Der Einsatz von Possessivpronomen in der Markenkommunikation

In einer Zeit der wachsenden Informationsüberlastung ist eine emotionale Ansprache der KonsumentInnen, die vor allem bildbetont erfolgt, eine Selbstverständlichkeit geworden. Denselben Stellenwert wie emotionale, sich von anderen Marken abgrenzende Bilder nimmt auch die verbale, textliche Ansprache in der Botschaftsgestaltung ein. Sieht man nun als Ziel der Kommunikation, eine emotionale Beziehung zwischen Marke und Konsument aufzubauen bzw. zu erhalten, nehmen Pronomen eine wichtige Funktion ein. Insbesondere Personalpronomen wie „ich“, „du“, „sie“ signalisieren eine Perspektive und wie man zu jemandem steht. Possessivpronomen wie „dein“ oder „ihr“ suggerieren überdies eine Beziehung zwischen Konsument und Werbeobjekt.

Pronomen – fester Bestandteil der Markenkommunikation

Ein Blick auf die Kommunikationslandschaft zeigt, dass Pronomen für die Bewerbung von Marken eine zentrale Rolle einnehmen. In der Markenkommunikation finden Pronomen sowohl im Markennamen selbst (YouTube, MyPlace), als Zusatz im Markenlogo (Unser Lagerhaus, Ich-Du-Er- Sie-Es Bausparkasse), im Slogan (Pepsi „Refresh your World“) und jeder sonstigen Art der Ansprache ihre Anwendung. Obwohl nur eingeschränkt Forschung zur Verwendung von Pronomen in der Werbung besteht, legt der bestehende Erkenntnisstand doch nahe, dass deren Verwendung das Bild einer Marke prägen kann. Die Verwendung des Pronomens „ich“ regt KonsumentInnen beispielsweise dazu an, sich vorzustellen, wie sie das Produkt aktiv verwenden (Kachersky & Palermo, 2013). Die Verwendung von „ich“ richtet somit den Fokus auf die Person selbst, während „du“ den Fokus auf die Beziehung zwischen dem Ich und jemand anderem legt.
Die Wirkung von Pronomen in der Ansprache hängt nicht nur vom Pronomen selbst, sondern auch von der Marke und dem Nutzen, den diese verspricht, ab. Demgemäß erhalten Markennamen mit dem Pronomen „ich“ besonders positive Bewertungen, wenn die Marke persönlichen Nutzen verspricht, und mit „du“, wenn es sich um einen sozialen Nutzen handelt (Kachersky & Carnevale, 2015) oder ein Beziehungsaufbau gewünscht wird. Eine Studie zu Slogans (Christopher, 2012) zeigte, dass das Pronomen „you“ in Slogans von multinationalen Unternehmen am häufigsten zur Personalisierung eingesetzt wird, um eine Beziehung zwischen Konsument und Absender aufzubauen.

