Erstmals Reduktion der Mortalität durch ein Antidiabetikum

Es ist gut etabliert, dass das kardiovaskuläre Risiko bei Patienten mit Typ-2-Diabetes im Vergleich zu Nichtdiabetikern signifikant erhöht ist; einer Metaanalyse der Emerging Risk Factors Collaboration zufolge ist das Risiko für eine Reihe kardiovaskulärer Erkrankungen und kardiovaskulären Tod bei Patienten mit Typ-2-Diabetes im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung etwa um den Faktor 2 höher (Lancet 375:2215, 2010), wobei Herzinfarkte die häufigste Todesursache sind (Holman et al., N Engl J Med 359:1577, 2008; Seshasai et al., N Engl J Med 364:829, 2011). Obwohl Möglichkeiten zur Reduktion des Infarktrisikos bei Diabetikern aufgezeigt wurden (z. B. UKPDS Group, BMJ 317:703, 1998; Colhoun et al., Lancet 364:685, 2004; ADA Standards of medical care in diabetes, Diabetes Care 37:S14, 2014), besteht nach wie vor eine Übersterblichkeit von Patienten mit Typ-2-Diabetes im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung (Lind et al., Diabetologia 56:2601, 2013).
Eine soeben veröffentlichte Analyse der Daten des Schwedischen Nationalen Diabetesregisters (Tancredi et al., N Engl J Med 373:1720, 2015) untersuchte die einzelnen Faktoren, die zu dieser Übersterblichkeit beitragen. Eingeschlossen wurden alle Patienten mit Typ-2-Diabetes, die zwischen 1998 und 2011 in das Register aufgenommen worden waren (n = 435.369) sowie pro Patient fünf zufällig ausgewählte Kontrollpersonen aus der Allgemeinbevölkerung (n = 2.117.483). Die Gesamtsterblichkeit während der mehr als 4-jährigen Beobachtungszeit betrug unter den Diabetikern 17,7 % vs. 14,5 % in der Kontrollgruppe (adjustierte HR 1,15; 95%-KI 1,14–1,16); die kardiovaskuläre Mortalität betrug 7,9 % bei den Patienten vs. 6,1 % in der Kontrollgruppe. Die Übersterblichkeit sowohl für die Gesamtmortalität als auch für die kardiovaskuläre Mortalität war bei schlechter glykämischer Kontrolle, schwereren renalen Komplikationen und auffallender Weise bei jüngeren Patienten (< 55 Jahre) am höchsten. Nach Bereinigung um Alter und Geschlecht war die Gesamt-Übersterblichkeit in dieser Analyse mit 27 % im Vergleich zu anderen Berichten beeindruckend niedrig (Lind et al., Diabetologia 56:2601, 2013) und verringerte sich bei Bereinigung um Begleiterkrankungen auf 15 %. Damit gelang in dieser Studie durch die gute Kontrolle der kardiovaskulären Risikofaktoren eine Reduktion der Übersterblichkeit in einem bisher weltweit unerreichten Ausmaß. Dass auch eine langfristige gute glykämische Kontrolle zu diesem Erfolg beiträgt, zeigt die signifikante Senkung der kardiovaskulären Mortalität in der 10-Jahres-Auswertung der VADT-Studie (Hayward et al., N Engl J Med 372:2197, 2015). Als Verbesserungsmöglichkeiten gerade für jüngere Typ-2-Diabetiker nennen die Autoren der schwedischen Studie, Tancredi und Kollegen, u. a. die Entwicklung neuer, kardioprotektiv wirksamer Medikamente.
Kardiovaskuläre Outcome-Studien zu DPP-4-Hemmern (SAVOR-TIMI-53, EXAMINE sowie in diesem Jahr TECOS) und Lixisenatid (ELIXA) erbrachten neutrale Ergebnisse und somit den Nachweis der kardiovaskulären Sicherheit. Mit der ebenfalls 2015 vorgestellten EMPA-REG-Outcome-Studie gelang erstmals ein Durchbruch, indem in einer kardiovaskulären Outcome-Studie in einem Hochrisikokollektiv eine bemerkenswerte Überlegenheit der Testsubstanz – in diesem Fall des SGLT-2-Hemmers Empagliflozin – im Vergleich zu Placebo demonstriert wurde: Das relative Risiko für kardiovaskulären Tod wurde um 38 %, für Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz um 35 % und für die Gesamtmortalität um 32 % und somit signifikant gesenkt. Ob diese überraschend signifikant positiven Ergebnisse in einen Konnex mit dem Ziel der Reduktion der Übersterblichkeit gerade bei jungen Typ-2-Diabetikern zu bringen sind, werden weitere Analysen klären müssen.
In dieser Ausgabe von DIABETES FORUM finden Sie eine Zusammenfassung der aktuellen Outcome-Studien, auch im Kontext mit deren „Vorreitern“ ORIGIN und PROactive.