In-vitro-Diagnostika und Versorgungssicherheit


Ziel der Branchengruppe ist es, die Bedeutung zuverlässiger Labordiagnostik für das Gesundheitswesen hervorzuheben und gemeinsam mit Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern Rahmenbedingungen zu schaffen, die Versorgungssicherheit, Innovationsfähigkeit und Marktzugang langfristig sichern. Besonders in Krisensituationen – wie zuletzt während der COVID-19-Pandemie – hat sich gezeigt, wie entscheidend die schnelle Verfügbarkeit geeigneter diagnostischer Systeme ist. Branchengruppensprecher DI Peter Bottig und seine Stellvertreterin Mag.a Dr.in Sigrid Allerstorfer erläutern, wie die Branche auf aktuelle und zukünftige Herausforderungen reagiert.

Wie tragen die Produkte und Services der AUSTROMED-Branchengruppe In-vitro Diagnostik zur Resilienz im Gesundheitssystems bei?
Der Beitrag der Unternehmen, die in Österreich vorwiegend mit dem Handel von In-vitro-Diagnostika beschäftigt sind, liegt vor allem in der raschen und mengenmäßig notwendigen Zurverfügungstellung geeigneter diagnostischer Systeme in bestimmten, aber nicht allen vorstellbaren, Krisensituationen, wie etwa Pandemien. In anderen Krisensituationen, wie etwa dem Zusammenbruch der Infrastruktur bei einem Blackout oder Naturkatastrophen, haben viele Unternehmen entsprechende Krisenpläne erarbeitet, um eine Versorgung mit Produkten und Dienstleistungen sicherzustellen.

Welche Innovationen bieten die Mitgliedsunternehmen, um das Gesundheitssystem widerstandsfähiger gegenüber Krisen oder Versorgungsengpässen zu machen?
Wie die COVID-19-Pandemie gezeigt hat, liegt die Stärke der IVD-Branche in der massiv gestiegenen Geschwindigkeit, die richtigen diagnostischen Produkte zu entwickeln und auf den Markt zu bringen. Dazu verhelfen moderne Technologien im Vorfeld der Erzeugung von Produkten, wie zum Beispiel die Gen-Sequenzierung, die Optimierung der Produktionsprozesse und der Logistikkette, und eine fortschreitende Automatisierung, schlussendlich aber auch der Einsatz von Artificial Intelligence. Zudem gibt es in Österreich und auch in Europa eine Reihe von namhaften Herstellern und Distributoren von IVD-Produkten, sodass wir nicht zwingend auf Firmen aus dem fernen Ausland angewiesen sind.

Wie stellen die Mitgliedsunternehmen sicher, dass die Produkte auch in Krisenzeiten verfügbar bleiben? Welche Strategien verfolgen Sie hinsichtlich lokaler Produktion, Lagerhaltung oder alternativer Bezugsquellen?
Es bräuchte vor allem eine nachhaltige Standortstrategie mit Einbeziehung aller europäischen Länder und faire Preise, die die Produktions- und Logistikkosten berücksichtigen. Ausschließlich nationale Vorräte bergen auch Risiken für die Versorgungssicherheit. Wegen niedriger Preise und hoher Kosten verliert Europa an Wettbewerbsfähigkeit, wodurch immer mehr Produktion abwandert. Eine gemeinsame europäische Strategie ist nötig, um Investitionen in die Herstellung und Entwicklung von Medizinprodukten langfristig zu sichern. In diesem Zusammenhang sollte nicht darauf vergessen werden, dass neben einer rein pandemischen Krise auch vollkommen neue Bedrohungen wie zum Beispiel Cyberkriminalität auf uns alle zukommen, die schwer beherrschbar sind. Diesen sollten seitens aller Stakeholder entsprechend Rechnung getragen werden.

Inwiefern arbeiten Sie mit Gesundheitseinrichtungen, Behörden oder anderen Stakeholdern zusammen, um Engpässe frühzeitig zu erkennen und gegenzusteuern?
Wie man in der COVID-19-Pandemie sehen konnte, funktionierte die Zusammenarbeit mit den genannten Stakeholdern sehr rasch und auf hohem Niveau. Wünschenswert wäre eine bessere Abstimmung von Krisenplänen schon vor dem Eintreten einer kritischen Situation.

Welche regulatorischen oder politischen Rahmenbedingungen würden aus Ihrer Sicht dazu beitragen, die Widerstandsfähigkeit und Versorgungssicherheit im Gesundheitswesen zu verbessern?
Um für Krisenfälle gerüstet zu sein, wäre es für uns als Industrie von zentraler Bedeutung, bereits jetzt gesetzliche Rahmenbedingung für die Finanzierung unserer Produkte – zum Beispiel rechtlich abgesicherte Erstattungsprozesse – zu schaffen, um in derartigen Situationen noch schneller mit den relevanten Stakeholdern in Kontakt treten zu können und keine Verzögerung aufgrund fehlender Zuständigkeiten in Kauf nehmen zu müssen. Generell ist eine frühzeitige Abstimmung zwischen den handelnden Parteien hinsichtlich der involvierten Prozesslandschaften und eine Schaffung der dafür notwendigen Schnittstellen dringend notwendig, ebenso wie ein Abbau von Bürokratie und das Miteinbeziehen der Industrie und deren Interessenvertretung bei der Gesetzwerdung.