Phytotherapie bei Erkältungshusten

Husten, auch wenn er für den/die Betroffene:n äußerst unangenehm sein mag, ist im eigentlichen Sinn ein Reflex, der die Atemwege von Fremdkörpern, Schleim und Feinstaub befreien soll. Bei einem Hustenstoß wird Atemluft mit mehr als 400 km/h aus der Lunge gepresst. Husten ist allerdings keine Erkrankung, sondern ein Symptom und tritt am häufigsten im Zuge von Erkältungskrankheiten auf. Man unterscheidet je nach Dauer des Hustens zwischen akutem und chronischem Husten. Die akute Form dauert maximal 3 Wochen, die subakute bis hin zu 8 Wochen und klingt bei Personen mit gutem Allgemeinzustand im Normalfall spontan wieder ab. Akuter Husten tritt üblicherweise im Zuge von Atemwegsinfektionen wie Erkältungen, Lungenentzündungen, allergischen Reaktionen etc. auf. Chronischer Husten kann vielfältige Ursachen haben, die von Asthma und COPD über Tuberkulose und Karzinome bis hin zu Reflux­erkrankungen und psychosomatischen Auslösern reichen. Neben der Hustendauer kann Husten auch nach anderen Kriterien eingeteilt werden, wie zum Beispiel nach der Ursache (organisch, psychisch etc.), nach der Schleimbildung (produktiv, unproduktiv) oder nach dem Klang ­(metallisch, pfeifend, lautlos etc.). Die Therapie richtet sich in erster Linie nach der zugrunde liegenden Erkrankung, wobei die überwiegende Zahl der Wirkstoffe dem rezeptfreien Bereich zuzuordnen ist. Die aktuelle S3-Leitlinie „Akuter und chronischer Husten“ unterteilt die medikamentöse Therapie in die Anwendung von Antitussiva und Expektoranzien.

Synthetische Antitussiva

Zu den synthetischen Antitussiva zählen Codein und Dihydrocodein, die im Körper in das wirksame Morphin metabolisiert werden, das an die Opioidrezeptoren im Gehirn bindet. Studien zufolge geht die Wirkung nicht über die eines Placebos hinaus, wodurch die Anwendung, aufgrund des Suchtpotenzials und der unvorhersehbaren Metabolisierungsrate des Codeins, zu hinterfragen ist. Selbiges gilt auch für Dextromethorphan, wobei hier zusätzlich die Gefahr des Missbrauchs aufgrund der halluzinogenen Wirkung in hohen Dosen besteht. Im Bereich der synthetischen Expektoranzien nennt die Leitlinie Ambroxol, das aus Bromhexin metabolisiert wird, Acetylcystein sowie Guaifenesin. Auch hier rät die Leitlinie von einer Anwendung bei akutem Husten aufgrund der schwachen Evidenz für deren Wirksamkeit ab.

Pflanzliche Wirkstoffe

Neben synthetischen Arzneistoffen haben pflanzliche Wirkstoffe zur Anwendung bei Husten eine lange Tradition. So wie zum Beispiel das Katzenpfötchen (Antennaria dioica), das Schleimstoffe, Gerbstoffe, ­Flavonoide und Bitterstoffe enthält und Bestandteil des „Vier-Kräuter-Tees“ war. Entgegen seinem Namen beinhaltet die Teemischung mittlerweile 7 statt der ursprünglichen 4 Teedrogen: Eibisch, Malve, Mohn, Königskerze, Huflattich, Veilchen und Katzenpfötchen. In unseren Breiten ist das Katzenpfötchen allerdings äußerst selten und geschützt. Viele weitere Heilpflanzen zur Therapie des Hustens wurden bereits im „Macer floridus“ (ca. 1065) in Form eines Lehrgedichts aufgelistet. Erwähnt werden hier unter anderem Knoblauch, Brennnessel, Salbei und Lauch.

Pelargonienwurzel. Nur wenig später entwickelte Hildegard von Bingen ihr „Grippepulver“ aus Bertramwurzel, Muskat und Kranichschnabel. Der Letztere hat aber nichts mit Vogelschnäbeln zu tun, sondern es handelt sich vielmehr um eine andere Bezeichnung für Pelargonienwurzel, die auch heute noch bei Atemwegserkrankungen eingesetzt wird. Die Pelargonienwurzel enthält Proanthocyanidine, Phenolsäuren, Hydroxycumarine und Flavonoide. Der ethanolische Extrakt hat antibakterielle, antivirale und immunmodulierende Eigenschaften und wird vorrangig bei akuter Bronchitis, Lungenentzündung, aber natürlich auch bei Erkältungen eingesetzt. Wie bei vielen Phytopharmaka wird die Anwendung für Kinder unter einem Jahr aufgrund der fehlenden Studiendaten nicht empfohlen. Zu den häufigsten Nebenwirkungen zählen leichte Verdauungsbeschwerden, vereinzelt schwaches Zahnfleisch- oder Nasenbluten sowie leichte Hautreaktionen.

