Schlafstörungen bei älteren Menschen

Schlafstörungen bei älteren Menschen sollten keinesfalls bagatellisiert werden, sondern bedürfen der sorgfältigen Abklärung. Die ausführliche Anamnese ist dabei der wesentlichste Teil der Diagnostik. Apparative Untersuchungen wie Aktigrafie und Polysomnografie spielen nur bei gezielten Fragestellungen, z. B. zur Abklärung einer atembezogenen Schlafstörung, eine Rolle. Keineswegs soll ohne Analyse der auslösenden Faktoren vorschnell mit einer schlafinduzierenden Medikation begonnen werden.

Die schlafbezogene Anamnese im engeren Sinn umfasst das aktuelle Schlafverhalten, die Befindlichkeit während des Tages, mögliche Belastungsfaktoren, individuelle zirkadiane Rhythmen sowie lebensgeschichtliche Ereignisse. Das Schlafverhalten und damit in Zusammenhang stehende Probleme sollen stets in einer längerfristigen Perspektive erfragt werden. Gerade bei älteren Patient:innen spielen Vorerkrankungen und Komorbiditäten eine große Rolle. Schlafstörungen können auch ein Hinweis auf psychiatrische Erkrankungen sein, wobei ältere Menschen oft Hemmungen haben, psychische Probleme gegenüber den Ärzt:innen anzusprechen. Gezielt sollte auch nach Missempfindungen in den Extremitäten und nach motorischer Unruhe in den Beinen gefahndet werden, die auf ein Restless-Legs-Syndrom hindeuten. Eine Fremdanamnese kann zudem Hinweise auf nächtliche Atemstörungen wie Schnarchen oder Atempausen geben.

Medikamente und Genussmittel

Ein großer Teil der älteren Bevölkerung nimmt regelmäßig Medikamente ein. Oft wird nicht ausreichend bedacht, dass viele Arzneimittel die Schlafqualität und -dauer erheblich beeinflussen können. Hier sind zahlreiche Psychopharmaka zu nennen, vor allem Antidepressiva, Antidementiva und Nootropika (z. B. Piracetam), einige Antibiotika (Gyrasehemmer, Makrolid-Antibiotika), Sympathomimetika, Kortikosteroide, Thyroxin, Statine und Diuretika. Auch nach Genuss- und Suchtmitteln, die den Schlaf behindern können, insbesondere Alkohol und Koffein, sollte gezielt gefragt werden.

Schlafhygiene und kognitive Verhaltenstherapie

Regelmäßige Bettzeiten, sparsamer Medienkonsum vor dem Einschlafen und das Vermeiden üppiger abendlicher Mahlzeiten können ebenso wie die Wahl eines ruhigen und dunklen Schlafortes zur Verbesserung der Schlafqualität beitragen. Als nichtmedikamentöse Therapie im engeren Sinn empfiehlt die S3-Leitlinie auf Basis der vorliegenden Evidenz Techniken der kognitiven Verhaltenstherapie wie beispielsweise die Anwendung präventiver oder ablenkender Strategien (Vorverlegen des Problemdenkens auf frühere Zeiträume des Tages, Unterbrechung von Grübelkreisläufen etc.) oder das Erlernen von Entspannungsverfahren.

Medikamentöse Therapie

Die Auswahl der geeigneten Schlafmedikation sollte bei älteren Patient:innen im besonderen Maße Tagesmüdigkeit („Hangover“), sedierende und muskelrelaxierende Nebenwirkungen sowie die nächtliche Sturzgefahr berücksichtigen. Studiendaten zur Langzeittherapie von Schlafstörungen im höheren Lebensalter liegen nur unzureichend vor. Benzodiazepine sollen wegen des Sturzrisikos, der kognitiven Nebenwirkungen bei längerfristiger Gabe und der Gefahr der Toleranzentwicklung beim älteren Menschen sehr kritisch und nur kurzfristig zum Einsatz kommen.

Demgegenüber zeigen Omega-I-Benzodiazepin-Agonisten („Z-Substanzen“) ein etwas günstigeres Profil mit kürzerer Wirkdauer und geringerem Abhängigkeitsrisiko und können unter Beachtung des individuellen Risikoprofils als Kurzzeittherapie erwogen werden. Auch hier sind aber das Sturz- und Frakturrisiko ebenso zu beachten wie potenzielle seltene Nebenwirkungen wie Halluzinationen oder Delirien.

Vielfach eingesetzt werden auch sedierende Antidepressiva in niedriger Dosis zur Therapie der Insomnie. In erster Linie kommen Trazodon und Mirtazapin zur Anwendung, wobei Neben- und Wechselwirkung besonders zu beachten sind (z. B. Gewichtszunahme bei Mirtazapin, „Hangover“ bei Trazodon).

Antipsychotika wie Quetiapin und Olanzapin sind zur Behandlung von Schlafstörungen nicht zugelassen. Niedrigpotente Neuroleptika wie Prothipendyl zeigen oft eine bessere Wirkung auf den Schlaf. Es empfiehlt sich allerdings, den „off-label use“ gut zu dokumentieren und relevante Nebenwirkungen wie das kardiale Risiko (QTc-Verlängerung) und die Senkung der Krampfschwelle zu berücksichtigen. Bei dementen Patient:innen mit nächtlichen Verhaltensstörungen kann der Einsatz von Risperidon (0,5 bis 1 mg) zur Stabilisierung des Schlaf-Wach-Rhythmus empfohlen werden.

Auch Phytotherapeutika wie Baldrianwurzel, Melissenblatt oder Passionsblumenkraut erfreuen sich großer Beliebtheit, zur Wirksamkeit liegen allerdings kaum Daten von ausreichender Qualität vor.

Demenz
Auflösung des Tag-Nacht-Rhythmus

Ein sehr relevantes klinisches Problem stellen Schlafstörungen bei Demenzpatient:innen dar. Die Ursachen sind multifaktoriell, wobei zu bedenken ist, dass auch die chronobiologischen Systeme im Gehirn vom fortschreitenden degenerativen Abbau im Rahmen der Demenzentwicklung betroffen sind.

Vor allem in fortgeschrittenen Fällen von Demenz sind daher Ein- und Durchschlafstörungen sehr verbreitet, wobei meist auch der Tiefschlaf reduziert ist. Dies führt bei Fortschreiten der Erkrankung schließlich zu einer vollständigen Auflösung des Tag-Nacht-Rhythmus. Die zunehmende Zerstörung des monophasischen Schlafzyklus stellt durch die begleitende nächtliche Unruhe und Verwirrtheit einen besonders gravierenden Belastungsfaktor für Angehörige und Pflegende von Demenzpatient:innen dar. Nächtliche Verhaltensstörungen gehören zu den Hauptgründen der Unterbringung von Patient:innen mit Alzheimer-Demenz in Pflegeheimen.

Da die wiederholten kurzen Schlafperioden tagsüber oft als weniger störend wahrgenommen werden, liegt der Fokus der beobachteten Symptomatik auf Schlaflosigkeit und nächtlicher Unruhe, was gelegentlich als „Tag-Nacht-Umkehr“ verkannt wird.

Neuere Daten weisen darauf hin, dass beeinträchtigter Schlaf bereits im Vorfeld einer Demenzerkrankung auftreten kann und unter Umständen als Frühwarnzeichen gewertet werden könnte. So erbrachte eine im Jahr 2013 erschienene Kohortenstudie deutliche Hinweise darauf, dass die Schlaffragmentation bei älteren Erwachsenen mit inzipienter Alzheimer-Demenz und kognitivem Abbau assoziiert ist.