Hausapotheken: Apotheker wehren sich gegen „radikalisierte Ärzte“

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Der Apothekerverband, der die selbständigen Apotheker vertritt, kontert bei seinem Wirtschaftsforum der Forderung der Ärzte nach mehr Hausapotheken. Das würde 600 der 1300 Apotheken umbringen. Die Drohung: Die Zeit der Zurückhaltung sei vorbei.

„Der, der verschreibt, soll nichts am Verkauf eines Medikaments verdienen – dieses Prinzip gilt in Österreich seit fast 800 Jahren und hat sich bewährt. Eine Aufweichung dieses Zugangs lehnen wir strikt ab, geht sie doch zu Lasten der Patientinnen und Patienten“ erteilte der Präsidenten des Apothekerverbandes, Jürgen Rehak, der Forderung nach einer Ausweitung von Hausapotheken eine Absage. „Wenn eine Hausarztordination am Land nur dann finanziell interessant ist, wenn ihr die Abgabe von Medikamenten zugestanden wird, dann braucht es auch für die Ärztinnen und Ärzte andere Vergütungsmodelle. Apotheker- und Ärzteschaft gegeneinander aufzubringen, hat keinen Sinn – ihre Zusammenarbeit ist eine wesentliche Säule der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung. Für Hickhack zwischen Berufsgruppen ist hier kein Platz – wer das schürt, handelt unverantwortlich“, betonte Rehak beim 4. Wirtschaftsforum seiner Zunft.

Hausapotheken sind für Rehak „ärztliche Notabgabestellen für Medikamente“. „Diese vier Laufmeter kann ja niemand ernsthaft als Apotheke bezeichnen“, wetterte der Apotheker Richtung Ärzteschaft und ortete hinter den Vorstößen „radikalisierte Ärzte“, wie er formulierte. Der Vorschlag der Ärztekammer nach mehr solchen „Notabgabestellen“ und der jüngste Wunsch der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) nach mehr Hausapotheken bedeutet für Rehak, „Apotheken zu opfern, damit Arzte mehr verdienen.“ Das bedeute aber nicht nur weniger Apotheken, sondern auch keine Abend- und Bereitschaftsdienste.“ Wenn man schon mehr Wettbewerb wolle, dann richtig: „Dann sollen die Auflagen für Apotheken auch für Ärzte gelten, sie sollen Nachtdienste machen, bis zu 50 Stunden pro Woche geöffnet haben und Pharmazeuten anstellen. Unter diesen Bedingungen können wir gerne über Wettbewerb sprechen.“ Der Wunsch nach einer Hausapotheke in jeder Einarztgemeinde würde, so Rehak, aber rund 600 der bisher 1300 Apotheken wirtschaftlich umbringen.

„Die Apotheken sind ein wesentlicher Faktor im Gesundheitssystem. Stellen wir uns nur einmal vor, dass alle Menschen, deren gesundheitliche Probleme in Apotheken gelöst werden, in eine Arztordination oder Spitalsambulanz gehen. Wir haben pro Tag rund 400.000 Kundenkontakte – ein Viertel davon würde reichen, um massive Mehrkosten zu verursachen. Das fangen wir in unseren Betrieben jeden Tag auf“, verwies Thomas Veitschegger, erster Vizepräsident des Österreichischen Apothekerverbands, auf die Rolle der Apotheken als Systempartner. „Dass die Apotheken nicht stärker in die Gesundheitsversorgung der Österreicherinnen und Österreicher eingebunden werden, ist nicht nachvollziehbar. Alleine in der Gruppe der über 75-jährigen haben wir rund 340.000 Menschen, die an vier bis fünf Erkrankungen leiden und dementsprechend viele Präparate einnehmen – da steigt das Risiko von Wechselwirkungen enorm. Medikationsanalysen, also das Monitoring und die Optimierung der kombinierten Einnahme mehrerer Arzneien, sind hier eine wesentliche Stütze, um solche Risiken zu minimieren. Das können wir Apothekerinnen und Apotheker leisten“ erklärte Veitschegger. (rüm)