Sinn und Unsinn von Biomarkern in der klinischen Praxis

Asthma ist eine heterogene Erkrankung, die verschiedene inflammatorische Signalwege umfasst. Dabei kann aufgrund der immunologischen Pathophysiologie zwischen zwei Formen des Asthmas, nämlich Typ-2-(T2-)Asthma und Krankheitsverläufen, die sich nicht in die typische Typ-2-Pathophysiologie einordnen lassen, unterschieden werden.1–2 Aufgrund der Beteiligung der verschiedenen Typ-2-Immunzellen werden bei T2-Asthma noch die Formen allergisches eosinophiles Asthma, das sich durch eine klassische allergische Entzündungskaskade mit B-Zell-Involvierung und Antikörperproduktion auszeichnet, sowie das nichtallergische eosinophile Asthma unterschieden, bei dem ILC („innate lymphoid cells“) eine besondere Rolle spielen. Durch die Kenntnis der Pathophysiologie stehen bei T2-Asthma Therapeutika zur Verfügung, die es ermöglichen, gezielt in die Entzündungsprozesse einzugreifen und die Asthmakontrolle deutlich zu verbessern.

Diagnose und Identifikation der Asthmaentitäten

Bei der Diagnose der Erkrankung empfehlen aktuelle Leitlinien zunächst eine umfangreiche Anamnese, gefolgt von einer ausführlichen Lungenfunktionsdiagnostik, um eine reversible Obstruktion festzustellen.3 Nach der Asthmadiagnose erfolgt die Identifikation des Erkrankungstyps. Hierfür wird zunächst im peripheren Blut geprüft, ob die Zahl der Eosinophilen (AEC, „absolute eosinophil count“) erhöht ist. Von großem Interesse ist auch die Konzentration der Eosinophilen in den Atemwegen, die durch Sputum-Analysen festgestellt wird. Letztlich wird bei allen Asthma-Patient:innen auch eine Messung des Stickstoffmonoxid-Gehalts in der ausgeatmeten Luft (FeNO) gemessen. Tritt beim Befund eine Erhöhung der Eosinophilen im Blut (AEC ≥ 150–300 Zellen/µl) oder im Sputum (≥ 2–3%) bzw. vermehrtes FeNO (≥ 25 ppb) auf, kann die Diagnose T2-Asthma gestellt werden. Dabei wird die Diagnose umso sicherer, je mehr Eosinophile in der Zirkulation oder in den Atemwegen gemessen werden. Fallen diese Werte darunter, wird eine T2-Entzündung ausgeschlossen. Weitere Parameter bei der Diagnose des Asthma bronchiale, die letztlich auch in die Therapieentscheidung einfließen, sind Familienanamnese, Geburtsgewicht, BMI, Vorerkrankungen, Raucherhistorie und Komorbiditäten. Wird eine Asthmatherapie eingeleitet, kommt eine Reihe von Analyseverfahren zur Überprüfung des Therapieansprechens zum Einsatz: Neben den bereits erwähnten Eosinophilen-Konzentrationen und FeNO-Analysen stehen auch weitere Lungenfunktionstestungen, immunologische Laboranalysen, Allergietests (initial bei Diagnose), Blutgasanalysen, bildgebende Verfahren und Patientenfragebögen (ACQ, Asthma Control Questionnaire oder ACT, Asthma Control Test) zur Verfügung. Dabei weisen 72 % der Patient:innen mit schwerem Asthma mindestens einen erhöhten Wert der Typ-2-Biomarker (Eosinophile, FeNO, IgE) auf, bei 15 % hingegen sind alle drei Marker erhöht.4

Schweres Asthma: Persistieren die Symptome trotz hochdosierten inhalativen Kortikosteroiden (ICS) sowie langwirksamen Beta-2-Sympathomimetika (LABA) und treten massive Komplikationen auf, wird von schwerem Asthma gesprochen. Die Definition umfasst unter anderem eine schlechte Symptomkontrolle (ACQ konsequent > 1,5, ACT < 20), häufige Anfälle (≥ 2 OCS-Stoßtherapien/Jahr), schwere Asthmaanfälle mit Hospitalisierung im vergangenen Jahr (intensiv- oder intubationspflichtig) oder anhaltende Atemwegsobstruktionen (geschätzte Einsekundenkapazität FEV1 < 80 % nach Spasmolyse).

