Peripartale Kardiomyopathie – mehr als eine kardiologische Diagnose

Die peripartale Kardiomyopathie (PPCMP) ist als akute Herzinsuffizienz mit reduzierter Linksventrikel-Auswurffraktion (LVEF) in der peripartalen Periode definiert. Die Erkrankung betrifft Frauen im letzten Monat der Schwangerschaft oder innerhalb von sechs Monaten nach Entbindung.

Die Häufigkeit variiert je nach geografischer Region. Während beispielsweise in Haiti die Inzidenz mit 1:300 beschrieben ist, verzeichnen die USA mit 1:4.000 eine deutlich geringere Rate. In Deutschland tritt die Erkrankung bei 1:1.500 Patientinnen auf. Für Österreich liegen derzeit keine Inzidenzangaben vor.

Zur Entstehung gibt es ebenso keinen klaren Konsens. Eine Hypothese beschreibt den Ursprung im erhöhten Aufkommen von Prolaktin-Spaltprodukten, die toxische Wirkungen auf die Myozyten bewirken und eine Funktionsstörung dieser hervorrufen. Andere Autor:innen vermuten oxidativen Stress der Endothelien als ursächlichen Pathomechanismus, bedingt durch die vaskuläre Belastung der Schwangerschaft, wobei bestimmte Mediatoren ausgeschüttet werden, die dann zum Untergang der Myozyten führen.
Auch immunologische, infektiöse oder hormonelle Veränderungen sowie genetische Prädispositionen werden als ätiologische Faktoren beschrieben.
Bei Vorliegen einer PPCMP ist das Risiko für linksventrikuläre und periphere arterielle Thromben, für Herzrhythmusstörungen sowie für plötzlichen Herztod erhöht.

Wann an eine PPCMP denken?

Klinisch werden die Symptome in unterschiedlicher Ausprägung beschrieben: von leichter Dyspnoe und Ödemen bis zum kardiogenen Schock bedingt durch ein Lungenödem; auch Angina Pectoris oder Palpitationen können auftreten. Der typische Hinweis für das Vorliegen einer PPCMP ist jedoch die Ruhedyspnoe, vor allem im Liegen.

Die PPCMP gilt derzeit noch als Ausschlussdiagnose. Andere Ursachen für ein akutes Herzversagen müssen ausgeschlossen werden. Dazu zählen in erster Linie die Pulmonalembolie, die Myokarditis und das akute Koronarsyndrom. Eine präexistente Kardiomyopathie, die erst in der Schwangerschaft zu einer kardialen Dekompensation führt, kann nur schwer von einer PPCMP unterschieden werden.

Welche Untersuchungen bei Verdacht auf PPCMP?

Bei Brustschmerzen oder Dyspnoe in der Schwangerschaft oder im Wochenbett sollte als erstes ein EKG durchgeführt werden. Auch wenn es keine typischen Kennzeichen einer PPCMP im EKG gibt, bringt das EKG erste Informationen darüber, in welche Richtung die Diagnose geht. Darüber hinaus ist es schnell und einfach durchzuführen und überall verfügbar. Indirekte Zeichen einer PPCMP im EKG können durch eine Rechtsherzbelastung oder eine Niedervoltage gegeben sein.

Schnell verfügbar ist auch das Thorax-Röntgen, das insbesondere postpartal zum Einsatz kommt. Eine Stauung oder vergrößerte Herzsilhouette als Zeichen der akuten Herzinsuffizienz können Hinweise auf das Vorliegen einer PPCMP sein.

Die Diagnose wird jedoch in erster Linie durch die Echokardiografie und natriuretische Peptide (NT-pro-BNP) im Blut gestellt. Je nach Literatur wird die PPCMP ab einer LVEF < 35% oder < 45% definiert. Wobei hier zu betonen ist, dass eine LVEF > 65% als Normalbefund gilt. Ein dilatierter rechter Ventrikel gilt nicht als diagnostisches Kriterium für eine PPCMP. Ein Perikarderguss oder eine sekundäre Mitralklappen-Insuffizienz können zusätzlich vorhanden sein.

Welche Maßnahmen sind bei PPCMP zu ergreifen?

Bei kardiogenem Schock sind in erster Linie Akutmaßnahmen zur Aufrechterhaltung der Organperfusion zu treffen, eine intensivmedizinische Versorgung muss gewährleistet werden.

