Infektiologie

Autor: Dr. Dong-Ho Mun

Medina-Polo J et al., Five-year prospective study evaluating risk factors for isolation of multiple-drug resistance (MDR) microorganisms in patients with healthcare-associated infections (HAIs) hospitalized in a urology ward – Abstract #229

Therapieassoziierte Infektionen (HAI) in der Urologie sind aufgrund spezifischer Risikofaktoren wie Harnkatheter und operationsbedingte Krankenhausaufenthalte mit einer hohen Resistenzrate verbunden. In einer prospektiven Beobachtungsstudie (2012-2017, knapp 10.000 Patienten) aus Madrid wurden die Inzidenz von multiresistenten Erregern und die Risikofaktoren für eine Multiresistenz bei Patienten mit nosokomialen Infektionen an einer urologischen Abteilung evaluiert. Multiresistente Erreger inkludierten 3MRGN Pseudomonas spp., ESBL-bildende oder Carbapenem-resistente Enterobakterien, Vancomycin-resistente Enterokokken sowie Methicillin-resistente Staphylokokken aureus (MRSA).

Das Ergebnis: Im Beobachtungszeitraum von 5 Jahren lag die Inzidenz von nosokomialen Infektionen bei etwa 6%. Interessanter Weise wurde knapp ein Viertel durch multiresistente Erreger verursacht. Zu den identifizierten Risikofaktoren zählten u.a. Immunsuppression, Urolithiasis und Katheterisierung.

FAZIT: Eine Antibiotikatherapie muss unter Berücksichtigung der jeweiligen Resistenzlage erfolgen. Das Wissen um die lokale Resistenzlage ist daher zwingend notwendig.

Anmerkung Univ.-Prof. Dr. S. F. Shariat: Die Vermeidung unnötiger Katheter-Liegetage ist eines der wichtigsten Grundprinzipien zur Vermeidung nosokomialer Infektionen.

 


 

Baten E et al., A prospective analysis concerning the microbial resistance rates in patients undergoing TURP – Abstract #197

Eine prospektive Studie aus Belgien nahm sich dem Thema mikrobielle Resistenz bei Patienten, welche sich einer transurethralen Prostataresektion (TURP) an. Ziel der Studie war die Ermittlung der Fluorchinolone-Resistenzlage und die Optimierung der Antibiotikaprophylaxe im Rahmen der TURP.

Das Ergebnis: 8,2% der 506 eingeschlossenen Patienten hatte eine präoperative Bakteriurie. Die am häufigsten gefundenen Bakterien waren E. coli (28,2%) und Klebsiella (21,7%). 69,2% der E. coli und 40% der Klebsiellen waren resistent gegen Fluorchinolone.

Postoperativ zum Zeitpunkt der Spitalsentlassung hatten 11,4% der Patienten eine Bakteriurie, mit E. coli als häufigsten Keim, gefolgt von Klebsiellen mit einer Fluorchinolon-Resistenzrate von 75% bzw. 60%.

6% der Patienten hatten 3 Wochen nach TURP eine Bakteriurie, mit E. coli als häufigsten Keim, neben Klebsiella. Die Fluorchinolon-Resistenzrate lag bei E.coli bei 53,8%.

9,3% der Patienten hatten positive Prostatagewebskulturen, mit E. faecalis, Staphylococci und EC (12.3%) als häufigste Keime. Fluorchinolon-Resistenzrate E. coli: 83.3%.

FAZIT: Die Antibiotikaresistenz bei TURP-Patienten war hoch, mit einer ausgeprägten Fluorchinolon-Resistenz bei E. coli. Die Studienautoren stellen den Einsatz von Fluorchinolonen als geeignete empirische Prophylaxe bei TURP in Frage. Sie empfehlen wenige Tage vor dem Eingriff eine präoperative Harnprobensammlung, um im Fall einer positiven Harnkultur eine auf die Bakterienkultur abgestimmte perioperative Antibiotikagabe bei TURP einzusetzen.

 


 

Di Cosmo G et al., Utility of antibiotic prophylaxis before transurethral resection of bladder tumor – Abstract #232

In dieser Kohortenstudie aus Italien wurde die Inzidenz von infekt-assoziierten Komplikationen bei transurethraler Resektion der Harnblase (TURB) ohne eine perioperativen Antibiotikaprophylaxe untersucht.

Das Ergebnis: Im Zeitraum von 2011 bis 2013 wurden 223 Patienten einer TURB ohne Antibiotikaprophylaxe unterzogen, medianes Alter 70,3 Jahre. Die mediane Dauer der postoperativen Hospitalisierung betrug 3 Tage. 8 Patienten waren immundefizient und 43 Patienten waren Typ-II-Diabetiker. 16/24 Patienten hatten eine Antibiotikatherapie infolge einer positiven Harnkultur im Vorfeld zur Behandlung. Bei jedoch fehlender Bakteriurie in der präoperativen Harnuntersuchung, erhielten diese keine präoperative Therapie. 8/24 Patienten erhielten eine Antibiotikatherapie während des postoperativen Krankenhausaufenthalts (6 aufgrund von Fieber, 2 aufgrund der Entscheidung des Operateurs). Eine Urosepsis wurde in keinem der Fälle beobachtet.

