CED: Einfluss von Gehirn und Mikrobiom

CED und Psyche: ein zweischneidiges Schwert

Eine retrospektive Parallel-Kohorten-Studie analysierte das Depressionsrisiko in 537 gesunden Geschwistern von 422 CED-Patient:innen und 2.148 Kontrollen über den Zeitraum von 10 Jahren sowie das Risiko für das Auftreten einer CED in depressiven Patient:innen im selben Kollektiv. Die Geschwister ohne CED entwickelten zwar seltener eine Depression als mit CED (4,8 % vs. 18,5 %), aber häufiger als die Kontrollgruppe (2,5 %). Das Vorliegen einer Depression wiederum erhöhte das Risiko, eine CED zu entwickeln, insbesondere in der Gruppe der gesunden Geschwister. Tierexperimentelle Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine erhöhte Darmpermeabilität zu einem Verschluss des Plexus choroideus führt und damit zu Störungen des Kurzzeitgedächtnisses und ängstlichem Verhalten bei den Tieren. Weitere Hinweise auf ein reziprokes Verhältnis zwischen Darm und Gehirn liefert eine Studie, in der eine Colitis bei Mäusen eine vorübergehende Aktivierung spezifischer Neuronen im insulären Kortex auslöst. Eine neuerliche Aktivierung derselben Neuronen führt bei den Tieren erneut zu einer Colitis.

Neue Wirkmechanismen bei der Behandlung von CED

Mit dem IL-23-Inhibitor Risankizumab steht in naher Zukunft eine neue Substanzklasse für die Behandlung des Morbus Crohn zur Verfügung, die sich als Induktions- und Erhaltungstherapie eignet. Eine weitere Studie untersuchte die Wirksamkeit von Ustekinumab bei der Behandlung von Biologika-naiven Patient:innen mit Morbus Crohn im direkten Vergleich zu Adalimumab. Der Anteil an Patient:innen mit klinischer Remission (CDAI < 150) war über den Zeitraum von 52 Wochen in beiden Behandlungsarmen vergleichbar. Unterschiede zeigten sich allerdings hinsichtlich Therapiepersistenz. Nach 52 Wochen erhielten mehr Patient:innen im Ustekinumab-Arm weiterhin die ursprüngliche Medikation als im Adalimumab-Arm. Zur Wirksamkeit der Kombination von Vedolizumab, Adalimumab und Methotrexat als 26-wöchige Triple-Therapie, gefolgt von einer Vedolizumab-Monotherapie für bis zu 120 Wochen, liegen Interimsanalysen vor. Der primäre Endpunkt der Studie (endoskopische Remission zu Woche 26) wurde von 34,5 % aller eingeschlossenen MC-Patient:innen erreicht. Eine klinische Remission wurde zu Woche 10 bei 61,8 % und zu Woche 26 bei 54,5 % der Probanden dokumentiert. Die Kombination des IL-17-Inhibitors Guselkumab mit dem TNF-Inhibitor Golimumab war bei der Behandlung der CU der Monotherapie in Bezug auf klinisches Ansprechen und Erzielen einer klinischen Remission überlegen.

Bestimmte Stämme von Klebsiellen führen in Mausmodellen einer CED zu einer gastrointestinalen Entzündung. Eine Kombination von fünf Phagen, die gegen Klebsiellen gerichtet waren, konnte die Entzündung bei diesen Tieren erfolgreich behandeln. Ergebnisse einer Phase-I-Studie zeigen, dass die Einnahme von Phagen bei gesunden Personen sicher ist und die Phagen sich um unteren Darm ansammeln.

Quelle: basierend auf einem Vortrag von Alexander Moschen (Linz) im Rahmen der 55. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Gastroenterologie und Hepatologie (ÖGGH), Sitzung 6: 12 Monate in 90 Minuten: Was haben wir im vergangenen Jahr an klinisch Relevantem dazugelernt?; 9. 9. 2022