Zukunft der Pneumologie

Aufgrund demografischer Entwicklungen und einer immer größeren Anzahl älterer Menschen nimmt auch die Bedeutung von Lungenerkrankungen zu, denn es handelt sich dabei in vielen Fällen um altersbedingte Erkrankungen. So wurde die Pneumologie im Laufe der Zeit zu einem zentralen Fach der Inneren Medizin, das mit vielen anderen Fächern in engem Zusammenhang steht.
Der Internist und Lungenfacharzt Prim. Univ.-Prof. Dr. Otto Burghuber leitet die I. Interne Lungenabteilung im SMZ Baumgartner Höhe Wien. Die überwiegende Zahl der Patienten seiner Abteilung leidet an COPD, Asthma bronchiale oder einem Lungenkarzinom. Bei der Therapie der Lungenerkrankungen kommt eine ganze Reihe von Medizinprodukten zur Anwendung – ohne sie wäre die Pneumologie heute nicht denkbar. In vielen Fällen sind Medizinprodukte sogar erforderlich, um grundsätzliche Diagnosen in frühen Fällen zu erstellen, da speziell die COPD lange subklinisch und stumm bleibt.

Kompetenzzentrum für COPD

COPD (chronic obstructive pulmonary disease) macht sich schleichend breit und macht daher die Therapie besonders schwierig. Sie stellt für Burghuber daher ein großes Anliegen dar. „Die Dimension der COPD ist leider nach wie vor nicht adäquat erkannt“, sagt Burghuber. „Schon bald wird jeder dritte Todesfall auf diese Krankheit zurückgehen, wobei die Dunkelziffer – vor allem bei leichteren Frühformen – bei etwa 80 % liegt. Die Awareness ist leider sehr schlecht.“ Bis heute existieren keine nachgewiesenen Biomarker für COPD, obwohl die Forschung auf Hochdruck arbeitet – die Erkrankung gilt weltweit als eine der häufigsten Todesursachen und wird dennoch unterschätzt. Sie ist nicht heilbar, die Mortalität kann jedoch mittlerweile lange hinausgezögert werden, wenn sie in einem Frühstadium therapiert wird. Als großer Wunsch für die Zukunft bleibt dem Pneumologen der kausale Therapieansatz, denn „ohne kausalen Mechanismus können wir nicht heilen, sondern nur die Mortalität hinauszögern“, so Burghuber. Nachdem COPD weltweit eine bedrohliche Dimension eingenommen hat, würde eine derartige Entwicklung sehr positiv aufgenommen werden. Für die Diagnose der COPD wird die Spirometrie, ein Verfahrung zur Messung und Aufzeichnung des Lungenvolumens und der Luftflussgeschwindigkeit, eingesetzt und ist damit das am häufigsten eingesetzte Verfahren in der Pneumologie.
Für die Therapie der COPD, aber auch des Asthma bronchiale, kommen in der I. Internen Lungenabteilung im SMZ Baumgartner Höhe verschiedene Formen von Inhalatoren zum Einsatz. „Die Inhalations-Devices bei obstruktiven Lungenerkrankungen sind technisch bestens ausgefeilt und effizient. Medikamente können so direkt zum Erkrankungsort gebracht werden und ihre Wirkung entfalten“, schätzt der Lungenexperte die Unterstützung durch die Medizinprodukte.
Für die bahnbrechende Entwicklung der bronchoskopischen Lungenvolumenreduktion – die im Falle einer krankhaften Überblähung der Lunge bzw. einem reduzierten funktionsfähigen Lungenanteil eingesetzt wird – kommen mehrere Methoden zum Einsatz, für die die Lungenabteilung des SMZ Baumgartner Höhe eine Vorreiterrolle einnimmt. Irreversiblen Methoden zur bronchoskopischen Lungenvolumenreduktion wie etwa endoskopischen Verödungen mit Hitze oder Schaum stehen reversible Methoden gegenüber. „Ventile oder noch neuere Coils bringen das Lungenvolumen zum Schrumpfen – dafür sind wir österreichweit das Kompetenzzentrum“, berichtet Burghuber. Die kleinen Implantate werden hochselektiv eingesetzt, wobei etwa 30 bis 60 Fälle pro Jahr in der Abteilung behandelt werden – Tendenz steigend.
Peak-Flow-Meter für die Lungenfunktionsmessung bei Asthmatikern, Vernebler für Medikamente etwa bei Bronchiektasen-Patienten, aber auch palliativ eingesetzte Stents und Drainagen bei Flüssigkeitsansammlungen in der Lunge ergänzen das Medizinprodukte-Repertoire der Abteilung. In den vergangenen Jahren kamen zudem einige Medikamente gegen Interstitielle Lungenfibrose auf den Markt.
„Große Fortschritte werden zudem für die Therapie des Asthma bronchiale erwartet“, betont Burghuber, selbst für Erkrankungen im Spätstadium. Neue Erkenntnisse in der Immunologie führten zur Entwicklung neuer Medikamente, die noch in der Pipeline oder schon auf dem Markt sind.