Possessivpronomen und psychologischer Besitz

Einen besonderen Stellenwert unter den Pronomen nehmen Possessivpronomen ein – sie zeigen Besitzverhältnisse auf. Während materielles und geistiges Eigentum klar definiert, gesetzlich geschützt und meist eine klare Grenze gesetzt werden kann, wenn Besitzverhältnisse wechseln, sieht es mit dem Gefühl, dass etwas mir gehört, anders aus. „As a state of the mind, psychological ownership (Pierce et al., 1991) is that state in which individuals feel as though the target of ownership (material or immaterial in nature) or a piece of it is „theirs“ (i.e., „It is MINE!“). The core of psychological ownership is the feeling of possessiveness and of being psychologically tied to an object.“ (Pierce, Kostova & Dirks, 2001, S. 299). Für das Marketing ist der Auseinanderfall von tatsächlichen Besitzverhältnissen und dem Gefühl, etwas zu besitzen, also dem psychologischen Besitz, in mehrfacher Hinsicht von Interesse. „A key to understanding what possessions mean is recognizing that, knowingly or unknowingly, intentionally or unintentionally, we regard our possessions as parts of ourselves.“ (Belk, 1988, S. 139). Nach Belk können somit immaterielle oder materielle Objekte Teil des erweiterten Selbst werden. Dies führt zu einer besonderen Bindung an diese Objekte wie auch zu einer besseren Beurteilung derselben (Beggan, 1992). Dieser Effekt kommt aber nur zum Tragen, wenn KonsumentInnen das Gefühl haben, dass sie diese Objekte besitzen. Besitzgefühle gehen nicht immer mit tatsächlichen Besitzverhältnissen einher (Kamleitner, 2014; Kamleitner & Dickert, 2015). Psychologischer Besitz kann sowohl ohne tatsächliche Besitzverhältnisse bestehen als auch nicht bestehen, obwohl jemand ein Objekt rechtlich besitzt (vgl. Shu & Peck, 2011). Des Weiteren kann psychologischer Besitz auch für Dinge empfunden werden, die von einer Person gar nicht rechtlich erworben werden können, wie z.B. für die Umwelt (vgl. Süssenbach & Kamleitner, Forthcoming). Es liegt daher nahe, dass psychologischer Besitz sowohl in der Vor- (als Anregung zum Kauf) als auch in der Nachkaufphase (als Minderung der kognitiven Dissonanz und zur Kundenbindung) beeinflusst werden kann.

Nutzen für das Marketing Tatsächlich zeigen bestehende Studien, dass gefühltem Besitz auch im Marketing eine entscheidende Rolle zukommt. Stellen sich KonsumentInnen als Reaktion auf eine Werbung beispielsweise vor, ein Produkt zu besitzen, so löst diese Vorstellung psychologischen Besitz aus. Dadurch werden Bewertungen und Verhalten gegenüber beworbenen Objekten beeinflusst (Kamleitner, 2011; Kamleitner & Feuchtl, 2015). Durch das Gefühl, etwas zu besitzen, werden Emotionen geweckt, die auch mit den Possessivpronomen „mein“, „meines“ oder „unser“ in Verbindung stehen (Pierce, Kostova & Dirks, 2003). Eigene sowie Studien von Garretson Folse, Moulard & Raggio (2012) zeigen jedoch, dass die Auslösung von psychologischem Besitz nicht ganz so einfach ist. Im schlimmsten Fall – vor allem, wenn wenig Identifikation mit Produkt oder Marke besteht – kann es sogar sein, dass Personen negativ auf die Verwendung von Possessivpronomen reagieren.
Wie können nun Possessivpronomen und somit in weiterer Folge auch das Phänomen des psychologischen Besitzes effizient in der Markenkommunikation genutzt werden? Um diese Frage zu beantworten, bedarf es nicht nur weiterer Forschung, sondern auch eines Einblicks in die Marketingpraxis. Aus diesem Grund wurde eine ausführliche Ist- Stand-Analyse (vgl. Korajac & Lederer, 2016) des Einsatzes von Possessivpronomen in der Werbung vorgenommen. Darauf aufbauend werden hier Best-Practice-Beispiele dargestellt, die die unterschiedlichen Möglichkeiten des situationsadäquaten Einsatzes von Possessivpronomen in der Werbung aufzeigen.

