Immerhin sind wir dreimal so viele Personen. Wir wollen jedenfalls bei den Wahlen stark genug werden, damit wir die Wahl beeinflussen können.

Bevor wir jetzt in den Wahlkampf einsteigen – was muss ein optimaler Präsident Ihrer Ansicht nach können?

Es muss eine qualifizierte Person sein – egal ob angestellt oder selbstständig. Die Person sollte für alle Seiten offen sein und auch alle nach außen gut vertreten.