Wunden richtig versorgen

Gewebedurchtrennungen der äußeren Haut oder Schleimhaut werden als Wunden definiert und können nach den folgenden Kriterien klassifiziert werden:

  • Art ihrer Entstehung (traumatisch, iatrogen, chronisch)
  • Kontaminationsgrad (klinisch saubere OP-Wunden; klinisch saubere, aber kontaminierte Wunden; kontaminierte Wunde; massiv kontaminierte oder infizierte Wunden)
  • Tiefe und Ausdehnung des Defekts (offene oder geschlossene Wunden)
  • Erscheinungsbild und Verletzungshergang (Schnitt-, Schürf-, Platz-, Quetsch-, Riss-, Biss-, Schusswunden sowie Skalpierung/Décollement)

Der Wundheilungsprozess lässt sich in 4 hintereinander abfolgende Phasen einteilen, die sich in Entzündungs-/Exsudationsphase, resorptive Phase, proliferative Phase/Granulationsphase sowie reparative Phase/Epithelisierungsphase gliedern.

Während in vergangenen Tagen empfohlen wurde, Wunden an der Luft trocknen zu lassen, herrscht heute der Konsens, dass eine unkomplizierte Wundheilung durch ein idealfeuchtes Mikroklima auf der Oberfläche der Läsion gefördert werden kann.

Einer Infektion vorbeugen

An erster Stelle in der Wundversorgung steht – nach Beurteilung der Wunde, ob eine Selbstbehandlung durchgeführt werden kann (Abklärung bezüglich Tetanusprophylaxe bzw. Tollwut, auch HIV- oder Hepatitiskontaminationen in Erwägung ziehen) – die gründliche Reinigung bzw. Antiseptik der Verletzung, da nur saubere Wunden problemlos und (fast) narbenfrei abheilen können. Hierfür werden zum Spülen sauberes Trinkwasser, physiologische Kochsalzlösung oder auch Ringer­lösung bzw. zur Desinfektion vor allem die Wirkstoffe Octenidin, PVP-Iod, Chlor­hexidin oder Polyhexanid verwendet. Alkohole hinterlassen auf der verletzten Stelle meist ein brennendes Gefühl, trocknen die Wunde aus und sind somit weniger geeignet.

Eine rasch einsetzende Wirksamkeit in Verbindung mit der erforderlichen Tiefen­wirkung (insbesondere bei Verletzungen wie beispielsweise Schürf-, Schnitt-, ­Biss- und Stichwunden) sind erwünschte Eigenschaften der antiseptischen Substanzen.

Zur Auswahl stehen mehrere Optionen:

  • Octenidin eignet sich als 0,1%ige Lösung zur Desinfektion von akuten, kontaminierten, oberflächlichen, traumatischen, einschließlich mit MRSA kolonisierten Wunden, insbesondere wenn eine Tiefenwirkung erforderlich ist. Es erfolgt keine Wirkungsverminderung durch Albumin oder Blut (bis 10 %).
  • Wässrig basiertes PVP-Iod ist wegen der guten Gewebegängigkeit bei akuten, schweren, offenen, gewebezerstörenden Wunden anwendbar. Der desinfizierende Effekt hält allerdings nur so lange an, wie die Anwesenheit von Iod durch die Braunfärbung gezeigt wird. Die mikrobizide Wirkung umfasst alle vegetativen Erreger inklusive Mykobakterien, Hefen und ­Dermatophyten, behüllte und unbehüllte Viren sowie Protozoen und Bakteriensporen. Aufgrund des Wirkungsmechanismus kommt es zu keinerlei Resistenzentwi­cklungen des Organismus gegenüber Iodverbindungen. Bei Schilddrüsenerkrankungen, Überempfindlichkeit gegen Iod sowie Anwendung vor und nach Radiotherapie sollte PVP-Iod nicht zur Anwendung kommen.
  • Polyhexanid verfügt über ein breites Wirkungsspektrum. Die Wirkung richtet sich auch gegen intrazelluläre Erreger wie Chlamydien und Neisserien. Es ist zur Antiseptik bei kritisch kolonisierten und infizierten chronischen Wunden einschließlich Verbrennungswunden geeignet und kann als Lösung zur Wundreinigung eingesetzt werden.
  • Chlorhexidin wirkt bakterizid mit großen Speziesdifferenzen. Die Effektivität gegen Pilze ist erst in höheren Konzentrationen vorhanden. Die Substanz gilt als Goldstandard zur Therapie der Plaquehemmung. Der Wirkstoff Chlorhexidingluconat kann seltene, aber schwere allergische Reaktionen bis hin zur Anaphylaxie hervorrufen.

Die Wunde schützen

Pflaster in vielen Größen und Formen (auch als Spray) sowie die Verwendung hydroaktiver Verbände sind zur Abdeckung der Wunden empfehlenswert.
Sobald der Wundverschluss begonnen hat und zur anschließenden Nachbehandlung sollen zur optimalen Regeneration Salben bzw. Cremen mit Wirkstoffen wie Dexpanthenol, Lebertran, Hyaluronsäure, medizinischer Honig, Hamamelis- und Kamillenextrakt auf die Narbe aufgetragen werden, wobei die lokale Anwendung in ausreichender Menge erfolgen soll, um das Gewebe an den Wundrändern elastisch zu halten.

Ein Arztbesuch ist ­unerlässlich, wenn …

  • … die Wunde klafft, das Blut pulsierend aus der Wunde fließt bzw. unstillbar ist
  • … Rötung, Schwellung sowie starke Schmerzen Begleitsymptome der Wunde sind
  • … Fremdkörper (z. B. Glassplitter) in der Wunde vorhanden sind
  • … es sich um Bisswunden handelt
  • … der Verdacht auf einen Knochenbruch oder einen Herzinfarkt besteht
  • … eine rasche Verschlimmerung der Symptome vorliegt