Modernes Lipidmanagement (Teil 2)

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In unserem letzten Artikel haben wir euch den Behandlungsansatz für die Primärprävention (Menschen ohne kardiovaskuläre Erkrankungen und ohne Indikation für eine Therapie mit Statinen) vorgestellt.

Heute befassen wir uns mit dem Behandlungsansatz für Patienten mit einer statinindizierten Erkrankung.

Zu den Patienten mit einer Statinindikation gehören:

  • LDL ≥ 5,0 mmol/L (oder ApoB ≥1,45 g/L oder non-HDL ≥5,8mmol/L) (familiäre Hypercholesterinämie oder genetische Dyslipidämie)
  • chronische Nierenerkrankung (GFR <60 und/oder ACR im Urin ≥3 mg/mmol seit mindestens 3 Monaten), ausgenommen Patienten mit chronischer Dialyse
  • Diabetes: alle Personen mit Diabetes im Alter von ≥40 Jahren oder im Alter von ≥30 Jahren mit Diabetes seit 15 Jahren oder länger ODER mit mikrovaskulären Komplikationen

Hinweis: Menschen mit einer etablierten kardiovaskulären (CV) Erkrankung sollten ebenfalls ein Statin erhalten – die Behandlung dieser Gruppe wird gesondert behandelt.

Therapie

Erste Wahl: Statine

Wann ist eine zusätzliche Behandlung (über das Statin hinaus) angezeigt?
Sobald der Patient die maximal verträgliche Statin-Dosis erreicht hat, hängt es davon ab, in welche Kategorie er fällt, ob die Behandlung intensiviert werden sollte oder nicht.  Die Schwellenwerte sind etwas unterschiedlich, je nachdem, zu welcher Gruppe er gehört. Zum Beispiel liegt der LDL-Grenzwert für die Intensivierung der Behandlung bei Diabetikern bei ≥2,0 mmol/L, aber bei ≥2,5 mmol/L (oder <50 % Senkung), wenn der Grund für die Behandlung ein Ausgangs-LDL von ≥5,0 mmol/L ist.

Therapieoptionen wenn die Zielwerte überschritten werden:

Empfehlung:
Es wird ein PCSK9-Inhibitor (Leqvio (Wirkstoff Inclisiran), Repatha (Wirkstoff Evolocumab) und Praluent (Wirkstoff Alirocumab) zur Senkung des LDL bei Patienten mit heterozygoter familiärer Hyperlipidämie (FH) in der Primärprävention empfohlen, wenn das LDL trotz maximal verträglicher Statintherapie mit oder ohne Ezetimib ≥2,5 oder <50% Senkung gegenüber dem Ausgangswert beträgt (oder ApoB ≥0,85 mg/dL oder nonHDL ≥3,2 mmol/L).

Für Menschen mit Diabetes oder chronischer Nierenerkrankung: Ezetimib als Erstlinientherapie, alternativ Gallensäuresequestrator.

Für Menschen mit Diabetes ≥50 Jahre, ohne etablierte kardiovaskuläre Erkrankungen, mit mindestens einem zusätzlichen kardiovaskulären Risikofaktor und Triglyceriden von 1,5-5,6 mmol/L.

Hierzu gibt’s ein seit 2020 ein neues Medikament namens Icosapent Ethyl (Handelsname Vazkepa).  Dieses Medikament hat in der REDUCE-IT-Studie, an der sowohl Menschen mit etablierter Herz-Kreislauf-Erkrankung als auch Menschen mit Diabetes, die die oben genannten Kriterien erfüllen, teilgenommen haben, das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen nachweislich stark gesenkt. Icosapent ethyl ist ein hoch gereinigter Ethylester der Omega-3-Fettsäure EPA.  Diese Vorteile wurden in umfangreichen Studien zu frei verkäuflichen Omega-3-Ergänzungsmitteln (Fischöl) NICHT nachgewiesen.

Empfehlung:
Icosapent ethyl sollte bei Menschen mit Diabetes und ≥1 kardiovaskulärem Risikofaktor mit einem erhöhten Nüchterntriglyceridspiegel von 1,5-5,6 mmol/L trotz Behandlung mit maximal verträglicher Statintherapie zur Senkung des kardiovaskulären Risikos eingesetzt werden.

Empfehlung:
KEINE rezeptfreien Nahrungsergänzungsmittel mit mehrfach ungesättigten Omega-3-Fettsäuren zur Senkung des kardiovaskulären Risikos verwenden, da diese Nahrungsergänzungsmittel das kardiovaskuläre Risiko nicht senken.

Redaktion: Dr. Arastoo Nia