Klinische Pfade fördern Effizienz

„Der verstärkte Einsatz von IT wird zu mehr Effizienz und Qualität im Krankenhaus führen“, ist DI Dr. Reinhard Oeser, Geschäftsführer der Oeser GmbH Unternehmensberatung und Daten­­­­­­­­­­ana­lyse, überzeugt. Der Schluss gelte aber nur dann, wenn vor der Entwicklung und Implementierung neuer EDV-Produkte oder -Systeme seitens der Klinikleitung gemeinsam mit den be­­­­­­­trof­fenen Mitarbeitern entsprechende Vorarbeiten geleistet werden.
Unter „Vorarbeiten“ versteht Oeser die organisatorische Optimierung der medizinischen Prozesse und klinischen Pfade sowohl innerhalb der Einrichtung als auch an den Schnittstellen einer integrierten Patientenversorgung. Andernfalls würden bei der Entwicklung neuer IT-Produkte hohe Kosten entstehen, die vor allem den EDV-Dienstleistern zugute kommen würden, nicht aber dem Spitalsbetreiber oder gar den Patienten. Wichtig ist es außerdem, die IT von Beginn an als integrierten Partner in die Optimierungsphase mit einzubeziehen, anstatt sie am Ende als „Zusatz einfach in den Prozess hineinzutragen“.

Paradigmenwechsel

Die laufende Prozessoptimierung wird umso wichtiger, je weiter der Paradigmenwechsel im Krankenhausbetrieb hin zu prozessorientierten, abteilungs- und strukturübergreifenden Konzepten voranschreitet. Zukünftig werden sich aus heute noch abteilungsorganisierten Häusern vermehrt fachübergreifende Zentren etablieren, etwa in Form von Brustgesundheits-, Tumor- oder Gefäßzentren.
In diesem zukunftsorientierten Gesamtkonzept erhält auch der klinische Pfad als Steuerungsinstrument immer größere Bedeutung. Er beschreibt den optimalen Weg eines speziellen Patiententyps mit seinen entscheidenden diagnostischen und therapeutischen Leistungen und seiner zeitlichen Abfolge. Dabei geht es um möglichst standardisierte Prozesse für die individuelle Ausprägung einer Erkrankung. „Dort, wo es medizinisch möglich ist, sollten die Prozesse so definiert werden, dass sie anschließend für verschiedene Pfade wiederverwendet werden können“, sagt Oeser. Denn je höher der Grad der Standardisierung, desto effizienter sind nicht nur die Prozesse an sich, sondern auch die sie unterstützende IT. Ergänzend dazu wird es aber immer auch ein gewisses Maß an Prozessen geben, die nur einmal für eine bestimmte Behandlung verwendet werden können. In diesen Fällen muss die IT individuell angepasst werden.
Oeser rät dazu, vor der Einführung neuer IT-Systeme auf jeden Fall die Begrifflichkeiten und Dokumentationen zu vereinheitlichen, medizinische Leitlinien einzuführen und Qualitätskennzahlen als Evaluierungs- und Benchmark-Grundlage zu definieren.
Oeser zitiert in diesem Zusammenhang gerne Antoine de Saint-Exupéry: „Vollkommenheit entsteht offensichtlich nicht dann, wenn man nichts mehr hinzuzufügen hat, sondern dann, wenn man nichts mehr wegnehmen kann.“ Dieser Grundsatz, ist Oeser überzeugt, gelte in besonderem Maße auch für die IT-Branche.

Patienten und Spitalsbetreiber profitieren

Nutznießer von effizienten klinischen Pfaden – und zwar sowohl innerhalb der Krankenhäuser als auch zwischen den Versorgungseinrichtungen –, die unter Berücksichtigung der neuen IT-Ressourcen optimiert werden, sind sowohl Patienten als auch das medizinische Personal und die Krankenhausbetreiber. Die IT wird dann im Idealfall zu einem effektiven Hilfsmittel, das mehr Zeit schafft für die eigentliche Behandlung der Patienten und gleichzeitig Kennzahlen für die Qualitätssicherung zur Verfügung stellt. Aber auch die Sozialversicherung profitiert – und damit am Ende der Steuerzahler –, weil einheitliche Standards und einheitliche Prozesse die Implementierung von „Standard-Softwareprodukten“ ermöglichen und damit zu Kostenreduktionen führen. Außerdem werden so Abrechnungsdaten aktuell verfügbar und können unmittelbar als Planungsdaten genutzt werden.