Thymian. Neben der Pelargonienwurzel gibt es eine Reihe weiterer sehr erprobter Phytopharmaka, auch mit teilweise durch gute Studienlagen bewiesener Wirkung, die bei Erkältungshusten zur Anwendung kommen. Allen voran steht sicherlich der Thymian (Thymus vulgaris), dessen Hauptinhaltsstoffe die ätherischen Öle Thymol und Carvacrol sind. Weiters sind im Thymiankraut die familienspezifischen Lamiaceen-Gerbstoffe, wie zum Beispiel Rosmarinsäure, enthalten. Thymian wirkt schleimlösend, bronchospasmolytisch, antimikrobiell und schwach antiphlogistisch, wodurch er sich als Therapeutikum besonders bei Erkältungskrankheiten mit Husten eignet. Angewendet wird Thymian als Teedroge, ätherisches Öl in Duftlampen, Raumsprays und Erkältungsbädern sowie in Form von Hustensäften und -tropfen sowie Lutschpastillen.

Efeu. Eine weitere Heilpflanze mit expektorierender und bronchospasmolytischer Wirkung ist der Efeu (Hedera helix). Für seine Wirkung sind in erster Linie die Triterpen­saponine Hederacosid C und das daraus gebildete α-Hederin verantwortlich. Weitere Inhaltsstoffe sind Sterole, Kaffeesäurederi­vate und Flavonoide. Die Saponine wirken einerseits direkt schleimlösend in den Bronchien über die Herabsetzung der Oberflächenspannung des Schleims und ­andererseits indirekt über die Reizung der Magenschleimhaut und einer daraus reflektorisch erhöhten Schleimproduktion. Der daraus vermehrt gebildete Schleim ist allerdings sehr dünnflüssig und kann leichter abtransportiert werden. Weiters soll α-Hederin den Abbau von β-Rezeptoren im Epithel der Alveolen verlangsamen, wodurch über eine gesteigerte cAMP-Freisetzung mehr Surfactant gebildet wird. Dieses senkt die Oberflächenspannung in den Alveolen und somit auch die ­Viskosität des Schleims. Ebenfalls β-rezeptorvermittelt, durch die Entspannung der glatten Bronchialmuskulatur, soll die bronchospasmolytische Wirkung ablaufen. Der genaue Wirkmechanismus ist jedoch noch nicht vollständig entschlüsselt. Aufgrund der reizenden Wirkung der Saponine auf den Gastrointestinaltrakt sollten Efeupräparate nicht bei Gastritis und Ulzera angewendet werden, ebenso kann es bei Überdosierungen zu Übelkeit, Erbrechen und Durchfall kommen. Die Anwendung von standardisierten Efeupräparaten gilt für Kinder ab 2 Jahren aufgrund der Datenlage als sicher, wobei einige Präparate auch für Kinder unter 2 Jahren zugelassen sind und angewendet werden können. Neben den genannten Arzneidrogen zählen auch Heilpflanzen wie Primel (Primula veris), Myrte (Myrtus communis), Spitzwegerich (Plantago lanceolata), Königskerze (Verbascum phlomoides) etc. zu den Expektoranzien.

Schleimdrogen. Bei trockenem Reizhusten werden in erster Linie schleimstoffhaltige Arzneidrogen, wie Eibisch, Spitzwegerich, Süßholzwurzel und Isländisches Moos, angewendet. Diese wirken großteils über die Ausbildung eines Schutzfilms, der das ­Ansprechen der Hustenrezeptoren in den oberen Atemwegen erschwert und die ­Regeneration des strapazierten Epithels ­ermöglicht.
Generell gilt, dass pflanzliche Wirkstoffe immer als Vielstoffgemische anzusehen sind, die sich durch eine synergistische Wirkung auszeichnen und dadurch mehrere Symptome gleichzeitig bekämpfen können. Dies bietet vor allem in der Behandlung von Erkältungen mit deren vielfältigen Symptomen, wie Schnupfen, Husten, Heiserkeit, eine breitgefächerte Therapieoption mit großer therapeutischer Breite.