Debatte über „Paxlovid“-Engpässe

(c) Pfizer

Rätselraten über den Verbleib von 180.000 Packungen des Corona-Medikamentes „Paxlovid“. Während das Gesundheitsministerium von ausreichenden Mengen spricht, gibt es Engpässe.

Während wie berichtet das Corona-Abwassermonitoring derzeit Rekordwerte in Österreich verzeichnet, ist das Corona-Medikament „Paxlovid“ in manchen Regionen nicht erhältlich. Das Problem dabei: Der Bund hat ursprünglich insgesamt 180.000 Packungen beschafft und via Pharmagroßhandel an öffentliche Apotheken, Hausapotheken und Spitalsapotheken ausgeliefert. Davon sind bis Ende Oktober 110.000 an Patient:innen ausgegeben worden. Der Rest sollte reichen, da das Arzneimittel ab Februar 2024 in den Erstattungskodex der Sozialversicherung aufgenommen werden soll und dann vom Großhandel direkt vom Hersteller bezogen wird. Doch wo sind die Packungen? Aus Regierungskreisen hört man, dass derzeit eine detailierte Suche läuft, die bis Mitte der Woche Klarheit bringen soll.

Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) kündigte am Samstag auf X (ehemals Twitter) an, dass das antivirale Arzneimittel „spätestens ab Montag“ wieder flächendeckend in den österreichischen Apotheken verfügbar sein werde. Dafür sollen die Apotheken „ab heute die bestehenden Vorräte so verteilen, dass regionale Ungleichheiten ausgeglichen werden“, schrieb der Minister. Das habe er „in intensiven Gesprächen mit der Apothekerkammer erreicht“. Bereits am Donnerstag hatte es geheißen, dass es genügend Vorräte gebe und an einer Neuverteilung in den Apotheken gearbeitet werde. Für Rauch ist es „inakzeptabel“, dass „solche regionalen Engpässe überhaupt auftreten konnten“. Er führte das darauf zurück, dass Meldungen, wie viele Packungen von den Apotheken abgegeben wurden, unvollständig waren. Informationen über den Lagerstand in den Apotheken hätten weder das Ministerium noch die Apothekerkammer. Und das sorgt in Regierungskreisen offenbar für Unmut.

Der Präsident der NÖ-Ärztekammer, Harald Schlögel, schlägt in die gleiche Kerbe: „Wir empfehlen der Apothekerkammer die Veröffentlichung einer laufend aktualisierten Liste, auf der sämtliche Apotheken nach Bezirken sortiert ihren Bestand an Paxlovid bekanntgeben. Nur so können Erkrankte selbst nachschauen, wo sie das Medikament am schnellsten erhalten und die Wege für kranke Menschen könnten so kurz wie möglich gehalten werden.“ Die Apothekerkammer wehrt sich indes. „Es kommt zu Engpässen, wenn die Nachfrage das Angebot übersteigt. So auch in diesem Fall bei Paxlovid. Ein regional unterschiedliches Infektionsgeschehen und eine unterschiedliche ärztliche Verschreibungspraxis haben zu größeren regionalen Engpässen geführt. Umso wichtiger ist es, dass der Bund neue Lieferungen versprochen hat und wir hoffentlich in den kommenden Wochen neue Ware in den Apotheken erwarten können“, teilt ein Sprecher der Kammer auf RELATUS-Anfrage mit. Laut Gesundheitsminister sollen überzählige Vorräte aus Spitälern für die Apotheken verfügbar gemacht werden. In den nächsten ein bis zwei Wochen soll zudem eine neue Lieferung in Österreich eintreffen. „Damit können wir die Verfügbarkeit von Paxlovid ab sofort durchgängig sicherstellen“, lautet das Versprechen des Ministers.

Die Ärztekammer macht dennoch den Minister verantwortlich. „Der aktuelle Engpass bei Paxlovid, das Versagen bei der Logistik der Grippeimpfung und die Tatsache, dass es noch immer nicht absehbar ist, ob es bis zum Ende der Erkältungssaison auch genügend Antibiotika und Medikamente für Kinder geben wird, bereiten uns große Sorgen. Es war klar und lange vorhersehbar, dass die Corona-Zahlen wieder steigen werden und es ausreichend Kontingente und Reserven von wichtigen Medikamenten und Impfstoffen braucht. Der Gesundheitsminister hat versagt und offenbar aus den Fehlern der vergangenen Jahre überhaupt nichts gelernt“, sagt Naghme Kamaleyan-Schmied, Vizepräsidentin und Kurienobfrau der niedergelassenen Ärzte der Ärztekammer für Wien, die selbst eine Kassenpraxis in Wien führt. Nachsatz: „Während sich der Gesundheitsminister auf die Entmachtung der Ärztekammer konzentriert hat, hat er offenbar völlig auf die Patientinnen und Patienten vergessen. Die Patientensicherheit ist zentral und er setzt das Vertrauen der Bevölkerung aufs Spiel“, appelliert Kamaleyan-Schmied.

Rauch weist die Kritik zurück und spielt die Verantwortung an die Stakeholder im Gesundheitswesen: „Der Bund hat Arzneimittel für zig-Millionen an Steuergeld beschafft. Apothekerkammer, Ärztekammer, Pharma-Großhandel und die weiteren Partner haben die Verteilung und Verimpfung effektiv zu organisieren. Das werde ich in den kommenden Gesprächen sehr deutlich machen“, kündigt der Gesundheitsminister an. (rüm/APA)