Enquete: Digitalisierung eröffnet Räume für mehr Zuwendung

© Katharina Schiffl

Die Digitalisierung wird das Gesundheitswesen von Institutionen wie Spitälern hin zum Patienten nach Hause verlagern. Gleichzeitig schafft sie auch mehr Zeit für Gesundheitsberufe für Patientenzuwendung. Das betonten Experten bei der Zukunftsenquete von MedMedia, Ärzte Krone und Krone Gesund.

Anlass für die Enquete, an der zahlreiche führende Vertreter des österreichischen Gesundheitswesens in der Aula der Wissenschaften teilnahmen, war unter anderem die 30-Jahres-Feier der „Krone Gesund“ und die 20-Jahres-Feier von Publikationen wie der „Ärzte Krone“ und „Universum Innere Medizin“. Experten diskutierten unter dem Titel „more Tech – more Touch“, wie es gelingen kann, den Fortschritt der Medizin so einzusetzen, dass der einzelne Patient, der einzelne Mensch, sich dabei wohler, oder sogar glücklicher fühlt. Und wie es gelingen kann, dass die Maschinen für den Menschen und nicht die Menschen für die Maschinen da sind.

Die potenziell „schöne neue Welt“ der Digitalisierung des Gesundheitswesens stellte dabei unter anderem die aus Deutschland stammende Wissenschafterin Eva-Maria Kirchberger (Imperial College London) vor. Dort wird beispielsweise an Robotern geforscht, die per Fernbedienung aus Europa Patienten in Afrika physisch untersuchen können sollen. Die digitalisierte Gesundheitsversorgung werde aber noch ganz andere Auswirkungen haben: „Die Medizin geht weg von Gebäuden und Institutionen, hin zu Software und Services.“ Der Patient werde in Zukunft viel weniger ins Spital gehen, sondern die meisten der medizinischen Leistungen zu Hause über Tele-Services oder Internet-Plattformen erhalten. Ordinationsbesuche würden seltener werden. Die Bedeutung der Krankheitsverhütung durch DNA-Analysen und Risikovermeidung sowie Rundum-Services von Gesundheitsunternehmen von der Prävention bis zur Nachbetreuung würden extrem an Bedeutung gewinnen.

Bestseller-Autor Marc Elsberg („Blackout“) betonte als Kontrast dazu die Verletzlichkeit vieler digitaler Systeme. Noch immer gelte ein Spital als ein Ort, zu dem man im Krisenfall hingehen und Sicherheit und Hilfe erwarten könne. „Das sind aber alles Dinge, die wir als Entitäten wahrnehmen, die aber keine Entitäten mehr sind“, sagte Elsberg. Falle großräumig und länger der Strom aus, funktioniere nichts mehr. Was geschieht, wenn ein Notstromaggregat nicht anspringe, sei bereits bei einem „Blackout“ in Berlin geschehen: Eine Klinik musste evakuiert werden. Lieferketten für Medikamente, Datenströme von Patienten – alles das sei verletzlich für technisches Versagen, Sabotage oder Computerkriminalität. „Was die Digitalisierung geschaffen hat ist, dass wir uns auf ein System gegenseitiger Abhängigkeiten verlassen.“

In drei hochkarätig besetzten Diskussionsrunden analysierten Expertinnen und Experten dann, welche Auswirkungen die Digitalisierung und die daraus folgenden Fortschritte in der Medizin auf die Versorgung haben werden. Durchaus überraschend herrschte dabei weitgehend Einigkeit darüber, dass Gesundheitsberufe entlastet werden könnten. Das schaffe dann auch Freiräume für die Versorgung der Patienten. Wichtig sei dabei, dass diese Möglichkeiten aber auch genutzt würden und bei all den Entwicklungen der Mensch und seine Bedürfnisse nicht aus den Augen verloren, sondern ins Zentrum der Überlegungen gestellt werden. (rüm)