Wenn der Kopfhaarwuchs nachlässt

Bezieht man alle Ursachen mit ein, so sind in Österreich rund 70 % aller Männer und 40 % aller Frauen von Haarausfall betroffen. Laut Statistik hat der Mensch, je nach Haarfarbe und Geschlecht, zwischen 150.000 (blond) und 90.000 (rot) Haare auf dem Kopf, wobei der tägliche Haarverlust von bis zu 100 Haaren als normal gilt. Sollten jedoch über einen längeren Zeitraum wesentlich mehr Haare ausfallen, spricht man von Haarausfall. Die Auslöser hierfür reichen von genetischer Veranlagung (androgenetische Alopezie), über kreisrunden (Alopecia areata), altersbedingten und diffusen Haarausfall (telogenes Effluvium), bis hin zu Pilzinfektionen und Autoimmun­erkrankungen. Weiters gibt es noch eine ganze Reihe an Arzneimitteln, die Haarausfall auslösen oder begünstigen können.

Die häufigste Form ist die androgenetische Alopezie (genetisch bedingter Haarausfall), die sowohl bei Männern als auch bei Frauen auftritt und der eine Schrumpfung der Haarfollikel als Reaktion auf veränderte Androgenspiegel zugrunde liegt. Bei Männern beginnt das Haar an Stirn und Schläfen („Geheimratsecken“) und am hinteren Kopfbereich, bis zur Bildung einer vollständigen Glatze, auszufallen. Im Gegensatz dazu kommt es bei Frauen, meist mit Beginn der Wechseljahre, zu einer diffusen Ausdünnung der Haare, vor allem im Bereich der Kopfmitte und des Scheitels. Bei der Alopecia areata bilden sich mehrere kreisrunde, kahle Stellen auf der Kopfhaut, wobei der Auslöser nicht vollständig geklärt ist. Man vermutet eine Autoimmunerkrankung mit einer verlängerten Ruhephase der Haarwurzeln aufgrund von Entzündungen als Ursache. Aber auch durch Stress, Mangelernährung, Hormon­umstellungen (Schwangerschaft/Stillzeit, Erkrankungen der Schilddrüse etc.) und Krankheit gehen zu viele Haarfollikel synchron in eine verlängerte Ruhephase (telogene Phase) über, wodurch weniger neue Haare gebildet werden und die Anzahl der Haare zurückgeht. Man spricht auch vom telogenen Effluvium.

Der bekannteste arzneimittelinduzierte Haarausfall ist sicher jener im Zuge von Radio- und Chemotherapie (u. a. Aromatasehemmer), aber auch eine Reihe anderer Arzneistoffe kann das Haarwachstum beeinflussen. Grundsätzlich gibt es eine große Anzahl an Arzneimitteln die selten bis gelegentlich Haarausfall hervorrufen können, wie zum Beispiel NSAID, Antidepressiva, Antikoagulanzien oder Lipidsenker. Unter der Therapie mit Valproinsäure, Captopril, Propranolol und Methotrexat ist Haarausfall jedoch eine sehr häufige Nebenwirkung. In den meisten Fällen ist der Haarausfall nach Therapieende reversibel, bei Dauermedikation und gleichzeitig hohem psychischen Leidensdruck durch den Haarverlust, ist die Umstellung auf ein anderes Präparat zu erwägen.

Unterstützung für das Haar

Zur Therapie wird in erster Linie der Kaliumkanalöffner Minoxidil, der ursprünglich als Antihypertonikum in den 1970er-Jahren entwickelt wurde, äußerlich angewendet. Der 5-α-Reduktasehemmer Finasterid wird ebenfalls zur Behandlung von Alopezie eingesetzt.

Da auch Ernährung und Stress häufige Auslöser für Haarausfall durch teils unterversorgte Haarwurzeln sind, ist die gezielte Supplementierung mit Mikronährstoffen sinnvoll.
Biotin (therapeutisch: 2,5–5 mg/Tag, mind. 6 Monate) fördert die Einlagerung schwefelhaltiger Aminosäuren in die Haarwurzel und fördert damit das Haarwachstum. L-Cystein (100–200 mg/Tag) stellt den, für die Haarbildung (Keratinaufbau) essenziellen, organisch gebundenen Schwefel zur Verfügung.
Da Zink (15–25 mg/Tag) eine zentrale Rolle im L-Cystein-Stoffwechsel spielt, macht sich Zinkmangel auch durch Haarausfall bemerkbar und sollte ebenfalls substituiert werden. Kupfer ist für die Stärke der ­Keratinfasern verantwortlich, und die Einnahme von γ-Linolensäure verbessert die Geschmeidigkeit des Haares und hilft Haarbruch vorzubeugen.

Auch Eisenmangel (niedrige Ferritinwerte) hat vermehrten Haarausfall zur Folge. Aus der Volksmedizin und Phytotherapie ist die Klettenwurzel eine beliebte Heilpflanze, wenn es um Haarausfall geht. Durch die enthaltenen Sesquiterpenlactone und Lignane wirkt diese antiinflammatorisch und protektiv auf die Haarwurzel, wodurch Haarausfall reduziert wird.