ESMO 2018: Highlights zum Ovarialkarzinom − Neue Daten zu PARP-Inhibitoren und Immuntherapie

Beim diesjährigen ESMO wurde im Bereich des Ovarialkarzinoms mit der SOLO-1-Studie sicherlich eine bahnbrechende Studie in der Primärtherapie von Patientinnen mit BRCA-Mutation präsentiert. Diese Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit einer flächendeckenden BRCA-Testung im Rahmen der Primärtherapie.

Primärtherapie

PARP-Inhibitor Olaparib: Im Rahmen der SOLO-1-Studie (Moore K. et al., N Engl J Med 2018) wurde die Wirksamkeit von Olaparib in der Erhaltungstherapie bei Patientinnen mit Ovarialkarzinom untersucht (Abb. 1). Alle Patientinnen mussten eine BRCA-Mutation aufweisen, ein fortgeschrittenes epitheliales Ovarialkarzinom mit partiellem oder komplettem Ansprechen nach abgeschlossener platinhaltiger Kombinationschemotherapie. Die Randomisierung erfolgte 2:1 und PFS wurde als primärer Endpunkt evaluiert.

 

 

Die Patientinnencharakteristika waren in beiden Gruppen ident und zeigten keine relevanten Auffälligkeiten. Das mediane PFS lag in der Kontrollgruppe bei 13,8 Monaten und war in der Olaparib-Gruppe bei 48 Monaten noch nicht erreicht (HR 0,30 [95%-KI 0,23–0,41]) (Abb. 2). Das 3-Jahres-PFS lag in der Kontrollgruppe bei 26,9 % und in der Olaparib-Gruppe bei 60,4 %. Der Benefit zeigte sich konstant in allen Subgruppenanalysen und setzte sich bei TFST („time-to-first-subsequent-therapy“), PFS2 und TSST („time-to-second-subsequent-therapy“) fort. Bezüglich der Verträglichkeit zeigten sich die bekannten Nebenwirkungen der PARP-Inhibitoren ohne neue Signale. Insgesamt handelt es sich bei den PARP-Inhibitoren um eine bekanntermaßen sehr verträgliche Therapieform. Dies zeigte sich auch in der niedrigen Rate an Therapieabbrüchen wegen Nebenwirkungen: 2,3 % in der Kontrollgruppe und 11,5 % in der Olaparib-Gruppe. Diese Studie zeigt da­rüber hinaus, wie entscheidend die lückenlose BRCA-Testung im Rahmen der Primärtherapie ist, um diesen prädiktiven und prognostischen Biomarker für die Therapieentscheidung entsprechend berücksichtigen zu können.

 

 

PARP-Inhibitor Niraparib: Im Rahmen der PRIMA-Studie (Gonzales A. et al., Annals of Oncology 2018) – einer Studie zur Wirksamkeit von Niraparib als Erhaltungstherapie bei Patientinnen mit Ovarialkarzinom in der ­Primär-therapie – wurden Sicherheitsdaten präsentiert. In diese Studie wurden im Gegensatz zur SOLO-1-Studie sowohl Patientinnen mit als auch ohne BRCA-Mutation inkludiert. Vorangegangene Analysen zeigten, dass Patientinnen < 77 kg Körpergewicht bzw. < 150.000 Thrombozyten/µl ein deutlich höheres Risiko für hämatologische Nebenwirkungen aufwiesen. Daher untersuchte diese Studie im Rahmen einer Subgruppenanalyse, ob eine adaptierte Dosierung (200 mg täglich) im Vergleich zur Standarddosierung (300 mg täglich) in diesem Risikokollektiv zu einer Reduktion der Nebenwirkungen führt. Dies konnte in der Studie deutlich gezeigt werden: Die hämatologischen Nebenwirkungen konnten um 50 % reduziert werden und weitere Nebenwirkungen wie Übelkeit, Emesis und Fatigue ebenfalls deutlich gesenkt werden. Die Wirksamkeitsdaten dieser Studie stehen noch aus.

Rezidivtherapie

Liposomales Doxorubicin im Rezidivregime: Die AGO-2.21/ENGOT-ov18-Studie verglich die Wirksamkeit der Standardtherapie Carboplatin/Gemcitabin/Bevacizumab (CG-Bev) mit der experimentellen Therapie Carboplatin/liposomales Doxorubicin/Bevacizumab (CD-Bev) bei Patientinnen mit platinsensiblem Ovarialkarzinomrezidiv. Dabei zeigte sich eine bessere Wirksamkeit im experimentellen Arm (CD-Bev) mit einem medianen PFS 13,3 vs. 11,7 Monaten (HR 0,81 [0,69–0,96]). Dies ist insofern relevant, da CD-Bev die deutlich besser verträglichere Therapieform darstellt. Dies wird auch durch die besseren Lebensqualitätsdaten und das günstigere Toxizitätsprofil in dieser Studie im CD-Bev-Arm unterstützt.

Im Bereich der Immuntherapien wurden einige Phase-II-Studien bei Ovarialkarzinomrezidiv präsentiert. Eine Phase-II-Studie untersuchte die Wirksamkeit von Nivolumab mit Bevacizumab. Dabei zeigte sich in der platinresistenten Gruppe eine ORR von 16,7 % und eine Clinical-Benefit-Rate von 33,3 %. In der platinsensiblen Gruppe zeigte sich eine ORR von 40 %, eine Clinical-Benefit-Rate von 75 %. Im Rahmen einer weiteren Phase-II-Studie wurde die Wirksamkeit von Durvalumab mit Olaparib untersucht. Dabei zeigte sich ein partielles Ansprechen in 14 % und eine Krankheitsstabilisierung in 57 % der Fälle.

RESÜMEE & AUSBLICK: Die Themenblöcke „PARP-Inhibition“ sowie „Immuntherapie“ dominierten den ESMO 2018 beim Ovarialkarzinom.
Die Wirksamkeit der PARP-Inhibitoren als Erhaltungstherapie in der Primärtherapie verdichten sich und zeigen insbesondere in der Gruppe der Patientinnen mit BRCA-Mutation eindrucksvolle Ergebnisse. Dies verlangt eine lückenlose BRCA-Testung von Patientinnen im Rahmen der Primärtherapie, da die EMA-Zulassung für die BRCA-mutierten Patientinnen demnächst erfolgen wird.
Im Bereich der Immuntherapie zeigen erste Phase-II-Studien durchaus vielversprechende Ergebnisse für die Wirksamkeit von Immuncheckpoint-Inhibitoren alleine und in Kombination sowohl mit antiangiogenetischen Medikamenten als auch PARP-Inhibitoren beim Ovarialkarzinom. Die Ergebnisse der derzeit laufenden Phase-III-Studien werden noch einige Jahre auf sich warten lassen.
Darüber hinaus gilt insbesondere beim Ovarialkarzinom offensichtlich ein Hauptaugenmerk der Entwicklung von genaueren prädiktiven Biomarkern als jenem der immunhistochemischen Bestimmung der PD-L1-Expression im Tumorgewebe, um Patientinnen mit Ovarialkarzinom, die von einer solchen Therapie sehr wahrscheinlich profitieren könnten, präziser zu identifizieren.

Literatur beim Verfasser