Firmenporträt: icotec AG – Hightech-Material für ­besseren Durchblick

Die icotec AG wurde 1999 gegründet und beschäftigt sich mit dem Entwurf, der Entwicklung und Herstellung von nichtmetallischen kohlefaserverstärkten Polyetheretherketon (Carbon/PEEK)-Verbundwerkstoffen zur Gestaltung von hochfesten Komponenten für verschiedene Anwendungsbereiche. Der Hauptsitz des Unternehmens befindet sich in Altstätten in der Schweiz, seit rund einem Jahr ist die Firma mit einer Zweigniederlassung in Graz am heimischen Markt tätig und bietet Wirbelsäulenchirurgen und Patienten eine Behandlungsalternative zu herkömmlichen Pedikelschrauben aus Metall.

Minimale Bildartefakte

Bis zu 40 % aller Krebspatienten entwickeln einen Tumor im Bereich der Wirbelsäule, dem Ort, an dem am häufigsten Metastasen des Skeletts auftreten. Mit der Entscheidung zur chirurgischen Behandlung stehen die Dekompression und Stabilisierung der Wirbelsäule und die Entfernung des Tumors im Vordergrund. Eine begleitende Strahlentherapie dient der Schmerzkontrolle sowie der lokalen Kontrolle von möglichen Rezidiven im Bereich des entfernten Tumorgewebes im postoperativen Verlauf. „Hier haben nichtmetallische kohlefaserverstärkte Polyetheretherketon (Carbon/PEEK)-Implantate gegenüber herkömmlichen metallischen Implantaten unerreichte Eigenschaften: Für die moderne Strahlentherapie sind 3D-Bilddaten aus CT oder MRT für die Dosisplanung unerlässlich, um das zu bestrahlende Volumen des Tumorgewebes gegen das gesunde Gewebe genau abzugrenzen. Im Gegensatz zu metallischen Implantaten verursachen Carbon/PEEK-Implantate von icotec nur minimale Bildartefakte“, erklärt Roger Stadler, Geschäftsführer der icotec AG, und ergänzt: „Damit erleichtern sie die präzise Abgrenzung des Tumors und die Dosisplanung in der Strahlentherapie; zeitintensive, manuelle Korrekturen, wie bei Metallimplantaten notwendig, entfallen.“

 

 

Rezidivkontrolle ohne Kompromisse

Das weltweit einzigartige icotec CFM-Verfahren macht die herausragenden Materialeigenschaften nun auch der modernen Medizintechnik zugänglich. Die Implantate besitzen hervorragende Dauerbelastungseigenschaften und ermöglichen gleichzeitig eine bessere Knochenbelastung durch die reduzierte Systemsteifigkeit. Von der Festigkeit her sind die neuen Carbon/PEEK-Implantate vergleichbar mit den klassischen Titanimplantaten.
Die physikalischen Eigenschaften von icotecs nichtmetallischen Carbon/PEEK-Implantaten ermöglichen einen ungehinderten Durchtritt der Photonen oder Protonen durch das Carbon/PEEK-Material ins vorher geplante Zielgewebe. Auf dem Weg ins Tumorgewebe kommt es zu keinen Abschirmungen oder Streustrahl-Effekten des Strahls durch das Carbon/PEEK-Material, im Gegensatz zu Metallimplantaten. Das Risiko einer zu großen oder zu niedrigen Strahlendosis im Gewebe wird dadurch minimiert und sensible Gewebsstrukturen können geschont werden. Dieselben positiven Eigenschaften des Carbon/PEEK-Materials sind auch für die Bildgebung während der klinischen Nachkontrolle relevant. Durch die minimierten Artefakte der Bilddaten kann der Arzt die Zone um den behandelten Tumor sehr detailliert untersuchen und ohne Kompromisse auf etwaige Rezidive kontrollieren.
„Das strahlendurchlässige, nichtmetallische Carbon/PEEK-Wirbelsäulensystem von icotec ist weltweit das erste seiner Art und trägt seit 2013 die CE-Kennzeichnung. Bereits mehr als 500 Carbon/PEEK Pedikelschrauben wurden Patienten mit degenerativen Wirbelsäulenerkrankungen und Wirbelsäulentumoren erfolgreich implantiert. Um den klinischen Nutzen zu belegen, haben wir 2014 eine prospektive, multizentrische klinische Studie in die Wege geleitet“, gibt Stadler Einblick in die Entwicklung.

 

Kontakt: Katja Jaritz, Geschäftsführerin Österreich
Tel.: +43 660 388 42 99, E-Mail
www.icotec-medical.at

 

