Wettbewerbshüter nahmen Pharmahandel ins Visier

Dass der Pharmagroßhandel sich an Apotheken beteiligt, ist nicht neu. Gesetzlich ist auch klar geregelt, wer sich in welchem Ausmaß an Apotheken beteiligen darf und wozu. Die Finanzierung eines Generationswechsels ist so ein Thema. Der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) sind die Beteiligungen dennoch ein Dorn im Auge. Sie hat erneut den Pharmahandel in Österreich unter die Lupe genommen und kommt zum Schluss, dass die Arzneimittelversorgung unter der steigenden Marktkonzentration leiden könnte.

Hohe Kosten für Medikamente

Bedenklich aus Wettbewerbssicht sei auch, dass sich Pharmagroßhändler vermehrt an Apotheken beteiligen und so Einfluss auf Preise und Absatz haben. Aufgrund der hohen Logistikkosten würden die öffentlichen Apotheken durchschnittlich 50 bis 90 Prozent des Gesamtbedarfes von einem einzigen Arzneimittelgroßhändler beziehen. „Die Marktkonzentration im Pharma­bereich ist mit Sorge zu sehen, da diese Wissenskonzentration zu höheren Preisen und Angebotsverknappung von Arzneimitteln führen kann“, sagt BWB-Chef Theodor Thanner. Im internationalen Preisvergleich seien die Ausgaben in Österreich trotz eines unterschiedlichen Preisniveaus mit knapp 600 Euro pro Kopf hoch: „Österreich lag im Vergleich mit 16 anderen Ländern auf Platz 4 bei den Kosten.“

 

Verwirrung über Preisniveau

Beim Thema Lieferengpässe widerspricht sich die BWB dann allerdings selbst. Das Risiko, dass ein Medikament nicht verfügbar ist, ist laut BWB in den vergangenen 20 Jahren deutlich gestiegen. Die Preisgestaltung bei Medikamenten sei aufgrund nationaler Regelungen in Europa stark unterschiedlich. Dabei können die Preisunterschiede zwischen den Ländern bis zu 300 Prozent betragen. Dies könne dazu führen, dass in Ländern mit niedrigeren Preisen, wie in Österreich, Medikamente nicht ausreichend zur Verfügung stehen, weil Arzneimittelhändler einen erhöhten Anreiz haben, Parallelhandel zu betreiben, so die BWB. Die BWB fordert die Erarbeitung eines transparenten Kriterienkatalogs für unentbehrliche Arzneimittel oder Wirkstoffe. Auf EU-Ebene wünschen sich die Wettbewerbshüter eine bessere Abstimmung und Vereinheitlichung der Parallelexportregelungen in den Mitglied­staaten.

Konzentration in der Industrie

Kritik gibt es auch an der Industrie und der wachsenden Konzentration bei den Herstellern. Unternehmensübernahmen und die dadurch steigende Marktkonzentration im Pharmabereich könnten sich negativ auf die Arzneimittelversorgung etwa durch Lieferengpässe auswirken, fürchtet die BWB. „Unternehmen können dadurch Marktmacht erlangen und somit Preise für Medikamente erhöhen sowie kostenintensive Forschung und Entwicklung minimieren.“ Generell steige die Marktkonzentration im Pharmabereich stark an. In einem Betrachtungszeitraum von 30 Jahren ist die Anzahl von 110 Unternehmen auf ungefähr 30 Unternehmen gesunken.