Possessivpronomen in der Werbung

Korajac & Lederer (2016) haben in ihrer Arbeit eine umfassende Analyse von Werbemitteln vorgenommen, um den Einsatz von Possessivpronomen in der Werbung zu untersuchen. Basis für die Analyse stellte das Werbemittelarchiv „Brand History“ der Wirtschaftsuniversität Wien dar (Näheres dazu vgl. Schweiger & Spicko, 2012). Von den 25.650 Werbemitteln, die zum Zeitpunkt der Analyse in der Datenbank enthalten waren, wurden bei 1.756 Sujets und Spots Possessivpronomen in der Botschaftsgestaltung eingesetzt. Diese wurden wiederum nach dem jeweiligen Possessivpronomen (mein, dein, unser usw.) sowie danach, worauf sich das Possessivpronomen bezieht (Produkt/Dienstleistung, Person oder Bezugsobjekt), strukturiert. In die Kategorie „Produkt/Dienstleistung“ wurden alle Sujets eingeordnet, bei denen sich die Possessivpronomen auf die Marke, das Produkt/die Dienstleistung oder aber auch auf Inhalte, die in direkter Verbindung mit diesen stehen, beziehen. Der Slogan von Mercedes „Ihr guter Stern auf allen Straßen“ ist beispielsweise eng mit der Marke und dem Produkt verbunden, obwohl diese nicht explizit genannt werden. Die Kategorie „Person“ hingegen weist alle Sujets auf, bei denen ein Bezug direkt zum Menschen bzw. zu allem, was in dessen persönliche Sphäre fällt, hergestellt wird. Hier kann als direkter Bezug beispielsweise der Slogan von Iglo „Hör auf deinen Bauch!“ genannt werden. American Express veranschaulicht mit „My life. My card.“ einen Slogan, der zwei Bezüge inklu diert: Er bezieht sich mit „My life“ indirekt auf die Person und mit „My card“ zusätzlich auf das Produkt. Der Bezug auf ein Referenzobjekt findet statt, wenn sich das Possessivpronomen auf eine dritte Person oder auf ein anderes als das beworbene Objekt bezieht. Dies kann sowohl ein bereits im Besitz befindliches Objekt sein, wie bei dem Slogan „Wie Urlaub für Ihre Wäsche“ von Persil, oder auch etwas, das nicht direkt besitzbar ist, wie z.B. der Slogan von Waldquelle „Einfach Ihre Natur“.

Slogans – ein Instrument für eine kontinuierliche und persönliche Ansprache mithilfe von Possessivpronomen

Im Folgenden wird der Einsatz von Possessivpronomen in der Markenkommunikation anhand von Beispielen näher erläutert. Aufgrund der besseren Vergleichbarkeit und des häufigen Einsatzes von Possessivpronomen in Slogans wurde der Schwerpunkt auf diese gelegt. Die Beispiele sollen die unterschiedlichen Möglichkeiten, wie Possessivpronomen in die Botschaftsgestaltung integriert werden können, illustrieren. Sie zeigen zudem auf, wie dieser Einsatz auch vom jeweiligen Marken- und Branchenkontext beeinflusst wird.

Beispiel: Guinness Ein weltbekannter Klassiker, in dem sich das Possessivpronomen auf das Produkt bezieht, ist der Slogan von Guinness. Die von John Gilroy umgesetzte „My Goodness, MY GUINNESS“-Kampagne startete im Jahr 1935 und visualisiert auf humorvolle Art, wie unterschiedlichste Zootiere das Guinness- Bier ihres Tierpflegers an sich nehmen (Abb. 1). In dieser Kampagne wird sowohl bildlich als auch verbal die persönliche Bedeutung des Produktes dargestellt. Unterstrichen wird der implizierte psychologische Besitz auch durch den bildlich dargestellten Verlust. Die Angst, Dinge zu verlieren, vergegenwärtigt den Wunsch nach Besitz besonders deutlich (Kamleitner, 2014; Pierce et al., 2001). In diesem Zusammenhang denke man auch an das Phänomen der Verlustaversion, das eng mit dem psychologischen Besitz in Verbindung steht. Umso stärker das Gefühl des psychologischen Besitzes und die emotionale Bindung sind, umso größer wird der Verlust empfunden (Shu & Peck, 2011). Dieser Slogan veranschaulicht auch die enorme Bedeutung einzelner Wörter: Lässt man im Slogan das Possessivpronomen „my“ weg, ändert sich zwar die Bedeutung, diese bleibt aber trotzdem positiv und findet sich beispielsweise in dem Buchtitel „The Goodness of Guinness“ wieder.

