Ärztekammer fordert bessere Karrieremöglichkeiten für Frauen

Die niederösterreichische Ärztekammer ortet eine gläserne Decke für Frauen im Medizinsystem. Das führe dazu, dass viele Ärztinnen nach der Ausbildung dem System verloren gehen.

Für den aktuellen Medizin-Aufnahmetest haben sich österreichweit beinahe doppelt so viele Frauen (10.037) wie Männer (5.751) angemeldet. In Niederösterreich gibt es aktuell an die 700 Turnusärztinnen und 500 Turnusärzte. „In der Ausbildung haben die Frauen also noch eine deutliche Mehrheit. Betrachtet man jedoch die Zahl der berufsberechtigten Ärztinnen und Ärzte in Niederösterreich nach Geschlechtern, ist diese mit jeweils knapp über 4.000 fast ausgeglichen. Wir verlieren also eine nicht geringe Anzahl an Ärztinnen bereits nach der Ausbildung. Im Hinblick auf den Ärztemangel ist das eine Katastrophe, der wir unbedingt gegensteuern müssen“, erklärt der Präsident der NÖ Ärztekammer, Harald Schlögel am Donnerstag.

In der Ärzteschaft gebe es große Unterschiede hinsichtlich der Aufteilung zwischen Allgemeinmediziner:innen und Fachärzt:innen. Rund 43 Prozent der Ärztinnen haben eine Facharztausbildung absolviert, wohingegen es sich bei den Ärzten zu rund 70 Prozent um Fachärzte handelt. „Mit dieser Feststellung wollen wir keineswegs die Allgemeinmedizin schlechtreden“, beteuert Martina Hasenhündl, Kurienobfrau der niedergelassenen Ärzte und Vizepräsidentin der NÖ Ärztekammer, „aber früher war es leider so, dass Frauen nach der allgemeinmedizinischen Ausbildung keine Chance hatten, eine Facharztstelle zu bekommen, weil dafür fast immer Männer ausgewählt wurden. Heute ist das zum Glück anders, aber in der Vergangenheit war die gläserne Decke für Frauen noch viel früher erreicht als heute.“

Schlögel appelliert an Abteilungsvorstände und Oberärzt:innen, Frauen zu ermuntern und darin bestärken, ihre Karriere zielstrebig zu verfolgen. Darüber hinaus nimmt er auch die Gesellschaft in die Pflicht: „Frauen dürfen im 21. Jahrhundert nicht mehr gesellschaftlich unter Druck gesetzt und als Rabenmütter abgestempelt werden, wenn sie Karriere machen wollen.“ Die Ärztekammer für Niederösterreich fordert vom Land NÖ, unter anderem die Kinderbetreuungsmöglichkeiten zu optimieren, um Frauen bessere Chancen zu ermöglichen. Die Vollversammlung der NÖ Ärztekammer setzt sich übrigens seit der Ärztekammerwahl im Frühling aus 19 Frauen und 34 Männer zusammen. „Besonders erfreulich ist aber, dass es in Niederösterreich die erste Kurienführung einer Ärztekammer österreichweit überhaupt gibt, die sich aus drei Frauen zusammensetzt“, sagt Hasenhündl und betont: „Damit, dass die Kurie der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte in Niederösterreich nur von Frauen geleitet wird, schaffen wir auch weibliche Rollenbilder und machen sichtbar, was Frauen leisten können und wollen.“ (red)