Plädoyer für eine rasche Durchimpfung bis zur Herdenimmunität – Es ist das größte Risiko, kein Risiko einzugehen

Die Bandbreite der Impfphobie reicht von einer fundamentalistischen Verteidigung von Grundrechten bis zur banalsten Form einer Trypanophobie (Spritzenangst).

Impfzwang und Impfpflicht: Wieso braucht es überhaupt eine Diskussion über eine gesetzliche Impfpflicht, reicht nicht schon die moralische Verpflichtung? Muss man die Menschen wirklich zum Glück zwingen? Ist die Impfpflicht als „Ultima ratio“ eine ausreichende Rechtfertigung, obwohl 83 % der Österreicher dagegen wären? Jedenfalls wäre eine gesetzliche Impfpflicht niemals als Zwang zu sehen, dieser bestünde ja lediglich darin, bei Missachtung eine Geldstrafe zu riskieren. Schwerer wiegen doch letztlich die indirekten Folgen und Ausgrenzungen im öffentlichen, beruflichen und sozialen Leben. Eine gesetzliche Impfpflicht kann nur ethisch (als Akt der Nächstenliebe, um z. B. Immungeschwächte, Schwangere*, Neugeborene und generell all jene, die nicht geimpft werden können, zu schützen) begründet werden (andernfalls wäre es ja ein Eingriff in die körperliche Integrität des Einzelnen), während eine indirekte Impfpflicht („Impfpflicht light“) sehr rational Interessen des Marktes vertritt. So kündigen bereits weltweit viele Unternehmen (Spitäler, Pflegeheime, Schulen, Airlines etc.) an, Anstellungen und Kundenkontakte nur mit Impfnachweis zuzulassen. Die Schutzpflicht von Spitalsträgern gegenüber ihren Patienten ist gesetzlich verankert, während weite Teile der indirekten Impfpflicht vordergründig den ökonomischen Interessen der Wirtschaft folgen. Die Impfgegner seien daran erinnert, dass sie dagegen nichts ausrichten können, ja nicht einmal die Politik dafür verantwortlich machen können, denn die entsprechenden Freiheiten des Marktes gehören auch zum demokratischen Verständnis unserer Gesellschaft.
Regierungen werden autark darüber bestimmen, ob sie ungeimpfte Personen ins Land lassen, auch das kein Novum, wenn man bedenkt, dass derzeit in 47 Ländern weltweit keine Einreise ohne Gelbfieber-Impfnachweis möglich ist.
Bedenklich finde ich nur, dass die moralische, zwischenmenschliche Verpflichtung zur Impfung scheinbar nicht ausreichen wird und wir auf die indirekten Druckmacher angewiesen sein könnten. Das Gesetz wird wohl mehr gefürchtet als das Gewissen, über das man sich leichter hinwegsetzen kann.

Sicht der Bioethikkommission: Die österreichische Bioethikkommission setzt sich seit Jahren mit der Idee einer Impfpflicht in bestimmten Bereichen auseinander und hat sich zuletzt anlassbedingt 2019 zur Masernimpfung aus ethischen Gründen klar dafür positioniert.

Vorbildfunktion und öffentliches Bekenntnis für die Impfung: Sich öffentlich stechen zu lassen ist ein gutes Mittel, um Überzeugung zu generieren, Politiker in aller Welt taten es vor laufender Kamera, wenngleich die Vorbildfunktion sichtbar hinter den heroischen Machtakt gerückt war. Bei der Vorbildwirkung des Arztes sollte es nicht um eine persönliche Weltanschauung des Arztes gehen, denn die Informationspflicht ist getragen von objektiver Natur und wissenschaftlicher Erkenntnis, die anzuwenden ist.

* hohe Priorisierung bei engem Kontakt zu vulnerablen Gruppen (z. B. zu Schwangeren): Das österreichische Impfgremium hat die ­Population in 7 Kategorien/Dringlichkeitsstufen eingeteilt, demnach soll aufgrund anfänglich beschränkter Impfressourcen eine Impfreihenfolge mit Priorisierung definierter Risikogruppen erfolgen. Schwangere ­können auf der Basis derzeit verfügbarer Zulassungsstudien nicht ­geimpft werden und sind daher auf den Schutz durch enge Kontakt­personen angewiesen.

 

Mit kollegialen Grüßen, Dr. Michael Elnekheli

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