Interview

Der FEMclub stellt sich vor: MEET Prof.in Dr.in Nathalie Albert

© Berli Berlinski

ARZT & PRAXIS: Frau Professorin Albert, was ist der FEMclub?

Prof.in Dr.in Nathalie Albert: Der FEMclub ist ein Verein zur professionellen Vernetzung von Frauen in der Medizin. Der Verein ist nicht nur für Ärztinnen aller Fachrichtungen, sondern auch für Wissenschaftlerinnen (z.B. Biologinnen, Biochemikerinnen, Chemikerinnen, Physikerinnen usw.) gedacht. Egal, ob die Kolleginnen aus Unikliniken, nicht-universitären Häusern, Praxen und aus der Industrie kommen, wir freuen uns, Frauen aller Karrierestufen, von Studentinnen bis hin zu Chef(ärzt)innen, im FEMclub willkommen zu heißen.

Die FEMclub-Gründerinnen: Nathalie Albert, Oberärztin und Professorin für Nuklearmedizin mit Schwerpunkt Neuroonkologie, und Prof.in Dr.in med. Louisa von Baumgarten, Oberärztin und Professorin für Neurologie mit Schwerpunkt Neuroonkologie; © Berli Berlinski

Ursprünglich habe ich den FEMclub für die jüngere Generation gegründet. Ich dachte, dass ich meine Erfahrungen, die ich auf meinem Karriereweg gesammelt habe, gerne weitergeben möchte. Ich war und bin immer wieder überrascht, wie mir das Netzwerk selbst hilft, weiterzukommen. Durch die enge Vernetzung mit Gleichgesinnten innerhalb einer Karrierestufe, aber auch über Karrierestufen hinweg, können wertvolle Kontakte geknüpft werden und auf ungezwungene Art und Weise Mentor/Mentee-Verhältnisse sowie fruchtbare Kooperationen auf gleicher Ebene entstehen.

Können Sie ein Beispiel geben, wo Ihnen der FEMclub konkret genützt hat?

Gern! Es war bei einem Event, auf dem ich mich mit anderen Wissenschaftlerinnen über unsere Forschungsprojekte austauschte. Wir merkten, dass wir gemeinsame Interessen hatten, ich moderne Bildgebungsmethoden anbieten konnte und wir gut für innovative Forschungsprojekte kooperieren könnten. Im Anschluss lud mich eine Kollegin tatsächlich direkt in einen Forschungsverbund ein, mit dem wir einen Forschungsantrag gestellt und erfolgreich Drittmittel eingeworben haben.
Unsere männlichen Kollegen haben es schon sehr gut verstanden, sich zu vernetzen. Ich habe das Gefühl, dass die Vernetzung unter Frauen noch nicht stark genug betrieben wird. Vielleicht müssen wir Frauen auch besser lernen, uns im beruflichen Umfeld – wie wir es im Privaten eigentlich schon sehr gut umsetzen – gegenseitig zu unterstützen. Stichwort: Solidarität unter Frauen. Diese Schwäche mag auch daran liegen, dass in Führungsebenen weniger Frauen vorhanden sind, die jüngere Kolleginnen mal „unterhaken und mitnehmen“.

Was bietet der FEMclub seinen Mitgliedern?

Mitglieder haben die Möglichkeit, an Workshops, Coachings, Networking-Veranstaltungen und Diskussionen teilzunehmen, die darauf abzielen, zu inspirieren und zu ermutigen, das berufliche Netzwerk zu stärken, Karrierewege sowie Tipps und Tricks zur Vereinbarkeit von Beruf und Privat aufzuzeigen und Karrierechancen zu maximieren.
Angeboten werden:

  • lokale After-Work Events, die eine optimale regionale Vernetzung in lässigem Ambiente ermöglichen;
  • überregionale Events (z.B. das FEMclub Spring Event – the Female Leadership Workshop in Leogang, Salzburg, siehe Flyer);
  • Joint Events: FEMclub meets …

Das sind regelmäßige Networking-Events mit Partnerorganisationen, Fachgesellschaften und anderen Frauennetzwerken. Diese Meetings finden online oder als Präsenzveranstaltung statt. Wenn außerdem ein Mitglied gerne ein bekanntes Role Model treffen oder ein Treffen unter Kolleginnen im Rahmen der jeweiligen Fallgesellschaft organisieren will, um die Vernetzung proaktiv zu fördern, kann es gern mit konkreten Vorschlägen auf uns zukommen.

Die Mitgliedsgebühr beträgt 30 € im Jahr.

Es gibt auch die „FEMclub Job Match“-Datenbank. Was kann man sich darunter vorstellen?

Als Mitglied hat man die Chance, über die „FEMclub Job Match“-Datenbank Informationen zu attraktiven Jobausschreibungen/-positionen, Anfragen als Speaker oder Medienanfragen zu erhalten. Natürlich darf auch jederzeit umgekehrt angefragt werden, wenn man selbst auf der Suche nach einer Kandidatin für eine Ausschreibung ist, um den Frauenanteil in Führungspositionen sowie die Visibilität von Frauen zu erhöhen. Die häufige Ausrede „Es gab einfach keine geeignete weibliche Kandidatin für den Job“ wird somit zukünftig hinfällig.

