Schwangerschaft und Diabetes: was haben wir aus Kohortenstudien ­gelernt?

Haben wir uns jahrzehntelang hauptsächlich mit Frauen mit Gestationsdiabetes und ein paar Fällen mit manifestem Diabetes beschäftigt, wird das internistische Erkrankungsspektrum in der Schwangerschaft nun immer größer.
Der Grund: die Adipositas-Epidemie.

Eine eigene Sitzung am EASD befasste sich daher mit dem Thema Adipositas vor, nach oder während einer Schwangerschaft.

Post metabolische Chirurgie: Den Anfang machte eine Studie aus Queensland, Australien, die Schwangerschaftsverlauf und Geburt nach bariatrischer OP untersuchten. Interessant hierbei war, dass – obwohl 89 % der Frauen eine Sleeve-OP und somit ein rein restriktives und kein malabsorptives bariatrisches Verfahren hatten – diese Frauen nach bariatrischer OP im Vergleich zu alters- und BMI-gematchten Frauen eine höhere Rate an assistierter Reproduktion und häufiger Frühgeburten erlebten und das Geburtsgewicht der Feten niedriger war (häufiger SGA und weniger häufig LGA-Feten in der bariatrischen Gruppe).

Die Gruppe rund um Dr. Jensen, untersuchte den Glukosestoffwechsel und enteropankreatische Hormone  im Verlauf eines Mixed-Meal-Tests (200 ml Nutridrink®) bei schwangeren Frauen nach Roux-en-Y Magenbypass (RYGB) und gematchten Kontrollen im 1. und 3. Trimester. Frauen nach RYGB zeigten eine früheren und höheren Glukose-Peak, aber auch Abfall, und häufiger postprandiale Hypoglykämien. Den niedrigen Glukosekonzentrationen gingen extrem hohe GLP-1-Peaks voraus, 3- bis 4-fach höher als bei Frauen ohne RYGB, während Glukagon-Konzentrationen während des gesamten Tests niedriger waren. Trotz der Insulinresistenz in der 2. Schwangerschaftshälfte kommt es also bei Frauen nach RYGB zu hyperinsulinämischen Hypoglykämien/Dumping-Phänomen.

Adipositas ohne Diabetes: Eine Studie aus Wien und Basel konnte keine weiteren Biomarker zur frühen Detektion des Gestationsdiabetes finden, zeigte aber, dass die Glukosekonzentrationen während des OGTT im ersten Trimester prädiktiv für die Entwicklung eines GDM sind. Eine weitere Arbeit aus Wien zeigte, dass das Risiko für ein überschüssiges fetales Wachstum auch bei Frauen mit Übergewicht/Adipositas ohne Gestationsdiabetes besteht. So war das Risiko für die Geburt eines LGA-Feten bei Frauen mit Adipositas doppelt so hoch. Diese Frauen weisen jedoch im Vergleich zu normal-gewichtigen Frauen deutlich höhere Glukosekonzentrationen während des OGTT aus; auch wenn diese die Kriterien für die Diagnose eines GDM nicht erfüllen.

Psychosoziale Intervention: Wie sich eine interdisziplinäre Intervention aus Lebensstil- und psychosozialen Maßnahmen auf das metabolische und psychische Outcome bei Frauen mit Gestationsdiabetes auswirkt, zeigte eine Gruppe aus der Schweiz. Trotz mehrmaliger Sessions sowohl während als auch im ersten Jahr nach der Schwangerschaft, waren Gewicht und Depressions-Score nach 1 Jahr nicht unterschiedlich, wenn sich auch positive Effekte auf den Insulinbedarf sowie die Gewichtszunahme in der Schwangerschaft und die Gewichtsretention im ersten Jahr danach zeigten.

MODY-Screening: Last but not least muss die Studie zur Implementierung eines Screening-Protokolls für MODY-Diabetes unbedingt erwähnt werden. Die Gruppe aus Leeds, UK, konnte mittels ihrer Kriterien: BMI < 25 kg/m2 und Nüchtern-Blutzucker > 99 mg/dl beim OGTT, zeigen, dass 2,5 % der Teilnehmerinnen eine genetische Testung empfohlen wird. Alter und Ethnizität hatten keinen Stellenwert bei der Risikoeinschätzung. Ob sich diese Methode bewahrheitet, werden die Ergebnisse der molekulargenetischen Untersuchungen zeigen.

OP 03 Pregnancy and Diabetes: Lessons from Cohort Studies
Chairs/Moderators: D. Møller Jensen (DK), Y. Winhofer (AT)