Armut macht Frauen krank und unsichtbar

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Eine Diskussion in Wien zeigt, warum Armut und in Folge Krankheit besonders ältere Frauen betrifft. Der Ruf nach einer verstärkten und fairen Gendermedizin wurde laut(er). 

Beim „Science Talk“ in Wien wurde deutlich: Gesundheit ist nicht nur biologisch, sondern auch sozial geprägt. Besonders ältere Frauen sind von Altersarmut betroffen – mit gravierenden Folgen für die Gesundheit. Obwohl Frauen statistisch länger leben, verbringen sie ähnlich viele Jahre in schlechter Gesundheit wie Männer. Soziologin Vera Gallistl-Kassing machte klar: „Armut macht krank und Krankheit macht arm.“ Das betrifft besonders Frauen, denn sie verdienen bei gleicher Arbeit schon weniger Geld, in Bezug auf die Pensionen sei der sogenannte Gender-Pay-Gap mit ungefähr 40 Prozent aber noch deutlich höher als bei den Erwerbstätigen. Die Durchschnittspensionen von Frauen lagen vergangenes Jahr mit rund 1.400 Euro ungefähr 250 Euro unter der Armutsgefährdungsschwelle. 

Hinzu kommen strukturelle Lücken in der medizinischen Versorgung. Viele Medikamente, Diagnosemethoden und Therapien basieren noch immer auf männlichen Normwerten, kritisierte Gendermedizinerin Alexandra Kautzky-Willer von der MedUni Wien. Das führe etwa dazu, dass Herzinfarkte bei Frauen später erkannt und behandelt werden – mit höherem Sterberisiko. Gleichzeitig würden psychische Erkrankungen bei Männern oft übersehen. Die Gendermedizin soll hier für mehr Differenzierung sorgen, doch es fehlt an Zeit in der Praxis und an systematisch ausgewerteten Daten. 

Auch die Politik sei gefordert, betonte Frauenministerin Eva-Maria Holzleitner (SPÖ). Gemeinsam mit Staatssekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig will sie Maßnahmen setzen, um Gleichberechtigung im Gesundheitssystem voranzutreiben. Naghme Kamaleyan-Schmied, Vizepräsidentin der Wiener Ärztekammer, ergänzte: „Solange die Zeit in den Kassenordinationen fehlt, bringt die beste Therapie nichts.“ Ein gerechter Zugang zur medizinischen Versorgung braucht also nicht nur Forschung – sondern auch politische Entscheidungen gegen Armut und für soziale Gerechtigkeit. (red/APA)