Erhaltung der Lungenfunktion: Von zentraler Bedeutung ist es, Asthma-Exazerbationen so gut es geht zu vermeiden. Häufige oder schwere Exazerbationen sind bei Asthma-Patient:innen mit einer ausgeprägteren Verschlechterung der Lungenfunktion assoziiert.5–6 Dabei steigt mit Zunahme der Eosinophilie und FeNO die Prävalenz bronchialer Hyperreaktivität (BHR) signifikant.7 Der Stellenwert der Biomarker wird insofern weiter verdeutlicht, als ein Anstieg der Eosinophilen und FeNO ebenfalls mit häufigeren Exazerbationen assoziiert ist und sich diese somit zur Identifikation von Risikopatient:innen eignen.8

Biologika-Therapielandschaft bei schwerem Asthma

Bei der Therapie zur Behandlung des Asthmas werden fünf Stufen unterschieden, wobei mit jeder Stufe eine Therapieeskalation empfohlen wird.9 Bei Stufe 5 handelt es sich bereits um Patient:innen mit schwerem Asthma, die auf ICS und LABA nur unzureichend ansprechen. Die verfügbaren Biologika umfassen Antikörper gegen IgE bei schwerem allergischem Asthma, Interleukin-(IL-)5 bzw. IL-5-Rezeptor bei schwerem eosinophilem Asthma und IL-4/IL-13 bei schwerem eosinophilem/Typ-2-Asthma oder OCS-abhängigem schwerem Asthma. Die Wahl des Biologikums wird dabei sowohl von den Eignungskriterien und Prädiktoren für ein Therapieansprechen (Tab.) als auch von den Komorbiditäten (Abb.) beeinflusst.10–11

Tab.: Biologika bei schwerem Asthma10

Abb.: Biologika-Therapien bei schwerem Asthma und Komorbiditäten

Therapieansprechen: In einer Reihe von klinischen Studien wurde das Ansprechen von Biologika geprüft. So zeigten die Studien DREAM und MENSA, dass Mepolizumab zu einer signifikanten Eosinophilie-Reduktion bei Patient:innen mit schwerem eosinophilem Asthma führte.12 Abhängig vom Grad der Eosinophilie führt eine Mepolizumab-Therapie auch zu weniger Exazerbationen, während Patient:innen ohne erhöhte Anzahl an Eosinophilen nicht von der Behandlung profitieren.13 Eine vergleichbare Wirksamkeit hinsichtlich Eosinophilie-Reduktion wurde auch in den Studien SIROCCO und CALIMA mit dem IL-5R-Antikörper Benralizumab beobachtet.14–15 Bei schwerem nichtkontrollierbarem Asthma (erhöhte Eosinophile und FeNO) hingegen konnte Dupilumab Exazerbationen signifikant senken.16–18 Auch hier sprechen Patient:innen mit höheren Eosinophilen im Blut und höheren FeNO-Werten stärker auf diese Therapie an.17 Sehr rezent wurden auch erste Wirksamkeitsdaten des TSLP-Antikörpers Tezepelumab im renommierten Journal The New England Journal of Medicine publiziert.19

Resümee

Asthma ist eine heterogene Erkrankung, die aufgrund ihrer Pathophysiologie eine sehr wirksame und zeitnahe Therapie verlangt. Dabei ist es von großer Bedeutung, Exazerbationen in ihrer Häufigkeit und in ihrem Schweregrad zu reduzieren. Mit Biologika steht hierfür ein Arsenal an effektiven Therapeutika zur Verfügung, die in die Entzündungsprozesse eingreifen und den Betroffenen ein nahezu symptomfreies Leben ermöglichen können. Dabei ist es wichtig, dass die Patient:innen, abhängig von ihrer Anamnese, Lebensstil und Komorbiditäten und insbesondere von ihrem Asthma-Typ, adäquat therapiert werden. Biomarker wie FeNO und Eosinophile im peripheren Blut helfen hier, um den Asthma-Typ der Patient:innen korrekt einzustufen und die passenden Biologika nach Versagen von ICS und LABA zu wählen.20 Wird abhängig von der korrekten Asthma-Diagnose eine adäquate Therapie gewählt, lässt sich bei Typ-2-Asthma meist eine gute Kontrolle erreichen.