Ärztekammer: Debatte über mögliche Koalition mit Impfskeptikern

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In der Niederösterreichischen Ärztekammer haben sich fünf Fraktionen auf eine Koalition und eine Reformpartnerschaft geeinigt. Ausgerechnet Spitalsärzte sollen nun aber an einer Koalition mit Impfskeptikern arbeiten.

Knapp zwei Wochen nach der Ärztekammerwahl in Niederösterreich gehen die Wogen hoch. Einerseits hat sich eine Reformpartnerschaft aus fünf Fraktionen formiert, andererseits wird davor gewarnt, dass die Fraktion „ARGUS – Arbeitsgemeinschaft Unabhängiger Spitalsärzte“ eine Koalition mit der impfkritischen MFG plant. Das ist nicht zuletzt deshalb brisant, weil ARGUS aus dem Bereich der angestellten Ärzte kommt und gerade die in den vergangenen Monaten massiv mit den Folgen der Pandemie einerseits und Protesten von Impfkritikern vor Kliniken andererseits zu kämpfen hatten. Ob es zum ungewöhnlichen Schulterschluss kommt, war am Dienstagabend noch unklar. Offen ist auch, ob ein solcher Schulterschluss überhaupt Erfolg hätte.

Fix ist nämlich, dass die Fraktionsführer Dr. Andreas Stippler (Ärzteverband NÖ), Dr. Martina Hasenhündl (#RELOAD – Kammer besser machen), Dr. Oliver Rückert (Plattform Freiwilligkeit), Dr. Martina Dinhobl (Gemeinsam Zukunft gestalten) und Dr. Jörg Hildebrandt (Liste integrativer Medizin) kurz vor Ostern einen Reformpartnerschaftsvertrag für die kommende Funktionsperiode bis 2027 unterzeichnet und sich auf Dr. Harald Schlögel als neuen Präsidenten geeinigt. Schlögel ist erfahrener Kammerfunktionär und gehört dem Ärzteverband NÖ an. Er war bereits Vizepräsident der Ärztekammer in den 2000er Jahren. Der 61-jährige Facharzt betreibt eine HNO-Kassenordination in Mödling. Die Präsidentenwahl selbst wird in der konstituierenden Sitzung der Vollversammlung, am 27. April 2022 stattfinden. In der Vollversammlung hat die Reformpartnerschaft 27 von 53 Sitzen und somit eine Mandatsmehrheit hinter sich – allerdings knapp. Dr. Martina Hasenhündl, Spitzenkandidatin von #RELOAD, ist überzeugt, dass das Bündnis hält. „Die Corona-Zeit war für alle Ärztinnen und Ärzte, insbesondere für die Kolleginnen und Kollegen in den Spitälern sehr belastend. Gerade in dieser Zeit hatte man noch mit von Impfgegnern und Impfskeptikern organisierten Aktionen vor den Spitälern zu kämpfen, die sich für uns vollkommen unverständlich gegen die angestellte Ärzteschaft gerichtet haben. Daher wäre für uns bei einer Koalition mit Impfgegnern eine rote Linie überschritten. Ich kann mir daher auch nicht vorstellen, dass ein Betriebsrat eines großen Klinikums mit Impfgegnern eine Koalition bilden kann.“

#RELOAD sei mit dem Anspruch in die Wahl gegangen, die Kammer besser zu machen. „Also transparenter, agiler, jünger und weiblicher. Mit der vereinbarten Reformpartnerschaft werden wir diesen Zielen deutlich näherkommen und die verschlafene Altherrenkammer in eine effiziente und erfolgreiche Interessenvertretung für alle Ärztinnen und Ärzte in Niederösterreich verwandeln“, ist Hasenhündl überzeugt. „Es ist uns gelungen, ein schlagkräftiges Zukunftsteam für die Kammerführung und weitere Kurienfunktionen zu formen, das sich durch Erfahrung, Kompetenz, aber auch durch viel jugendlichem Elan auszeichnet. Daher gehe ich davon aus, in der konstituierenden Sitzung der Vollversammlung zum Präsidenten gewählt zu werden“, betont Dr. Schlögel in seinem ersten Statement.

Als Sieger aus der Ärztekammerwahl war am 2. April „ARGUS – Arbeitsgemeinschaft Unabhängiger Spitalsärzte“ mit Josef Sattler mit 14 von 53 Mandaten hervorgegangen. Der „Ärzteverband NÖ“ landete auf Rang zwei, Platz drei erreichte „#RELOAD“ mit sieben Mandaten. „Die Niedergelassenen/IGMed/ARGUS/Hausarzt:konkret“ erzielte fünf Sitze, „MFG – Liste Horst Schuller“ vier. Auf jeweils drei Mandate kamen „Die UNABHÄNGIGEN“, „Plattform Freiwilligkeit“ und „Gemeinsam Zukunft gestalten“. Einen Sitz erhielt die „Liste Integrative Medizin“.

MFG fordert in Niederösterreich unter anderem „freien Zugang zur Kammer und Beendigung der Ausgrenzung durch ersatzloses Streichen der 1G Regel, Resolution der Kammer gegen das Impfpflichtgesetz“ und dass Impfung freiwillig sein muss. In einem offenen Brief an Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) forderte die Fraktion zuletzt: „Setzen Sie die Corona-Impfungen aus!“ Die „meist leichten Verläufen der Omikron-Variante“ hätten gezeigt, „dass Covid-19 keine außergewöhnliche Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung darstellt.“ Zudem würden „bedrückend viele Verdachtsfälle von Impfkomplikationen und sogar Todesfällen gemeldet“. (red)