 

 

 

Beispiel: Raiffeisen Ein Beispiel für eine Marke, die dem Possessivpronomen „mein“ einen noch größeren Stellenwert einräumt, ist Raiffeisen. Raiffeisen setzt sowohl bei der Darstellung des Markenzeichens als auch beim Slogan auf das Possessivpronomen „mein“, welches sich auch direkt auf die Dienstleistung bezieht. Im Jahr 1990 wurde die Änderung des Slogans von „Raiffeisen. Die Bank“ in „Raiffeisen. Meine Bank“ vorgenommen (Abb. 2). Gewissermaßen handelt es sich um eine fundamentale Repositionierung, die anhand des Austauschs eines einzigen Wortes spürbar wurde: weg vom nüchternen Experten-Claim „die“ Bank hin zum Partner-Claim „meine“ Bank. Forschungsergebnisse von Sela, Wheeler & Sarial-Abi (2012) demonstrieren, dass diese Entscheidung im konkreten Fall sinnvoll war. Sie zeigen, dass Ausdrücke, die eine Beziehung zum Unternehmen nahelegen, vor allem dann zu positiven Reaktionen führen, wenn das Angebot selbst, wie im Fall einer Bank, auf Beziehungsarbeit aufbaut. Die Beziehung zu einer Bank ist meist langfristig, Kunden haben oft „meinen“ Berater und die Leistungen der Bank werden mit dem gemeinsamen Erreichen von Zielen verbunden. Umso enger die Beziehung gesehen und erwartet wird, umso besser wird auch eine Kommunikationsform beurteilt, die eine Beziehung aufbauen möchte – also in diesem Fall „meine Bank“. Anzumerken ist allerdings, dass der „Meine Bank“-Slogan für alle Nicht-Raiffeisen-Kunden faktisch falsch ist. Das bietet Potenzial für Reaktanzreaktionen und verlangt nach einer kleinen Entschärfung, die auch erfolgt. Konkret passiert dies dadurch, dass der Slogan von weithin beliebten Testimonials (v.a. Hermann Maier) ausgesprochen wird, für die er zutrifft. Kunden werden somit direkt abgeholt und Nicht-Kunden haben die Möglichkeit, den Slogan auf das Testimonial zu attribuieren.

 

 

 

Beispiel: Wiener Städtische Bleibt man bei Finanzdienstleistungen und wendet sich der Versicherungsbranche zu, so findet sich ein etwas anders geartetes Beispiel. In dieser Branche sind die Erwartungen einer Beziehung zwischen Unternehmen und Konsument etwas weniger groß, die Beziehung wird distanzierter gesehen und es gibt weniger gemeinsame Ziele (Sela et al., 2012). Dies ergibt sich dadurch, dass der Vorteil des einen (Deckung des Schadens im Bedarfsfall) der Nachteil des anderen (Ausbezahlung der Schadensumme) ist. Im umgekehrten Fall, also wenn kein Schaden eintritt, profitiert finanziell nur die Versicherung. Possessivpronomen können aber trotzdem effizient und zielgerichtet eingesetzt werden, allerdings beziehen sich diese dann weniger auf das Produkt als indirekt auf die Person. Ein Beispiel dafür ist der Slogan der Wiener Städtischen Versicherung „Ihre Sorgen möchten wir haben.“, der seit dem Jahr 2000 kontinuierlich Verwendung findet. Der Spot zum Kampagnenstart (Abb. 3) belegte bereits im Jahr 2001 den zweiten Platz bei den Gallup-Top-Ten. Bei diesem Slogan wird geschickt auf eine indirekte Leistung der Versicherung verwiesen, die auch im Nicht-Schadenfall zur Anwendung kommt: die Verminderung von Sorgen. Der Fokus des Possessivpronomens wird auf die Person selbst und ihre Sorgen gelegt. Das ist insofern besonders interessant, weil Menschen auch fast immer psychologisch Dinge besitzen, die sie lieber nicht hätten. Allen voran sind dies Probleme und Sorgen. Die Möglichkeit, diese Dinge oder auch die Verantwortung, die mit dem Besitz einhergeht, loszuwerden, kann durchaus attraktiv sein (Kamleitner, 2017). Kommunizierbar ist dies wiederum vor allem durch Possessivpronomen. Der psychologische Besitz, den Personen für ihre Sorgen empfinden, soll auf die Versicherung übertragen werden. Dafür bedarf es einer Beziehung, die zeitgleich indirekt – und damit leichter annehmbar – kommuniziert wird.

