Impfprävention: Von Jung bis Alt

Mehr als 10 Millionen Todesfälle weltweit wurden zwischen 2010 und 2015 allein durch Impfungen verhindert, schätzt die Weltgesundheitsorganisation. Dabei ist das Potenzial der Impfungen noch längst nicht ausgeschöpft. Auch in Österreich gibt es Luft nach oben. Der von der Österreichischen Akademie der Ärzte in Kooperation mit der Medizinischen Universität Wien, der Österreichischen Ärztekammer und der Österreichischen Apothekerkammer veranstaltete Österreichische Impftag findet zu diesem Zweck am 19. Jänner 2019 von 8.00 bis 17.00 Uhr im Austria Center Vienna statt. Die Fachtagung und Fortbildung richtet sich an alle im Gesundheitsbereich tätigen Personen.
Univ.-Prof. Dr. Ursula Wiedermann-Schmidt, Leiterin des Instituts für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin der Medizinischen Universität Wien und wissenschaftliche Leiterin des Impftages, gibt im Gespräch mit ARZT & PRAXIS einen Ausblick auf die bevorstehende Veranstaltung.

Österreichischer Impftag 2019 –
ein Ausblick von Univ.-Prof. Dr. Wiedermann-Schmidt

Die Impfprävention ist von der Geburt bis ins hohe Alter ein wichtiger Faktor. Um genau zu erörtern, was sich in unserem Immunsystem vom Lebensbeginn bis zum Lebensende verändert und warum in gewissen Altersgruppen bestimmte Erkrankungen besonders häufig vorkommen, haben wir für die Keynote Lecture beim Impftag 2019 einen Immunologen eingeladen. Wir werden den Tag so gestalten, dass wir Impffragen von der Schwangerschaft bis ins fortgeschrittene Alter abdecken und auf die jeweiligen Besonderheiten dieser Lebensabschnitte eingehen.

Von der Schwangerschaft an: Eine oftmals verbreitete Meinung ist, dass Schwangere und Stillende nicht geimpft werden sollen. Das mag für manche Impfungen wie mit Lebendimpfstoffen richtig sein, aber bei anderen, wie z. B. gegen Influenza und Keuchhusten, ist es sogar ganz essenziell, dass Schwangere geimpft sind. Die Impfung schützt einerseits die Mutter vor Krankheitsverläufen, die in der Schwangerschaft oft schwerwiegender sind, und gewährleistet andererseits über diaplazentare Antikörper einen guten Nestschutz für das Kind in den ersten Lebensmonaten.
Durch die besseren Versorgungsmöglichkeiten in der Neo­natologie gibt es einen Anstieg bei den Frühgeborenen. Der Vortrag zu diesem Thema soll weniger die Frage adressieren, ob Frühgeborene geimpft werden sollen – denn diese ist klar mit „ja“ zu beantworten –, sondern wie lange der Impfschutz anhält. Es gibt Hinweise darauf, dass wir für Frühgeborene aufgrund einer verkürzten Impfschutzdauer modifizierte Impfschemata bzw. frühere Booster-Impfungen benötigen.

Cruisen, chillen, impfen: Um Jugendliche mit dem Thema Impfen überhaupt erreichen zu können, muss man den Fokus auf die richtige Sprache legen. Das soll auch der „lässige“ Vortragstitel am Impftag zum Ausdruck bringen. Zum ersten Mal decken wir thematisch die Jugendlichen und Adoleszenten ab und machen auf die speziellen Risiken dieser Altersgruppe aufmerksam. Durch Veränderungen in Immunsystem und Schleimhäuten kommt es zu anderen oder veränderten Keimkolonisationen und damit zu einem erhöhten Infektionsrisiko für bestimmte Erkrankungen. Auch ist dies die Zeit, in der viele Jugendliche zum ersten Mal ins Ausland fahren, sei es für einen Schüleraustausch oder die Maturareise. Man muss in diesem Alter erzieherisch auch dort ansetzen, damit die Jungen Eigenverantwortung für sich und ihre Gesundheit entwickeln.
Den Titel „Sex, Drugs and Rock ’n’ Roll“ haben wir in „Sex, Drugs and Vaccines“ umgewandelt, weil bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen neben verstärkter Sexualität auch das erhöhte Risikoverhalten beim Sexualkontakt ein Thema ist. Der Umgang mit Impfungen bei Drogenabhängigen und HIV-Infizierten wird ebenfalls abgedeckt – in der Gruppe der homosexuellen Männer gab es erst kürzlich einen Anstieg von Hepatitis-A-Infektionen.
Auch der reife Erwachsene ist nicht gefeit vor Infektionen und spielt darüber hinaus eine wichtige Rolle, um den Herdenschutz aufrechtzuerhalten – hier muss jeder Einzelne mithelfen, insbesondere bei Masern. Wo hört der Individualschutz auf und wo beginnt der Kollektivschutz? – Diese Frage wird ebenso adressiert.

Senioren boostern: Um möglichst gesund altern zu können, selbstständig und fit zu bleiben, muss auch das Immunsystem weiterhin trainiert werden, damit die in der Kindheit und im Erwachsenenalter erworbene Immunität weiter aufrechtbleibt. Das kann nur über regelmäßige Booster-Impfungen erfolgen. Wir nähern uns dem Thema generell, gehen aber auch auf spezifische Impfungen ein, die für Senioren besonders wichtig sind, wie jene gegen Influenza, Pneumokokken und Herpes Zoster. Das Thema der zunehmenden Multimorbidität wird ebenfalls angesprochen. Chronische Erkrankungen einschließlich der onkologischen können das Immunsystem deutlich schwächen. Umso wichtiger ist es daher, auf einen ausreichenden Impfschutz zu achten.

Praxisnah und interaktiv ist das von allen gewünschte Impfquiz, bei dem wir diesmal Szenarien und Situationen außerhalb der Norm schildern werden und die Teilnehmer mittels Voting-System abstimmen können. In der Mittagspause stehen dann zwei Workshops zur Auswahl: einer mit Case Reports zu nosokomialen Infektionen und ihren Folgen bei Kindern und Erwachsenen, der andere zum Thema Impfkritik. Es werden klassische impfkritische Fragen herangezogen und erklärt, welche Antworten in der Praxis helfen können, um vernünftig aufzuklären, ohne zu bevormunden.

Update Impfplan: Wie jedes Jahr präsentieren wir natürlich auch die Neuerungen im Impfplan. 2019 wird es keine großen Veränderungen geben. Zu erwähnen sind allerdings die neuen Empfehlungen zur Influenza-Impfung, die bereits Ende September auf der Webseite des Bundesministeriums veröffentlicht wurden und im Impfplan noch einmal verankert werden. Seit vergangenem Jahr ist ein tetravalenter Influenza-Impfstoff am Markt. Je breiter ein Impfstoff wirksam ist – vor allem in einer Saison, in der die Stämme schwer abzuschätzen sind –, umso besser.