Die Therapie richtet sich nach den Guidelines für das Management kardiovaskulärer Erkrankungen in der Schwangerschaft von der European Society of Cardiology (ESC). In der akuten Therapie ist es wichtig, die kardiale Vorlast zu senken, um weitere Komplikationen wie Multiorganversagen durch Minderperfusion zu vermeiden. König et al. haben dafür das BOARD-Schema entwickelt (Bromocriptine, Oral Heart Failure Therapy, Anticoagulation, VasoRelaxing Agents and Diuretics):

  • Diuretika wie Furosemid und Kalzium-Kanal-Antagonisten sollten so schnell wie möglich zur Senkung der Vorlast verabreicht werden.
  • Die Antikoagulation mit niedermolekularem Heparin ist wichtig, um thromboembolische Ereignisse zu vermeiden.
  • Die Therapie für Herzinsuffizienz inkludiert zudem ß-Blocker, Aldosteron-Rezeptor Antagonisten und ACE-Hemmer.
  • Bromocriptin hemmt Prolaktin und setzt damit an der Theorie zur Entstehung der PPCMP durch Prolaktin-Fragmente an.
  • ß-Blocker, Diuretika und Heparin können auch während der Schwangerschaft verabreicht werden. ACE-Hemmer und Aldosteron-Rezeptor-Antagonisten sind kontraindiziert.

Eine Entbindung ist anzustreben, sobald der Kreislauf der Patientin instabil wird und somit eine letale Gefahr besteht. Ein interdisziplinäres Vorgehen mit der Intensivmedizin ist anzustreben. Wichtig ist, dass ein Overload durch Volumengabe vermieden wird. Bei stabilem Kreislauf kann die Schwangerschaft falls notwendig prolongiert werden.
Die reduzierte Organperfusion bedingt durch eine Herzinsuffizienz der Mutter führt zu einer Minderperfusion der Plazenta und demnach zu insuffizienter Versorgung des Fetus. Nach der Entbindung aufgrund einer PPCMP sollte das Neugeborene für 24–48 Stunden überwacht und neonatologisch betreut werden, um eine respiratorische Depression oder Hypoglykämie zu erkennen.

Nach Stabilisierung der Patientin sollte auf eine orale Herzinsuffizienztherapie umgestellt und diese für mindestens 12–24 Monate weitergeführt werden. Es ist darauf zu achten, ß-Blocker langsam auszuschleichen, um ein Rebound-Phänomen zu vermeiden. Die Patientin sollte zum Zwecke einer kontinuierlichen Nachsorge an eine Herzinsuffizienz-Ambulanz angebunden werden.
Aufgrund der proarrhythmogenen Neigung von PPCMP wird die Verabreichung eines mobilen Kardioverter-Defibrillators (WCD) empfohlen. Das Gerät kann lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen detektieren und sofort einen Schock zur Defibrillation absetzen. Der WCD sollte für mindestens 3Monate getragen werden.

Prognose

Die Heilungsrate (LVEF > 65%) innerhalb eines halben Jahres beträgt 46%. Geringere LVEF bei Diagnosestellung, Notwendigkeit einer intensivmedizinischen Betreuung und hohe Pro-BNP-Serumlevel sind mit einer schlechteren Prognose vergesellschaftet.
Die Datenlage zu nachfolgenden Schwangerschaften ist gering. Wenn sich die LVEF nicht erholt, ist laut ESC-Guidelines von einer weiteren Schwangerschaft abzuraten. Bei vollständiger Remission gibt es keine klaren Empfehlungen gegen eine weitere Schwangerschaft. In diesem Fall sollte aber jedenfalls eine interdisziplinäre präpartale Betreuung durch Geburtshelferinnen und -helfer,sowie Kardiologinnen und Kardiologen erfolgen.

Wissenschaftliche Aussichten

Querschnittsstudien oder die Etablierung von internationalen Registern zur PPCMP würden mehr Informationen zur Inzidenz und geografischen Verteilung der Erkrankung bringen. Weitere Forschung ist vor allem im Bereich der Pathomechanismen anzustreben. Die genetische Prädisposition wurde schon von einigen Autor:innen beschrieben. Zusätzlich gibt es Assoziationen mit der Entstehung von Präeklampsie. Genauere Untersuchungen müssen durchgeführt werden, um herauszufinden, ob die PPCMP mit hypertensiven Schwangerschaftserkrankungen und Plazentainsuffizienz einen Formenkreis an kardiovaskulären Erkrankungen in der Schwangerschaft mit gemeinsamer Pathogenese bildet. Weitere Studien sind notwendig, um die Patientinnen bezüglich nachfolgender Schwangerschaften besser aufklären zu können.

Zusammenfassung und Tipps für die Praxis

Die PPCMP ist eine selten auftretende Erkrankung, die potenziell lebensbedrohlich für Mutter und Kind ist. Akutes Herzversagen kann rasch zu einem kardiogenen Schock führen und benötigt schnelle, interdisziplinäre und vor allem intensivmedizinische Betreuung.
Die Diagnose erfolgt durch proBNP und die Echokardiografie. Bei Kreislaufversagen ist eine dringliche Entbindung anzustreben. Bei stabilem Kreislauf kann die Situation durch Schleifendiuretika und ß-Blocker verbessert werden und wenn notwendig die Schwangerschaft prolongiert werden. Niedermolekulares Heparin sollte in jedem Fall rasch verabreicht werden. Postpartal sollte das BOARD-Schema angewandt werden. Eine interdisziplinäre Nachbetreuung ist essenziell, um eine gute Heilungsrate zu gewährleisten.