Warum haben Sie den Slogan „Inspiring women“ für den FEMclub gewählt?

Der Slogan ist doppeldeutig. Zum einen haben wir sehr inspirierende Frauen in unserem Netzwerk und zum anderen haben wir das Ziel, Frauen zu inspirieren. Unter diesem Motto soll es Frauen einfach gemacht werden, ihr eigenes Role Model anzusprechen, das man schon immer einmal kennenlernen wollte, aber sich nicht getraute.

Der FEMclub agiert über Deutschland hinaus. Es gibt bereits den FEMclub Vienna, den FEMclub Graz und den FEMclub Zürich.

Ja, das ist wunderbar. Da ich in München lebe und beruflich tätig bin, wurde der FEMclub auch hier gegründet und er war zunächst regional auf meine eigene Forschungsumgebung beschränkt. Da die Resonanz so positiv war und Frauen das Thema dankend annehmen, wird das Netzwerk überregional breit angeboten. Den FEMclub Vienna leitet Assoc. Prof.in Priv.-Doz.in Dr.in Anna Sophie Berghoff, den FEMclub Graz Dr.in Tadeja Urbanic-Purkart und den FEMclub Zürich Priv.-Doz.in Dr.in med. Dr.in rer. biol. hum. Giovanna N. de Figueiredo Miller, MSc. Ich möchte explizit aufrufen, weitere FEMclubs zu gründen. Interessierte Kolleginnen können sich gern an uns wenden. Der FEMclub lebt durch das Engagement jeder einzelnen Kollegin und dient als Rahmen, in dem Vorschläge und Wünsche sehr willkommen sind.

Sie leiten den FEMclub ehrenamtlich, richtig?

Ich sehe diese ehrenamtliche Tätigkeit als meinen Beitrag zur Gesellschaft. Der FEMclub ist mir ein Herzensprojekt. Ich habe selbst auf meinem Karriereweg und wahrscheinlich erst spät gelernt, dass es doch Unterschiede zwischen Frauen und Männern in der Berufswelt gibt. In der Schule und im Studium ist man es noch sehr stark gewöhnt, dass das, was man für seine Leistung zurückbekommt, tatsächlich von der eigenen Leistung abhängt. Wer viel gelernt hat, hat ein sehr gutes Ergebnis erzielen können. Im Berufsweg hat man dann plötzlich gesehen, dass das Ergebnis mitunter sehr stark davon abhängig ist, von wem man gefördert wird. Es gibt den so genannten unconscious bias. Ins Deutsche übersetzt bedeutet dies eine unbewusste bzw. implizite Voreingenommenheit. Das heißt, auch wenn männliche Vorgesetzte gar nichts gegen Frauen haben, fördern sie automatisch eher diejenigen, mit denen sie sich selbst identifizieren können. Gleiches fördert häufig Gleiches, ohne es böse zu meinen.

Mentoring kann auf dem Karriereweg ganz entscheidend sein. Darüber hinaus kommt bei Frauen das Thema Schwangerschaft und Kind dazu, so wie es auch bei mir war. Da merkt man ganz schnell, dass man sehr viele Herausforderungen hat, die männliche Kollegen nicht haben. Als ich diesen Herausforderungen begegnet bin, merkte ich: Ich benötige konkrete, praxisnahe Lösungen, mit denen ich es schaffe, das Thema Vereinbarkeit vernünftig umzusetzen, also Familie und Karriere unter einen Hut zu bekommen. Und als ich auf der Suche nach Lösungen war und verzweifelt nach Role models suchte, da es doch nicht sein konnte, dass ich die erste Frau bin, die Kinder bekommt und Karriere macht, bin ich tatsächlich auf eine inspirierende Professorin gestoßen. Sie war nur wenige Jahre älter als ich, hatte drei Kinder und hat erfrischenderweise nicht völlig deprimiert und zerstört von ihrem Berufs- und Familienleben berichtet. Sie hatte eine positive Ausstrahlung und konkrete Lösungen sowie hilfreiche Tipps für mich. Diese Erfahrungen müssen weitergegeben werden. Wer unsere Website besucht, sieht, dass wir keine Selbsthilfegruppe sind, die frustriert darüber diskutiert, was alles falsch läuft. Wir haben Drive und die Lust, mit positiver Energie zu zeigen, dass das Thema Gleichstellung, Chancengleichheit, Frauenförderung usw. nicht etwas Verstaubtes oder Verbissenes sein muss, sondern dass es eben etwas ganz Modernes und Konstruktives sein kann.

Am Ende des Gesprächs wird es sehr persönlich. Frau Professorin Albert, wofür haben Sie ein Faible?

Da fällt mir Mehreres ein: Ich habe ein Faible für Neonfarben wie z.B. Neongelb, wie man auch auf unserer Webseite sieht; für Mais (vielleicht weil dieser gelb ist?) und ich bin Kölnerin und stehe auf Schnapszahlen – 11:11 ist meine absolute Lieblingsuhrzeit.

Vielen Dank für das Gespräch!