Personalisierte Medizin beim Lungenkarzinom

Neben COPD, Asthma bronchiale, Lungenfibrose, Pneumonien oder auch Tuberkulose therapiert Burghubers Abteilung auch zahlreiche Lungenkarzinompatienten. Personalisierte Therapie im Fall von Lungenkarzinomen verzeichnet laufend respektable Erfolge. Lungenkrebs gilt zwar nach wie vor als eine der tödlichsten Krebsformen mit einer weiterhin hohen Mortalitätsrate, doch konnte die Erkrankung in den letzten Jahren stärker chronifiziert werden, wie Burghuber betont. Das Ziel blieben freilich ähnliche Erfolge wie beim Mammakarzinom mit einer stark hinausgezögerten Mortalität. Weitere Innovationen im Pharmasektor werden für die nächsten Jahre erwartet, mehr Patienten sollten zudem für personalisierte Therapie in Frage kommen. „Die Immunonkologische Therapie ist derzeit eine ‚second line’ Therapie. Speziell in Kombination mit anderen Therapien wird sie aber schon bald ‚first line’ sein“, wagt der Pneumologe einen Blick in die Zukunft. Dann könnte es durch effizientes Management des Lungenkrebses selbst in fortgeschrittenen Stadien Langzeitüberleber geben.

Interdisziplinäre Bemühungen

Lange Zeit galt Interdisziplinarität als notwendige Maßnahme, um die isolierte Position der Pneumologie als Fachgebiet zu kompensieren. Das ist nun anders. „Die Pneumologie war viel zu lange Zeit kein Bestandteil der Inneren Medizin“, kritisiert Burghuber. Erst seit Juli 2015 wurde sie mit der neuen Ausbildungsordnung in die Innere Medizin integriert. Ursache davon war die historische Entwicklung des Faches aus der Tuberkulose, doch während andere Länder sie schon deutlich früher integrierten, hinkte Österreich hinterher. Mit der neuen Regelung als integraler Bestandteil der Inneren Medizin ist eine breitere Ausbildung und bessere Vertiefung möglich, freut sich der versierte Fachmediziner. „Gerade im Fall der COPD mit ihren zahlreichen und häufigen Komorbiditäten wie Diabetes, Hypertonie oder Osteoporose halte ich es für einen großen Vorteil, die Krankheit aus einer allgemein internistischen Warte zu betrachten“, sagt Burghuber. „Dadurch können Diagnose und therapeutisches Management deutlich verbessert werden.“
Die Pneumologie unterhält enge Kontakte zu Radiologie, ­Pathologie und Kardiologie, aber natürlich auch zu anderen Fächern wie der Hals-Nasen-Ohren-Abteilung oder zur Neurologie, speziell wenn es um das Schlafapnoesyndrom geht. Insgesamt ist die Pneumologie ein Fach, das sowohl auf pharmazeutischen Gebiet als auch im Bereich der Medizinprodukte auf laufende Innovationen und technische Neuerungen angewiesen ist. Für die Lungenfachärzte bedeutet dies eine breite Palette an klinischem, pharmazeutischem und technischem Know-how, das sie laufend auf dem neuesten Stand halten müssen. Einmal mehr spielen Medizinprodukte hier eine entscheidende, zukunftsträchtige Rolle.