Rätselraten um neue Rabatte

Die Pharmabranche hat in den vergangenen Jahren kräftig geblutet: Man musste den Krankenversicherungen für eine Planungssicherheit nicht nur hohe Rabatte zugestehen, sondern auch noch eine gesetzlich fixierte Preissenkung bei Generika und Originalprodukten hinnehmen. Letztere trat vor einem Jahr in Kraft und kostete allein die Apotheker dem Vernehmen nach zehn Millionen Euro pro Jahr. Zudem kamen Preisobergrenzen auch für jene Produkte, die nicht im Erstattungskodex gelistet sind. Sie dürfen nicht mehr kosten als den EU-Durchschnittspreis.

 

 

Nun könnte die nächste Welle auf die Branche zurollen: mit Jahresende läuft der Pharma-Rahmenvertrag aus. Die Verhandlungen für eine Verlängerung beginnen demnächst, bestätigt der Verbandsvorsitzende im Hauptverband der Sozialversicherungsträger, Dr. Alexander Biach, im Gespräch mit der Apotheker Krone. Derzeit berechnen beide Seiten noch, wie sich die jüngsten Ausgaben für Arzneimittel entwickelt haben. Biach: „Die Frage ist derzeit, ob es ein Plus von fünf Prozent oder doch 4,9 Prozent gab. Je nachdem wären die Rabattzahlungen dann 50 oder 60 Millionen Euro.“ Die Apotheker sind dabei eher Beobachter, denn die Verhandlungen laufen vor allem mit Großhandel und Industrie.

Die Krankenkassen selbst publizieren für 2017 Ausgaben für Arzneimittel in der Höhe von 3,22 Milliarden Euro. Ein Plus von 3,8 Prozent (siehe Grafik). Und Biach streut der Branche dabei durchaus Rosen. Ohne die geringste Einschränkung der Versorgung der Bevölkerung mit den modernsten und innovativsten Präparaten sei die Ausgabensteigerung für Medikamente im Vorjahr eingebremst worden. „Verantwortlich dafür war vor allem die Zusammenarbeit mit der Pharmawirtschaft.“ Wie berichtet haben die Kassen das Vorjahr mit einen Überschuss von € 50,9 Mio. abgeschlossen.

Für heuer erwarten die Krankenversicherungen übrigens erneut ein Plus. Dabei helfen nicht nur Reformschritte, sondern vor alle die gute Konjunktur. Trotz der zuletzt erfolgten Harmonisierung der Leistungen zwischen den Gebietskrankenkassen, die zu Mehrkosten führt, erwarten die Krankenkassen für heuer nun doch kein Minus, sondern ein leicht positives Ergebnis von 13 Millionen Euro. Im Mai war man noch von einem Plus von sechs Millionen Euro ausgegangen, im Februar sogar noch von einem Minus von 41 Millionen Euro. Biach führt die positiven Zahlen vor allem auf die gute Konjunktur, aber auch auf die noch von der alten rot-schwarzen Regierung eingeleitet Gesundheitsreform zurück. Erfolge bringt vor allem die bessere Abstimmung zwischen dem von den Kassen finanzierten niedergelassenen Bereich und dem von den Ländern gesteuerten stationären Bereich, den die Kassen pauschal gedeckelt mitfinanzieren. So erfolge die Planung der Großgeräte und der Facharztstellen jetzt in den Zielsteuerungskommissionen gemeinsam mit den Ländern. Damit habe man den mit dem Bund fixierten Kostendämpfungspfad schon um 700 Millionen Euro unterschritten, rechnet Biach vor. Erreicht wird das Plus übrigens trotz stark steigender Ausgaben für Heilbehelfe von 10,1 %. Biach sieht hier als Grund die Leistungsharmonisierung, die für die Patienten häufig bessere Leistungen bringt und bisher Gesamtkosten von 84 Millionen Euro verursacht hat. Allein die zuletzt beschlossenen höheren Leistungen von Psycho-, Physio-, Ergotherapie und die Mundhygiene kosten 39 Millionen Euro.

Der aus dem ÖVP-Wirtschaftsbund stammende Hauptverbandschef droht der Regierung zudem mit einer Verfassungsklage gegen die Anfang Juli beschlossene „Ausgabenbremse“. Gestärkt sieht er sich durch ein Rechtsgutachten. Demnach greife die Kostenbremse „in den verfassungsrechtlich gewährleisteten Kern“ der Selbstverwaltung ein. Die Ausgabenbremse sieht wie berichtet vor, dass Bauvorhaben gestoppt werden und Ärzte und Bedienstete der oberen Führungsebene der Versicherungsträger und des Hauptverbandes nur bis Ende 2019 bestellt werden dürfen. Auch Verhandlungen mit Vertragspartnern werden erschwert. Die Regierung will dadurch die geplante Fusion der Gebietskrankenkassen erleichtern. Beobachter fürchten hingegen einen Stillstand im System auf Kosten der Vertragspartner. Auch ein möglicher neuer Vertrag mit der Pharmabranche könnte letztlich an dieser Ausgabenbremse scheitern, sagt Biach. Je nachdem, was man verhandle, könnte der Vertrag auch wieder kippen.

Angezweifelt wird indes von Beobachtern, ob die Fusion der Kassen überhaupt nötig ist. Nicht zuletzt angesichts der jüngsten Prognose: Von den Gebietskrankenkassen erwartet heuer nur noch die Wiener Kasse ein Minus von 14,6 Millionen Euro. Die Burgenländer, die im Mai noch 1,6 Millionen Euro Verlust vorausgesagt hatten, rechnen jetzt mit einem Plus von 1,4 Millionen Euro. Einen Überschuss prognostizieren auch die Steirer (+21,6 Mio.), die Kärntner (+5,1 Mio.), die Salzburger (+3,7 Mio.) und die Oberösterreicher (+3,5 Mio.). Die drei anderen GKK gehen von einer ausgeglichenen Bilanz aus. Rote Zahlen erwarten neben der WGKK auch die Versicherungsanstalt der öffentlich Bediensteten (–27,8 Mio.) und jene für Eisenbahn und Bergbau (–3,0 Mio.). Beide sollen laut Plan der Regierung wie die GKK fusioniert werden.