Anschober geht – Arzt wird Nachfolger: Das ist Wolfgang Mückstein

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Der Rücktritt von Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) kam nicht ganz unerwartet. Sein Nachfolger ist der Wiener Hausarzt Wolfgang Mückstein. Nicht nur die Ärzteschaft hat hohe Erwartungen an ihn.

Rudolf Anschober (Grüne) legt sein Amt gesundheitsbedingt zurück. Er habe nicht mehr die Kraft, die gerade jetzt notwendig sei, sagte er. Er sei „überarbeitet und ausgepowert“ und wolle sich „nicht kaputtmachen“, sagte Anschober, der von zwei Kreislaufzusammenbrüchen in der letzten Zeit berichtete und betonte, dass seine Ärzte zur Ruhe geraten hätten. Er habe seit 14 Monaten praktisch durchgearbeitet, und „ich hab mich dabei ganz offensichtlich überarbeitet“, sagte Anschober – nicht ohne Seitenhieb gegen den Koalitionspartner, von dem er sich auch alleingelassen fühlte. Die Reaktionen aus der ÖVP waren wohl auch deshalb knapp. Nachfolger soll der Wiener Allgemeinmediziner und Hausarzt Wolfgang Mückstein (Grüne Ärzte) werden. Mückstein ist nicht nur Leiter des ersten Wiener Primärversorgungszentrums, sondern im Grunde auch Miterfinder dieser Versorgungsform in Österreich und Funktionär in der Wiener Ärztekammer. Dort leitet er auch das Referat für Primärversorgungseinrichtungen. Bekannt ist der durchaus streitbare Arzt beim Koalitionspartner ÖVP schon seit den Regierungsverhandlungen, wo er in den Gesprächen im Gesundheits- und Sozialbereich eingebunden war. Vorgänger Anschober holte seinen Rat auch für eine Teststrategie im niedergelassenen Bereich ein.

Mückstein gilt als fokussierter Arbeiter, der sich in neue Themen nicht nur genau einarbeitet, sondern durchaus auch von Fachleuten beraten lässt, hört man aus Ärztekreisen und aus dem grünen Umfeld. Er verfolge aber auch hartnäckig Ziele für die er brenne, sagen Weggefährten. Das Thema Primärversorgungseinheiten ist so ein Thema. Ein anderes machte er bei seiner Vorstellung am Dienstag gleich klar: „Ich werde unpopuläre Entscheidungen treffen, wenn es nötig ist. Weil ich mich dazu als Gesundheitsminister und Arzt verpflichtet sehe“, erklärte er. Dazu gehöre auch ein Lockdown, wenn es nötig sei Intensivstationen zu entlasten um Menschenleben zu retten.

Die Österreichische Ärztekammer verweist in einer ersten Stellungnahme darauf, dass es für den Nachfolger von Rudolf Anschober viel zu tun gibt: „Im niedergelassenen Bereich bedarf es endlich deutlicher Investitionen: Gerade im Kassenbereich herrscht Stagnation, schon jetzt werden die von uns vorhergesagten Lücken immer größer, dazu steht eine erhebliche Pensionierungswelle bevor“, sagt ÖÄK-Vizepräsident und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte, Johannes Steinhart, der ein rasches Handeln beispielsweise zur Attraktivierung der Kassen-Allgemeinmedizin einforderte.

Mückstein wird auch einige Nerven im Ringen mit Ländern und Koalitionspartner brauchen. Zumindest ist die Ausgangsposition keine ganz so schlechte. Mit dem Impf-Fortschritt könnte es sein, dass der neue Minister den Höhepunkt der Pandemie bald hinter sich haben wird und dafür auch die Lorbeeren ernten kann. Dass er jetzt das Impftempo managt, ist nicht uninteressant. Denn noch im Jänner beklagte er in Interviews, in seiner Praxis bereit zu stehen, nur keinen Impfstoff zu haben. Aber auch der Alltag im Mega-Ressort ist kein leichter. Gesundheitsminister gelten angesichts der zersplitterten Zuständigkeiten traditionell als „Lame ducks“. Allerdings wird sich wohl auch der Koalitionspartner warm anziehen müssen. Als Arzt weiß Mückstein gerade in medizinischen Themen wovor er spricht und ÖVP-Koalitionsverhandler berichten, dass er ein durchaus hartnäckiges Gegenüber war. Für Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) ist der 46-Jährige, geboren am 5. Juli 1974, als „Mann der Praxis“ der ideale Kandidat, um die Aufgabe zu bewältigen: „Er packt an.“ (rüm)