Im Gespräch: Roger Stadler
Welche Meilensteine in der Firmengeschichte ­waren für Sie von besonderer Bedeutung?
Das Unternehmen wurde im Jahr 1999 gegründet. Basis für die Gründung war ein Spin-off der ETH Zürich, das der Frage nachgegangen ist, ob es möglich ist, eine Schraube herzustellen, die röngtentransparent ist und die Festigkeitswerte von Knochenschrauben besitzt. Das vorhandene Verfahren war sozusagen Mittel zum Zweck. Wir haben lange überlegt, wo die Komposite noch eingesetzt werden und sind auf Fahrräder oder Flugzeuge gestoßen – kurzum überall dort, wo vor allem Korrosionsresistenz und Ermüdungsresistenz gefragt sind. Daraus haben sich dann parallel zur Medizin auch Märkte wie die Luft- und Raumfahrt eröffnet, wo das Material Anwendung findet.
Wie hat sich dann das Unternehmen weiterentwickelt?
Wir hatten die Maschine und die Fertigungstechnologie, um das Material zu entwickeln. Der logische Schritt war, diese Leistung anderen Firmen als Zulieferer anzubieten. Schlussendlich ging uns die Umsetzung dann aber zu langsam und wir haben uns entschieden, Implantate selbst herzustellen und zu vertreiben. Das war eine wichtige Zäsur in der Firmengeschichte. Im Jahr 2006 haben wir die Rohmaterial-Zulieferfirma gekauft, um vor allem auch die Qualitätskontrolle sicherzustellen.
Wo sind die zentralen Geschäftsfelder?
Im Mittelpunkt stehen die nichtmetallische Carbon/PEEK-Implantate, die einen ungehinderten Durchtritt der Strahlen durch das Implantat in den Tumor ermöglichen, ohne Abschirmung oder Streustrahlung, wie von Metallimplantaten bekannt. Gesundes Gewebe wird geschont. Durch die minimierten Bildartefakte kann das behandelnde Ärzteteam die Zone um den Tumor detailliert untersuchen und ohne Kompromisse auf Rezidive prüfen.
Warum gibt es derartige Implantate erst seit relativ kurzer Zeit, die Technologie ist ja nicht so neu?
Wir können mit unserem Verfahren hohe Festigkeiten erreichen und komplexe Bauteile herstellen, ohne dass die Faserstruktur des Rohmaterials zerstört wird. Ich denke, die Strahlentherapie hat noch nicht so lange Tradition und daher war auch vonseiten der Anwender die Frage nach derartigen Implantaten noch nicht so evident wie jetzt. Nach den Stahl- und den Titanimplantaten sind wir jetzt in der 3. Generation der Implantate aus Komposit angelangt, die einfach große Vorteile bieten, die bisher nicht in dem Umfang gefordert waren.
Welche Bedeutung haben Innovationen aus Ihrer Sicht am Markt der ­Medizinprodukte überhaupt?
Die Innovation ist das A und O des medizinischen Fortschritts. Der kritische Punkt ist die Zusammenarbeit zwischen dem freigeistigen Denken von Unternehmen und den Anforderungen der Ärzte. Wir analysieren mit Medizinern unsere Produkte und die OP-Techniken, um hier optimale Entwicklungen hervorzubringen.
Ein zweiter Aspekt sind die Kosten. Das Gesundheitswesen steht unter enormem Spardruck, Behandlungen werden teurer, auch Geräte werden teurer. Je optimaler wir unsere Produkte an die Bedürfnisse der Anwender anpassen und je optimierter wir fertigen, umso eher können wir diesem Druck entgegenwirken.
Woher kommen die Ideen für Innovationen?
Von beiden Seiten. Das ist ein geistiges Sparring zwischen Ärzten und Entwicklern, jeder ist Experte auf seinem Gebiet und muss den anderen ins Boot holen, um gemeinsam ein Stück weiterzukommen. Wichtig ist es, Partner zu haben, wo man auch einmal eine völlig verrückte Idee auf den Tisch legen darf und zumindest darüber diskutiert wird. Niemand soll sich zu schade sein oder sich gar schämen müssen, wenn er sich auch einmal auf neues Terrain begibt!
Was ist in der Pipeline?
Für die Skelettversorgung ist einiges in Planung. Standardprodukte für die Wirbelsäule, die heute aus Metall sind, werden wir aus Komposit fertigen.
Wo sehen Sie die größten Herausforderungen am Markt?
Für uns als kleiner Player ist die Herausforderung, sich gegenüber den großen marketingtechnisch zu positionieren. Wir müssen über die Qualität unserer Produkte bestehen und über schlanke Strukturen auch schneller am Markt agieren können. Das ist aber eine sehr schöne Herausforderung, die wir gerne annehmen!
Höchste Qualität ist in ihrer Mission festgeschrieben – wird das vom Markt honoriert, wenn Spitäler nach dem Billigbieterprinzip ausschreiben? Welche Erfahrungen und Wünsche haben Sie in diesem Zusammenhang?
Wir sind in einem Hochrisikofeld mit der Implantologie, die Produkte verbleiben im Körper da können wir es uns nicht leisten, dass Patienten zu Schaden kommen. Qualität zieht sich durch den gesamten Prozess, von der Fertigung bis zum OP. Spitäler, die auf billige Produkte aus sind, sind nicht unsere Kunden. Ich sehe das wie bei Autos: Es gibt auch hier Kunden, die billige Autos wollen und andere, die Wert auf innovative Details legen und bereit sind, dafür mehr auszugeben. Wie bei Autos haben auch wir mit unseren Implantaten unsere Zielgruppen.
Wenn wir in drei Jahren das Interview wiederholen – was hat sich verändert?
Wir liefern weltweit, wir sind erfolgreich und können weitere Innovationen ­finanzieren. Wir stehen für 100 % Qualität und Sicherheit.