Inhibition der B-Zell-Stimulierung

Autoantikörper und B-Zellen in der Pathogenese des SLE

Autoreaktive B-Zellen/Plasmazellen produzieren bei Kollagenosen wie dem systemischen Lupus erythematodes (SLE) die für die Erkrankung charakteristischen Autoantikörpern die an der Vermittlung der Organ- und Zellschädigung beteiligt sind. Typisch für den SLE sind in erster Linie die gegen nukleäre Bestandteile gerichteten Autoantikörper. Prominenteste Vertreter sind Autoantikörper gegen dsDNA, die auch als Marker (ACR-Kriterium) für den SLE dienen. Neben diesen sind Anti-SmD1-IgG zu nennen, die hochspezifisch für den SLE sind, des Weiteren Anti-Histon-Ak, Anti-Chromatin-Ak und Anti-Nucleosom-Ak. Neben den antinukleären Antikörpern tritt ein breites Spektrum von Autoantikörpern auf, wobei viele dieser Autoantikörper wahrscheinlich keine direkte pathogene Funktion haben, sondern lediglich Epiphänomene der Immunreaktion darstellen. Bei einer Reihe von Autoantikörpern ist jedoch davon auszugehen, dass sie direkt an der Vermittlung der Zell- und Gewebsschädigung beteiligt sind: Dazu gehören Anti-dsDNA-Ak, Anti-SmD1-Ak, Anti-Phospholipid-Ak, antineuronale Ak, Anti-Lymphozyten/Erythrozyten/Thrombozyten-Ak und Anti-Ro-Ak.1 Neben der Autoantikörperproduktion sind B-Zellen auch bei Kollagenosen als antigenpräsentierende Zellen (antigen presenting cells, ACP) an der Pathogenese beteiligt. Autoreaktive B-Zellen können über die Präsentation von Autoantigenen autoreaktive T-Zellen aktivieren und an Hand von Knock-out- Mäusen wurde gezeigt, dass B-Zellen als APC für die Pathogenese des SLE unentbehrlich sind. Ferner können B-Zellen auch in Kollagenosen durch die Produktion von Zytokinen Einfluss auf die Pathogenese der Erkrankung nehmen.2

Belimumab inhibiert B-Zell-Stimulierung

Belimumab ist ein vollständig humanisierter monoklonaler Antikörper gegen BLyS/BAFF, einen Faktor, der in der Stimulierung und Aktivierung von B-Zellen eine wichtige Rolle spielt. Belimumab blockiert die Bindung von BAFF an seinen Rezeptor und führt dadurch zu einer erhöhten Apoptoserate von frühen Plasmazellen, naiven B-Zellen und aktivierten B-Zellen.
Belimumab wurde bisher zur Behandlung von SLE-PatientInnen in klinischen Studien untersucht. Eine Phase-I-Studie zur Behandlung von RA-PatientInnen mit
Belimumab wurde kürzlich abgeschlossen. In der initialen Phase-I-Studie bei SLE-PatientInnen wurde die Behandlung mit Belimumab gut toleriert und führte zu einer Reduktion von B-Zellen im peripheren Blut. In der anschließenden Phase-II-Studie verfehlte Belimumab jedoch seine primären Endpunkte im SELENA-SLEDAI-Index und im „Time-to-flare“-Endpunkt nach 24 Wochen. Gleichzeitig konnte jedoch eine 63–71%ige Verminderung an zirkulierenden naiven, aktivierten und plasmazytoiden B-Zellen beobachtet werden. Weiters konnte auch ein 29%ige Reduktion an Anti-dsDNA-Ak-Titern festgestellt werden.
In der ersten Phase-III-Studien (BLISS-52) zeigte Belimumab schließlich unter Verwendung des SLE-Responder-Index (SRI) eine signifikant höhere Ansprechrate (57,6 % in der 10-mg/kg- Gruppe, 51,4 % in der 1-mg/kg-Gruppe) im Vergleich zur Placebo-Gruppe (43,6 %)3, ähnliche Resultate konnten in der zweiten Phase-III-Studie (BLISS-76) erreicht werden (SRI-Ansprechrate Belimumab 10 mg/kg: 43,2 %; 1 mg/kg: 40,6 %, Placebo: 33,5 %). Insbesondere bei SLE-PatientInnen mit hoher serologischer Aktivität (d. h. niedrigem Komplementfaktoren/positiver Nachweis von Anti-dsDNA-Ak) führte Belimumab + Standardtherapie versus Placebo + Standardtherapie zur signifikanten Reduktion von Krankheitsaktivität, Schüben und Kortikosteroidverbrauch sowie zur Verbesserung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität.

Zulassung. Belimumab wurde im November 2011 in den USA zur Behandlung von SLE-PatientInnen zugelassen. Dies mag auf den ersten Blick nicht sehr aufregend klingen. Tatsächlich aber ist Belimumab das erste offiziell von der FDA zugelassene Medikament in dieser Indikation seit über 50 Jahren. Seit Juli 2011 ist Belimumab in Österreich in einer Dosierung von 10 mg/kg an den Tagen 0, 14 und 28 und anschließend alle 4 Wochen als Zusatztherapie zur Standardtherapie von aktiven ANA-positiven SLE-PatientInnen zugelassen. Kontraindikationen stellen u. a. eine ZNS-Beteiligung, eine schwere Glomerulonephritis, eine Hepatitis-B/C-Infektion, eine Hypogammaglobulinämie (IgG < 400 mg/dl) oder ein IgA-Mangel (< 10 mg/dl) dar.

Verträglichkeit. Belimumab wies in den Studien ein allgemein gutes Verträglichkeitsprofil auf. Ein gehäuftes Auftreten von Infusionsreaktionen wurde beobachtet, die aber durch Routinemaßnahmen gut beherrschbar waren. Eine Zunahme von schweren Infektionen oder malignen Erkrankungen wurde nicht beobachtet.

Resümee

B-Zellen haben sich in verschiedenen Autoimmunerkrankungen zumindest teilweise als valides Target von neuen Therapieansätzen erwiesen. Die Fortschritte auf diesem Gebiet betreffen die Entwicklung neuer Antikörper gegen Oberflächenmoleküle von B-Zellen wie CD20 oder CD22. Diese könnten in Zukunft alleine, oder in Kombination mit Substanzen, die Wachstumsfaktoren von B-Zellen wie BAFF oder APRIL angreifen, eingesetzt werden. Nicht zuletzt scheinen Therapieansätze, die den intrazellulären Signalübertragungsweg in B-Zellen blockieren, eine vielversprechende Therapieform zu sein.

1) Diamond B et al., Moving towards a cure: blocking pathogenic antibodies in systemic lupus erythematosus. J Intern Med 2011; 269:36–44.
2) Townsend MJ , Monroe JG, Chan AC, B-cell targeted therapies in human autoimmune diseases: an updated perspective. Immunol Rev 2010; 237:264–283.
3) Navarra SV et al., Efficacy and safety of belimumab in patients with active systemic lupus erythematosus: a randomised, placebo-controlled, phase 3 trial. Lancet 2011; 377:721–731.