Neue ESC Guideline zur Dyslipidämie

„Höher, schnell, weiter“ heißt es bei den olympischen Spielen. Wenn man die europäischen Guidelines zur Hyper-/Dyslipidämie im Laufe der Zeit betrachtet kommt einem eher „how low can you go“ in den Sinn. Nachdem bereits vor einigen Jahren empfohlen wurde Hochrisikopatienten auf LDL-Werte von <70 mg/dL zu senken, wurden diese Empfehlungen in den am 31. August 2019 publizierten Guidelines insofern verschärft, dass Patienten mit sehr hohem Risiko („very-high-risk“) Zielwerte von <55 mg/dL empfohlen werden. Bei Patienten mit rezidivierenden Ereignissen unter maximaler Statintherapie sollen sogar Zielwerte von <40 mg/dL erwogen werden.

Erfahrungsgemäß kann man sich nicht alle 78 Seiten der aktuellen ESC Guideline merken, weswegen ich Ihnen eine kurze, praktikable Anleitung geben möchte, die für den klinischen Alltag hilfreich sein soll. Ich weise darauf hin, dass hier nur die häufigsten Fälle überblicksmäßig abgebildet werden können und speziellere Fälle nur in der detaillierten ESC Guideline zur Dyslipidämie 2019 zu finden sind.

Zuallererst erfolgt die Einteilung der Patienten in die vier kardiovaskulären Risikogruppen. In die „very-high-risk“-Gruppe gehören Patienten mit dokumentierter kardiovaskulärer Erkrankung (KHK, St.p. ACS, stabile Angina Pectoris, St.p. Koronarer Revaskularisation, St.p. TIA/Insult, pAVK, Carotisplaque); Diabetes (DM) MIT Endorganschaden (Mikroalbuminurie, Retinopathie, Neuropathie); DM MIT 3 Risikofaktoren; DM Typ I mit Krankheitsdauer >20 Jahren; Chron. Niereninsuffizienz (GFR <30 ml/min), Fam. Hypercholesterinämie MIT zus. Risikofaktor, sowie ein Risiko-SCORE >=10% (Risiko für tödliches kardiovaskuläres Event in den nächsten 10 Jahren).

In the „high-risk“ Gruppen gehören Patienten mit DM OHNE Endorganschaden; Familiäre Hypercholesterinämie OHNE zus. Risikofaktor; chron. Niereninsuffizienz (GFR 30-59 ml/mIn); hohem einzelnem Risikofaktor (Gesamt-Cholesterin >310 mg/dL, LDL-Cholesterin >190 mg/dL bzw. Blutdruckwerten >180/110 mmHg), sowie einem Risiko-SCORE 5-10% (Risiko für tödliches kardiovaskuläres Event in den nächsten 10 Jahren).

In die „moderate-risk“ Gruppe verbleiben somit junge Patienten (<35J.) mit DM Typ I, sowie Typ II Diabetiker unter 50 Jahren ohne zus. Risikofaktoren bzw. Endorganschäden, sowie Menschen mit einem Risiko-SCORE 1-5% (Risiko für tödliches kardiovaskuläres Event in den nächsten 10 Jahren).

Menschen mit einem Risiko-SCORE <1% werden der „low-risk“ Gruppe zugeteilt.

Der Risiko-SCORE basiert auf Alter, Geschlecht, Rauchverhalten, syst. Blutdruck, Gesamt-Cholesterinwerten, sowie Region (ESC dyslipidemia Guideline 2019 S.12).

Basierend auf der Einteilung in die Risikogruppen sind die Zielwerte festgelegt:

  • „Very-high-risk“ LDL-Cholesterinziel <55 mg/dL UND Reduktion um >50% des Ausgangswertes
  • „High-risk“ LDL-Cholesterinziel <70 mg/dL UND Reduktion um >50% des Ausgangswertes
  • „Moderate-risk“ LDL-Cholesterinziel <100 mg/dL
  • „Low-risk“ LDL-Cholesterinziel <116 mg/dL

Die Therapie soll (bei Männern über 40J und bei post-menopausalen Frauen) mit einem potenten Statin (z.B. Atorvastatin, Rosuvastatin) begonnen werden. Bei Nicht-Erreichen der Zielwerte soll Ezetimib und in der „very-high-risk“ Gruppe ein PCSK-9 Hemmer hinzugefügt werden.

Referenz:

2019 ESC/EAS Guidelines for the management of dyslipidaemias: lipid modification to reduce cardiovascular risk. European Heart Journal (2019) 00, 1-78

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