FAZIT: Die Ergebnisse zeigen, dass bei 199/223 Patienten ohne perioperative Gabe von Antibiotika keine infekt-assoziierten postoperativen Komplikationen auftraten und weisen auf die möglichen Gefahren vermehrter Resistenzbildung durch Übertherapie hin.

 


 

Martin J et al., Can rectal-swab targeted antibiotic prophylaxis reduce the rate of urinary sepsis after transrectal ultrasound guided prostate biopsy? Abstract #966

In dieser britischen Studie mit insgesamt 623 Patienten wurde der Frage nachgegangen, ob eine infolge eines Rektalabstrichs gezielte Antibiotikaprophylaxe die Urosepsis-Rate nach einer transrektalen ultraschallgezielten (TRUS) Prostatabiopsie reduzieren kann. Im retrospektiven Teil der Studie (01/2016 – 09/2016) erhielten alle Patienten vor einer TRUS-Biopsie Ciprofloxacin als Prophylaxe. Im prospektiven Studienteil (01/2017 – 09/2017) wurde bei allen Patienten vor der TRUS-Biopsie ein Rektalabstrich entnommen, um resistente Bakterien zu identifizieren und in der Folge eine zielgerichtete Antibiotikaprophylaxe durchzuführen.

Das Ergebnis: In der Standardprophylaxe-Gruppe (n=308) entwickelten 8 Patienten eine Urosepsis (2,6%). In der Patientengruppe mit zielgerichteter Antibiotikaprophylaxe entwickelten 5 Patienten (1,6%) eine Urosepsis. Es zeigte sich kein statistisch signifikanter Vorteil einer gezielten Antibiotikaprophylaxe nach einem Rektalabstrich gegenüber einer Standardprophylaxe mit Ciprofloxacin. In 93% der Patienten unter zielgerichteter Antibiotikatherapie fand sich kein resistenter Keim.

FAZIT: In diesem Setting zeigte eine gezielte antibiotische Prophylaxe mit Hilfe von Rektalabstrichen vor transrektalen Prostatastanzbiopsien keinen signifikanten Vorteil. Allerdings nimmt diese Studie keinen Bezug zu Patienten mit einem erhöhten Risiko (z. B. Harnwegsinfekte/Bakteriurie, rezente Hospitalisierung/Antibiotikatherapie etc.).

 


 

Saitta G et al., Which patients are at risk of post-operative sepsis? Results from a large prospective series of patients elected for urologic surgery – Abstract #961

In dieser prospektiven Beobachtungsstudie mit insgesamt 1.240 Patienten wurden potenzielle prädiktive Faktoren für eine postoperative Sepsis nach elektiven urologischen Eingriffen (offen, laparoskopisch, endoskopisch) untersucht.

Das Ergebnis: Es zeigte sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen postoperativen Infekt-assoziierten Komplikationen und präoperativ bestehenden Harnwegsinfekten bzw. einer Urolithiasis, trotz präoperativ gezielter antibiotischer Therapie bzw. leitliniengerechter perioperativer Antibiotikaprophylaxe. Komorbiditäten wie z. B. COPD oder Diabetes mellitus Typ 2 zeigten keinen Einfluss.

FAZIT: Die Studie identifiziert Patienten mit einem erhöhten Risiko für postoperative Sepsis nach urologischen Eingriffen. Besonders bei präoperativen Harnwegsinfekten und Steinleiden konnte ein signifikanter Zusammenhang beobachtet werden, trotz perioperativer Gabe von Antibiotika.

 


 

Bolomytis S et al., PCNL SIRS risk increasing in patients with positive stone culture and sub-optimal renal drainage – Abstract #325

Die perkutane Nephrolithotomie (PCNL) gilt als Goldstandard im Management großer oder multipler Nierensteine. Ein postoperatives systemisches inflammatorisches Response-Syndrom (SIRS) ist eine der häufigsten Komplikationen der PCNL. In dieser Studie sollten präoperative Risikofaktoren, welche das Risiko für die Entwicklung eines SIRS nach PCNL erhöhen könnte, untersucht werden. Die Studie schloss 348 Patienten mit PCNL ein.

Das Ergebnis: 27% der Patienten entwickelten ein SIRS. Es konnte ein signifikanter Zusammenhang zwischen postoperativer SIRS und Patienten mit einer positiven Steinkultur (p=0,001) bzw. intraoperativer antegrader Schienung (p=0,031) gezeigt werden, wobei kein Unterschied bei der Anzahl der Restfragmente und der intraoperativen Zugänge festgestellt werden.

FAZIT: Die Studienautoren empfehlen eine gezielte postoperative Therapie, sofern die Steinkultur innerhalb von 24 bis 48 Stunden vorliegt.