 

 

 

Beispiel: IKEA Ein sehr gelungenes Beispiel, in dem der Einsatz von Possessivpronomen Unternehmenswerte und Kaufmotive unterstützt, ohne direkt auf das Produkt, sondern indirekt auf dessen Rolle im Leben der KonsumentInnen einzugehen, liefert IKEA – eine Marke, die in vielerlei Hinsicht Experte darin ist, psychologischen Besitz zu optimieren. Die im Jahr 2007 ins Leben gerufene Kampagne startete mit dem Slogan „Weil es dein Zuhause ist.“ und einem Spot, der mit den Worten „Eigentlich mag ich meine Wohnung …“ beginnt. In diesem Spot, untermalt von der Pianomusik „Die fabelhafte Welt der Amélie“, wird mittels emotionaler Bilder, unterstützt durch eine weibliche Stimme aus dem Off, der Fokus auf „mein Zuhause“ gelegt (Abb. 4). Was IKEA damit schafft, ist, Unternehmenswerte wie Wertschätzung von Individualität und Vielfalt sowie das primäre Kaufmotiv von Möbeln, ein Zuhause zu schaffen, durch den gekonnten Einsatz von Possessivpronomen zu verstärken. Das konkrete Beispiel zahlt jedoch bereits ohne Possessivpronomen deutlich auf psychologischen Besitz ein. Die Wurzeln des psychologischen Besitzes gehen nämlich laut Pierce et al. (2001) auf folgende drei Motive zurück: „efficacy and effectance“, „self-identity“ und „having a place“. Die Bedeutung von „having a place“ liegt in dem besonderen Bedürfnis des Menschen, einen Platz, einen Raum zu haben, in dem man verwurzelt ist. Somit wird der Platz, an dem man wohnt, zu einem Teil von einem selbst und man ist gewillt, in dieses Zuhause Ressourcen und Energie zu investieren (Pierce et al., 2001). Welchen Erfolg man mit einer gekonnten Aufladung des psychologischen Besitzes erzielen kann, demonstriert das Beispiel von IKEA ebenfalls. Der „Mein Zuhause“ –Spot erzielte 2007 mit einem Impact-Wert von 46% einen der höchsten Werte in der Geschichte der Gallup-Top-Ten und erreichte folglich den ersten Platz. Noch deutlicher zeigt sich der Erfolg aber vermutlich in der Tatsache, dass IKEA seither kontinuierlich Possessivpronomen und Referenzen auf das Zuhause verwendet. Seit dem Jahr 2016 wird der Slogan „Für mein Leben gern zuhause“ in der Botschaftsgestaltung eingesetzt (Abb. 5). Dieser stellt – anstatt des ohnehin hoch persönlich geladenen Referenzobjekts des „Zuhauses“ – zusätzlich den Bezug zur Person in allen Lebenssituationen her. Durch die Verwendung eines Alltagsausdrucks „für mein Leben gern“ kommt es überdies, ebenso wie bei Guinness, zu einem gekonnten Einsatz starker Begriffe, die durch den Einbau in die Redewendung nicht aufdringlich sind und subtil auf verschiedenen Ebenen zur Geltung kommen können. Die Marke IKEA ist übrigens auch in einem anderen Zusammenhang ein Paradebeispiel für das Ankurbeln von psychologischem Besitz und war sogar namensgebend für ein robustes Phänomen. Der sogenannte „IKEA-Effekt“ besagt, dass Personen ein Produkt höher bewerten, wenn sie dieses selbst montiert/ gefertigt haben, als ein vergleichbares Produkt, welches von jemand anderem montiert wurde (Norton, Mochon & Ariely, 2012). Grund dafür ist, dass durch das Investieren von Zeit, Arbeit und Gedanken, die eine Selbstmontage verlangt, der psychologische Besitz und damit die Wertigkeit des Objekts steigt (Sarstedt, Neubert & Barth, 2007).

