Demenz: Neue App soll Früherkennung fördern

Am FH Joanneum wird derzeit an einem Vorhersagemodell und einer App für Demenz gearbeitet. Die Studienbedingungen sind weltweit einzigartig.

Weil die Menschen immer älter werden, steigt auch das Risiko, an einer Art von Demenz zu erkranken. Alzheimer-Demenz ist die häufigste und oft auch gefürchtetste Art, wie auch andere Demenzen ist sie nicht heilbar. Laut Zahlen der Österreichischen Alzheimer Gesellschaft (ÖAG) und des Sozialministeriums leiden zwischen 100.000 und 140.000 Menschen in Österreich an einer demenziellen Erkrankung, bis zum Jahr 2050 soll sich diese Zahl mehr als verdoppeln. Damit zumindest der Krankheitsverlauf positiv beeinflusst werden kann, ist eine Früherkennung besonders wichtig. Am Institut eHealth der FH Joanneum in Graz wird deshalb im Rahmen eines EU-Projektes (LETHE) nun an einem Vorhersagemodell und einer App gearbeitet. Ziel ist es, anhand von gesammelten Daten zu klinischen Faktoren, Medikationsdaten und Lebensstilfaktoren wie Ernährung oder regelmäßige Bewegung das individuelle Demenzrisiko vorhersagen zu können sowie zu weiteren Präventionsmaßnahmen zu motivieren.

„Diese mittels Machine-Learning-Methoden trainierten Modelle sollen dann eine gezielte, schnelle und digitale Intervention ermöglichen, um präventiv dem Fortschreiten der Krankheit entgegenzuwirken beziehungsweise erste Symptome hinauszuzögern“, erklärt Sten Hanke, LETHE-Projektleiter am Institut eHealth. Seit Jahresbeginn wird das Modell in einer klinischen Pilotstudie mit 160 Personen zwei Jahre lang getestet, unter anderem an der Universitätsklinik für Neurologie der Medizinischen Universität Wien. Die Studienteilnehmer:innen in frühen Stadien einer kognitiven Beeinträchtigung erhalten ein Plastikarmband, das laufend körperliche Fitness-Daten bis hin zur Schlafqualität und Rauchverhalten und Alkoholkonsum aufzeichnet. Über die App bekommen sie virtuelle Coachings, Ernährungs- und Übungspläne, aber auch motivierende Nachrichten des begleitenden Klinikpersonals. Zusätzlich kommen die Teilnehmenden regelmäßig zu Untersuchungen in die Kliniken und es gibt Treffen und Workshops. „Weltweit gibt es eine so lang angesetzte hybride digitale Interventionsstudie bis dato nicht“, betonte Hanke. An der Studie sind 15 internationale Partnerorganisationen involviert.

In den vergangenen Monaten gab es zwar immer wieder gute Nachrichten aus der Demenzforschung, aber selbst vielversprechende Medikamente können die Krankheit nicht heilen, sondern nur den Verlauf verzögern und Symptome abschwächen. Ein von der FDA zugelassenes auf dem Antikörper Lecanemab basierendes Medikament machte erst kürzlich Schlagzeilen – laut Demenzforscherin Elisabeth Stögmann von der Medizinischen Universität Wien „bahnbrechend“. Und trotzdem könne noch lange nicht von Heilung gesprochen werden. Sollte das Medikament auch in der EU zugelassen werden, gäbe es noch viele Probleme zu lösen: „Die Frage ist dann, unter welchen Bedingungen dieses Medikament verabreicht wird”, sagt Stögmann. Die Substanz müsse intravenös verabreicht werden und das alle zwei Wochen. Dazu brauche es die passende Infrastruktur, genügend Personal, und auch die Frage der Bezahlung müsse laut der Demenzforscherin vorher noch geklärt werden. (kagr/APA)