CED: Genetische Prädisposition und neue pharmakologische Ansätze

Globale Epidemiologie der CED im Wandel

Die globale Epidemiologie der chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) unterliegt aufgrund zunehmender Lebenserwartung, Änderungen des Lebensstils in entwickelnden Ländern und regionalen Unterschieden der COVID-19-assoziierten Mortalität bei älteren Menschen einem Wandel. In Österreich geht man von einer (sich im Equilibrium befindlichen) Prävalenz von 0,2 bis 0,3 % bzw. von 20.000 Patienten aus. Änderungen der Ernährungsgewohnheiten, insbesondere der vermehrte Verzehr von Fertigprodukten, hat zu einer Zunahme von CED in entwickelnden Ländern geführt.

Neue Hinweise für Pathophysiologie und Therapie

Genetische Prädisposition für eine CED: Mittlerweile wurden mehr als 250 Risikogene für die Entstehung einer CED identifiziert. Diese Erkenntnisse lieferten Hinweise auf die Pathophysiologie – jedoch ohne Auswirkungen auf das klinische Management von CED-Patienten. In einer rezent publizierten Studie konnte gezeigt werden, dass mutierte Allele des NOD2-Gens zu einer gesteigerten entzündlichen Aktivität in Makrophagen führt, die mit Aktivierung von gp130-assoziierten Signalkaskaden assoziiert ist. Die Gruppe von Stefan Schreiber aus Kiel konnte in diesem Zusammenhang zeigen, dass die Behandlung von CED-Patienten mit einem gp130-Fusionsprotein, analog zum Wirkprinzip von Etanercept, die proinflammatorischen Wirkungen von „IL-6 Trans-Signalling“, auf Zellen, die keinen IL-6 Rezeptor besitzen, unterbrechen kann. Eine weitere Studie lieferte Hinweise für die Pathogenese der häufig beobachten Fettenkapsulierung bei Ileozökalklappenresektion. Veränderungen des Mikrobioms bei Patienten mit einem Morbus Crohn und eine Erhöhung der Darmpermeabilität führen zu einer Translokation und Anreicherung von Bakterien im benachbarten Fettgewebe, das insbesondere bei Patienten mit defekten NOD2-Allelen zu einer gesteigerten Vernarbung und entsprechenden Komplikationen wie Stenosen führt.

Neue pharmakologische Ansätze

Die Behandlung der CED mit dem IL-12/IL-23-Inhibitor Ustekinumab ist bereits seit Jahren in der klinischen Praxis etabliert. In einer direkten Head-to-Head (H2H)-Studie konnte rezent gezeigt werden, dass die Wirksamkeit von Ustekinumab mit der des anti-TNF-Antikörpers Adalimumab vergleichbar ist.  Mit der bevorstehenden Zulassung von diversen anti-IL-23-Antikörpern und Januskinase (JAK)-Inhibitoren (Filgotinib und Upadacitinib) werden in naher Zukunft weitere Therapieoptionen für die Behandlung der CED zur Verfügung stehen. Eine bereits vorliegende H2H-Studie zwischen Guselkumab und Ustekinumab konnte keinen Vorteil für die IL-23-Blockade im Vergleich zur kombinierten IL-12/IL-23-Inhibition nachweisen. Eine israelische Studie konnte bei Patienten mit einer Colitis ulcerosa zeigen, dass eine Mikrobiota-Manipulation mittels einer Diät-Intervention einer Stuhltransplantation (FMT) hinsichtlich Verbesserung der Histologie überlegen ist.

COVID-19: Im Gegensatz zu darmselektiven Medikamenten resultieren systemische immunsuppressive Therapien mit TNF- oder IL-12/IL-23-Inhibitoren in einem schlechteren Ansprechen auf eine Corona-Schutzimpfung. Bei der Mehrzahl der Patienten können allerdings dennoch ausreichend hohe Antikörpertiter induziert werden.