Nachlese zum 3. Weltkongress der ISFP – Kryokonservierung von Ovarialgewebe nur der Anfang

Am 8. und 9. November 2013 lud die ISFP – sie wurde 2009 gegründet – zu ihrem 3. Weltkongress in Valencia, der von über 450 TeilnehmerInnen aus 47 Ländern besucht wurde. Wie in den Jahren zuvor war ein zentrales Thema des Kongresses die Kryokonservierung und Autotransplantation von Ovarialgewebe.

Zunehmende Erfolgsbilanz: 2004 berichteten J. Donnez, erster Präsident der ISFP, und sein Team von der weltweit ersten Geburt nach diesem Verfahren.1 Das Ovarialgewebe wurde einer an Mb. Hodgkin erkrankten Patientin vor geplanter Chemotherapie entnommen, eingefroren und nach erfolgreicher Therapie autotransplantiert. Diese Publikation blieb nicht ohne Kritik, insbesondere da nicht eindeutig bewiesen werden konnte, ob diese Schwangerschaft wirklich aus dem Transplantat und nicht aus dem in situ verbliebenen Ovar resultierte. Dieselbe Arbeitsgruppe konnte jedoch 2012 mit der erfolgreichen Autotransplantation von kryokonserviertem Ovarialgewebe einer Patientin nach vorhergehender bilateraler Ovarektomie das bis dahin fehlende Proof of Principle liefern.2, 3 Auf dem Kongress wurde von weltweit 30 in der Literatur beschriebenen Geburten nach Transplantation von kryokonserviertem Ovarialgewebe4 berichtet, und diese Zahl nimmt stetig zu.

Bezüglich der Lebensdauer der Transplantate konnten C. Andersen und sein Team zeigen, dass die retransplantierten Gewebe bisher zwischen 15 und 94 Monaten endokrin aktiv waren und einige davon noch weiterhin aktiv sind. In seinem Vortrag plädierte Andersen dafür, die Kryokonservierung von Ovarialgewebe künftig nicht „nur“ zur Erlangung einer Schwangerschaft, sondern vielmehr auch zur „endogenen“ Hormonersatztherapie einzusetzen.

Ist die Autotransplantation für alle Patientinnen sicher? Diese wichtige Frage wurde im Vortrag von M. M. Dolmans, ebenfalls aus der Arbeitsgruppe von Donnez, diskutiert. In Ovarialgeweben von Leukämiepatientinnen konnten in drei unabhängigen Studien maligne Zellen mittels PCR detektiert werden.5–7 Die Datenlage zum Ausbruch der Erkrankung nach Xenotransplantation in immundefiziente Mäuse ist kontrovers7, 8 und es bedarf noch weiterer Studien.

Follikulogenese in vitro: Ein experimenteller Bereich der Fertilitätsprotektion, der sich auch durch die Suche nach sicheren Alternativen zur Autotransplantation in den letzten Jahren stark entwickelt hat, ist die In-vitro-Kultur von Ovarialgewebe und Follikeln zur Gewinnung reifer Eizellen. Mit dem Ziel, die gesamte Follikulogenese in vitro durchführen zu können, entwickelte das Team um E. Telfer ein „Mehr-Schritt-Kulturverfahren“: nach Initiierung des Follikelwachstums mittels Gewebekultur werden Sekundärfollikel isoliert und individuell weiter kultiviert.9, 10 Mit diesem Verfahren wurde bereits die Entwicklung reifer Oozyten aus humanen Primordialfollikeln erzielt (Telfer et al., unveröffentlichte Daten 2011, 2013). Der epigenetische Status sowie das Fertilisierungspotenzial dieser Oozyten bleiben jedoch weiterhin unklar.

„Artifizielles“ Ovar: S. Kristensen aus der Gruppe von Andersen arbeitet hingegen ebenso wie die Gruppe von Donnez an der Entwicklung eines „artifiziellen“ Ovars. Dazu werden isolierte Follikel in Alginat eingebettet, um sie anschließend entweder in vitro zu kultivieren11–13 oder in immundefiziente Mäuse zu transplantieren. Kristensen präsentierte ihre unveröffentlichten Daten zur Vitrifizierung isolierter Follikel vor Xeno­transplantation, was zu keiner wesentlichen Beeinträchtigung der Follikelvitalität zu führen scheint. Die Entwicklung des „artifiziellen“ Ovars ist ein noch höchst experimentelles Verfahren, hat aber das Potenzial, eine sichere Alternative zur klassischen Autotransplantation zu werden.

Gefriergetrocknete Oozyten: Einen Vorgeschmack auf die noch fernere Zukunft lieferten die unveröffentlichten Daten von P. Patrizio und seinem Team. Gemeinsam mit der Arbeitsgruppe um A. Arav wird versucht, die Gefriertrocknung, welche bereits erfolgreich in mononukleären Blutzellen14 und Spermatozoen durchgeführt wurde15, 16, auch für die Konservierung von Oozyten zu etablieren. In ein paar Jahren werden Eizellen, Embryonen und Ovarialgewebe so vielleicht nicht mehr in unseren Flüssigstickstofftanks gelagert, sondern in den Badezimmerschränken unserer Patientinnen. Einstweilen jedoch liegt die Zukunft der Fertilitätsprotektion weiterhin „auf Eis“.