Therapiebegleitung bei Herz- und Gefäßerkrankungen

Herz-Kreislauf-Erkrankungen und ihre Folgen gelten nach wie vor als häufigste Todesursache in Österreich. Bluthochdruck bleibt anfangs aufgrund fehlender Beschwerden oft viele Jahre unerkannt, belastet jedoch Herz, Gefäße und Nieren. Besondere Bedeutung kommt daher der prophylaktischen Blutdruckmessung zu, die auch bei jungen Menschen regelmäßig erfolgen sollte, um eine anfangs symptomlose Hypertonie frühzeitig erkennen zu können.
Ungesunder Lebensstil trägt wesentlich zur Entstehung einer Hypertonie bei. Übergewicht, mangelnde Bewegung, Stress, einseitige Ernährung und Nikotinkonsum prägen den Alltag vieler Menschen. Eine konsequente, langfristige Umstellung des Lebensstils ist daher sowohl therapiebegleitend als auch prophylaktisch anzustreben.

Alarmzeichen Schwindel

Treten Symptome wie Kopfschmerzen, Schwindel, Herzklopfen, Nasenbluten oder Gleichgewichtsstörungen auf, die auf eine Hypertonie hinweisen können, besteht der erhöhte Blutdruck meist schon über längere Zeit. Weiters kann der Apotheker an der Tara mit Notsituationen konfrontiert sein, die rasches Handeln erfordern. Klagt ein Patient etwa über plötzliche, pulsierende Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit und Atemnot, sollte an die Möglichkeit einer hypertensiven Krise gedacht werden. Auch Nasenbluten oder Gesichtsröte können darauf hinweisen und erfordern eine sofortige ärztliche Abklärung. Sofern organische Ursachen ausgeschlossen werden können, ist eine symptomatische Behandlung des Schwindels zum Beispiel mittels Homöopathika möglich.

Richtige Einnahme erhöht die Compliance

Die Diagnose „Hypertonie“ bedeutet meist eine lebenslange medikamentöse Therapie, um die empfohlenen Grenzwerte von 140/90 mmHg (bei Risikopatienten gelten niedrigere Werte*) nicht zu überschreiten. Eine wichtige Rolle des Apothekers besteht darin, den Patienten über die Bedeutung der regelmäßigen Arzneimitteleinnahme – auch bei vermeintlicher Beschwerdefreiheit – zu informieren und somit die Compliance zu erhöhen. Die regelmäßige Blutdruck(selbst)messung und das Protokollieren der Werte bieten dem Arzt einen repräsentativen Überblick.
Zur medikamentösen Therapie der Hypertonie stehen verschiedene Arzneistoffgruppen zur Auswahl, welche als Monotherapie oder ausgewählte Kombinationstherapie zum Einsatz kommen. Die Wirkstoffauswahl trifft der Arzt unter Berücksichtigung des jeweiligen kardiovaskulären Risikos und vorhandener Begleiterkrankungen. Patienten sehen sich somit häufig mit einer Vielzahl an Arzneimitteln konfrontiert und verlieren mitunter den Überblick über die einzelnen Einnahmeempfehlungen. Um dennoch den Therapieerfolg nicht zu gefährden, sollten bei jeder (!) Abgabe an der Tara die Art und der Zeitpunkt der Einnahme besprochen und auf der Packung notiert werden. Vielen Patienten ist die Bedeutung der zeitlich korrekten Einnahme nicht bewusst. Wird jedoch beispielsweise ein Diuretikum abends eingenommen, so ist das nächtliche Aufstehen nicht nur unangenehm, sondern birgt auch eine erhöhte Sturzgefahr. Auch die Berücksichtigung der Mahlzeiten ist bedeutend. So beträgt beispielsweise die Bioverfügbarkeit von Rivaroxaban bei gleichzeitiger Nahrungsaufnahme 100 %, ohne jedoch nur 66 %! Dabigatran wiederum darf aufgrund seiner weinsauren Formulierung erst unmittelbar vor der Einnahme aus dem Blister genommen werden.

Vorsicht: Wechselwirkungen!

Arzneimittel retten Leben und ermöglichen Patienten mit chronischen Erkrankungen eine wesentliche Verbesserung der Lebensqualität. Dennoch steigt mit jedem zusätzlichen Medikament die Wahrscheinlichkeit von Interaktionen (Tab. 1).
Insbesondere Gerinnungshemmer haben ein sehr hohes Wechselwirkungspotenzial. Generell vermeiden sollten Patienten mit Antikoagulation NSAR, Glukokortikoide, SSRI und SNRI. Über Ausnahmen im Einzelfall entscheidet der Arzt. Von besonderer Relevanz an der Tara sind Arzneimittel aus dem OTC-Bereich. Vielfach unterschätzt wird das Interaktionspotenzial zahlreicher Phytopharmaka, Tabelle 2 gibt diesbezüglich einen exemplarischen Überblick. Marcoumar®-Patienten sollten außerdem grünes Gemüse aufgrund des hohen Vitamin-K-Gehaltes nicht in übermäßigen Mengen konsumieren (Cave: Kohlsuppendiät!). Die Mehrheit der Interaktionen ergibt sich durch eine gemeinsame Verstoffwechselung über Cytochrom P450 beziehungsweise die Untergruppen 2C9, 3A4 und 2C19 (Tab. 3).

 

 

„Phytos“ für Herz und Gefäße

Pflanzliche Arzneimittel können – nach Rücksprache mit dem Arzt – eine wertvolle Ergänzung zu Synthetika darstellen. So wird etwa das alkoholische Extrakt aus Blättern, Blüten und Früchten verschiedener Weißdornarten (Crataegus species) bei leichter Herzinsuffizienz (Stadium I und II) sowie unterstützend bei KHK, Angina Pectoris und Hypertonie angewandt. Als Tagesdosis werden 160–900 mg Extrakt (4–7 : 1) pro Tag, standardisiert auf oligomere Procyanidine, empfohlen. Crataegusextrakt wirkt positiv inotrop, chronotrop und dromotrop sowie negativ bathmotrop. Eine Senkung des peripheren Gefäßwiderstandes konnte ebenfalls nachgewiesen werden. Aufgrund seiner gefäßdilatierenden Wirkung ist auch eine Verbesserung der Koronar- und Myokarddurchblutung zu erwarten. Durch die Verbesserung der Herzleistung ist auch eine Normalisierung der Blutdruckwerte zu erwarten.
Kombiniert wird Weißdornextrakt häufig mit Viscum album (Mistel), die für ihre blutdrucksenkende Wirkung bekannt ist. Die Gefäßwirkung der Mistel, die als Halbparasit auf verschiedenen Laub- und Nadelbäumen zu finden ist, beruht auf biogenen Aminen und Cholin. Knoblauch wirkt bei entsprechend hoher Dosierung (400 mg Extrakt/Tag, standardisiert auf Alliin) ebenfalls blutdrucksenkend. Weiters reduziert Knoblauchextrakt den Cholesterinspiegel und hemmt die Thrombozytenaggregation. Bei nervösen Herzbeschwerden, wie etwa Herzklopfen oder erhöhtem Ruhepuls ohne organische Ursache, bewährt sich das Herzgespannkraut (Leonurus cardiaca). Es wirkt leicht beruhigend und negativ chronotrop.

 

* https://www.hochdruckliga.at/media/Pdfs/Update_Guidelines_2015.pdf