 

 

 

Beispiel: Wiener Linien Dass Besitz für die eigenen vier Wände empfunden wird, ist relativ klar. Menschen sind aber auch durchaus in der Lage, Besitz für größere geografische Regionen und gar ganze Länder (Brylka, Mähönen & Jasinskaja- Lahti, 2015) zu empfinden. Dieses Phänomen kann von klar lokalisierbaren Anbietern genutzt werden. So setzen beispielsweise die Wiener Linien, ein Unternehmen der Wiener Stadtwerke, auf Possessivpronomen und sogar Possessiv-Claims in der Botschaftsgestaltung und bereits seit dem Jahr 1999 auf den Slogan „Die Stadt gehört Dir.“ (Abb. 6). Damit wird signalisiert, dass die wichtigsten Ziele der Stadt mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar sind und man sich diese mithilfe der öffentlichen Verkehrsmittel zu eigen machen kann. Eine besonders eindrucksvolle Kampagne wurde im Jahr 2013 gelauncht: „Gemeinsam gegen Ausgrenzung und Rassismus“ lautete das Ziel der Kampagne. Ein Teil des Slogans wurde hierfür in 30 Sprachen übersetzt (Abb. 6) und auf Infoscreens, online sowie in ausgewählten UBahn- Stationen positioniert (der Standard, 2013). Während die Übersetzungsleistung den Grundgedanken der Kampagne sehr gut illustrierte, wies sie zeitgleich auch deutlich darauf hin, dass die Stadt nicht „nur“ dir gehört. Es kann daher sein, dass die Kampagne etwas weniger auf individuellen persönlichen Besitz eingezahlt hat als Vorgängerkampagnen. Gleichzeitig ist es aber möglich, dass sie bei manchen Menschen zu einer Ankurbelung des kollektiven psychologischen Besitzes, der sich im Wort „unser“ ausdrückt, geführt hat.

 

Fazit

Der Einsatz von Pronomen in der Botschaftsgestaltung und vor allem auch in Slogans ist fester Bestandteil der Markenkommunikation. Possessivpronomen nehmen in diesem Zusammenhang einen besonderen Stellenwert ein – häufig vermutlich deshalb, weil Werber ein implizites Gefühl für die Macht von psychologischem Besitz, der seinen Ausdruck in der Verwendung von Possessivpronomen findet, haben. Es muss allerdings festgehalten werden, dass der Einsatz von Possessivpronomen keine allgemeingültige Formel für die Auslösung des psychologischen Besitzes und dessen potenziell umsatz- und loyalitätsförderliche Konsequenzen ist (vgl. in diesem Zusammenhang auch Kamleitner & Feuchtl, 2015). Possessivpronomen suggerieren eine Nähe und Bindung, die nicht in allen Fällen von KonsumentInnen als angebracht gesehen wird (vgl. auch die Ergebnisse von Sela et al., 2012). Es ist im Einzelfall zu klären, ob die Ansprache sowohl für Marke, Produkt oder Dienstleistung als auch für die Zielgruppe geeignet ist. Demonstriert wurde dieses Phänomen im Unterschied der Verwendung von Possessivpronomen einer Bank und eines Versicherers. Es zeigte sich, dass der Kreativität im Hinblick darauf, worauf sich das Possessivpronomen bezieht, nur wenige Grenzen gesetzt sind. In Summe illustrieren die skizzierten Fälle, dass der Einsatz von Possessivpronomen ein potenziell mächtiges Tool darstellt. Ein kleines Possessivpronomen kann – wie im Fall von Raiffeisen – eine Positionierungsänderung zum Ausdruck bringen oder – wie im Fall von IKEA – die Werthaltung eines Unternehmens unterstützen. Die Beispiele zeigen auch, dass dies vor allem dann von Erfolg gekrönt ist, wenn eine gewisse Subtilität zum Einsatz kommt. Dies ist immer dann der Fall, wenn ein Possessiv-Claim entweder keinen Widerspruch auslöst, beispielsweise im Fall von „Ihre Sorgen“, die jeder hat, oder wenn die Möglichkeit besteht, diesen Claim auf jemand anderen, wie z.B. ein Testimonial, zu attribuieren.